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Demokratietheorie - Ideengeschichte
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Inhalt:
Die Ideen der Aufklärung
Naturrechtliche Ideen
Der Ursprung der staatlichen Souveränität
Das Recht des Volkes, sich selber eine Verfassung zu geben
Die gleichberechtigte Mitwirkung an der Gesetzgebung
Rousseaus Theorie des Gesellschaftsvertrages
Textanfang
Den geistigen Ursprung der modernen Theorie der Demokratie bildeten – 
also abgesehen 
von den klassischen griechischen Philosophen - die Ideen der Aufklärung, die im 
18. Jahrhundert vor allem in England und Frankreich entwickelt wurden. "Die 
großen Männer, die in Frankreich die Köpfe für die kommende Revolution klärten, 
traten selbst äußerst revolutionär auf. Sie erkannten keine äußere Autorität an, 
welcher Art sie auch sei. Religion, Naturanschauung, Gesellschaft, 
Staatsordnung, alles wurde der schonungslosesten Kritik unterworfen, alles 
sollte seine Existenz vor dem Richterstuhl der Vernunft rechtfertigen oder auf 
die Existenz verzichten. Der denkende Verstand wurde als alleiniger Maßstab an 
alles angelegt." 1) 
So schrieb Denis Diderot (1713 - 84) in der 
"Enzyklopädie" (die 17 Bände der "Enzyklopädie" erschienen zwischen 
1751 und 1764): "Heute, da die Philosophie mit großen Schritten fortschreitet 
und ihrer Herrschaft alle Gegenstände in ihrem Bereich unterwirft, da sie 
tonangebend ist und da man das Joch der Autorität und des Vorbilds abzuwerfen 
beginnt, um sich an die Gesetze der Vernunft zu halten, gibt es kaum noch ein 
elementares Lehrbuch, von dem man völlig befriedigt ist. Man findet, dass diese 
Produkte auf den Fiktionen der Menschen, nicht aber auf den Wahrheiten der Natur 
beruhen."  2)
Die absolutistischen oder feudalen Staaten ihrer Zeit erschienen den 
Enzyklopädisten keineswegs als "vernünftig". Wie konnten Menschen als 
vernünftige Wesen jemals einer politischen Ordnung zustimmen, in der einige alle 
Rechte und Reichtümer besaßen und die andern nur Gehorsam schuldeten? Staaten 
waren durch Menschen geschaffen. Menschen sind jedoch vernünftige Wesen und 
streben von Natur aus nach ihrem Glück.
So schrieb der britische Philosoph John Locke (1632 -1704) gegen Ende des 17. 
Jahrhunderts: "Die Natur hat den Menschen den Wunsch nach Glück und den 
Widerwillen gegen das Elend mitgegeben. Es sind dies angeborene, grundsätzliche 
Einstellungen zum Leben, die unser Leben, die unsere Handlungen immer wieder und 
unaufhörlich beeinflussen."   3) 
Ähnliches formulierten die französischen Enzyklopädisten. Diderot schrieb z. B.: "Alle Menschen sind sich einig in dem Wunsch nach Glück."   
4) 
Zugleich stand für die Aufklärer fest, dass die Menschen von Natur aus frei 
und mit gleichen Rechten ausgestattet sind. Sie vertraten eine 
Theorie des "Naturrechts". So heißt es in der "Enzyklopädie"   unter dem Stichwort "politische 
Autorität"  : "Kein Mensch hat von der Natur das Recht erhalten, den anderen 
Menschen zu gebieten. Die Freiheit ist ein Geschenk des Himmels, und jedes 
Individuum derselben Art hat das Recht, sie zu genießen, sobald es Vernunft 
besitzt."   5)
Auch Locke hatte diese ursprüngliche Freiheit der Menschen im so genannten "Naturzustand"   behauptet: "Um die politische Autorität ('power') richtig zu 
verstehen und sie aus ihrem Ursprung abzuleiten, müssen wir berücksichtigen, in 
welchem Zustand sich alle Menschen von Natur aus befinden, und das ist ein 
Zustand völliger Freiheit, ihre Handlungen zu steuern und über ihre Besitztümer 
und Personen zu verfügen, wie sie es für richtig halten, innerhalb der Grenzen 
des Naturrechts ('law of nature') ..."   
Wenn die Menschen aber von Natur aus frei und gleich sind, so kann es nach 
Auffassung der Aufklärer nur dadurch zu einer rechtmäßigen politischen Autorität 
über diese Menschen kommen, dass sie selber der Errichtung dieser Autorität 
zustimmen: "Insofern die Menschen ... von Natur aus alle frei, gleich und 
unabhängig sind, kann niemand aus diesem Zustand entfernt und der politischen 
Autorität ('power') eines andern unterworfen werden ohne seine eigene 
Zustimmung, was dadurch geschieht, dass er mit andern Menschen übereinkommt, 
sich in einer Gemeinschaft zusammenzuschließen und zu vereinigen."   6)
Der Ursprung der staatlichen Autorität
Die Rechtfertigung des Anspruchs auf Gehorsam durch 
die  vertragliche Übereinkunft der ursprünglich 
freien Menschen  war ein durchgehendes 
Denkmuster der Aufklärer. So schrieb Rousseau (1712 -78) in seinem "Gesellschaftsvertrag": "Da kein Mensch eine natürliche Gewalt über seinesgleichen hat, und da die 
Stärke kein Recht gewährt, so bleiben folglich die Verträge als die einzige 
Grundlage jeder rechtmäßigen Gewalt unter den Menschen übrig."   7) 
In der "Enzyklopädie"   hieß es unter dem Stichwort "Souveräne"  : "Im Naturzustand 
kennt der Mensch keinen Souverän, jedes Individuum ist einem andern 
gleichgestellt und genießt die vollkommenste Unabhängigkeit ... Bald darauf 
bemerkte man aber Folgendes: wenn jeder weiterhin seinen Willen ausübte, seine 
Kräfte und seine Unabhängigkeit geltend machte und seinen Leidenschaften freien 
Lauf ließe, so wäre die Lage jedes Individuums unglücklicher, als wenn es für 
sich lebte. … Man sah also ein, dass jeder Mensch auf einen Teil seiner 
natürlichen Unabhängigkeit verzichten müsste, um sich
einem Willen zu unterwerfen, der den der 
ganzen Gesellschaft repräsentierte und der sozusagen der gemeinsame Mittelpunkt 
und der Sammelpunkt aller ihrer Willensäußerung wäre. Das ist der Ursprung der 
Souveräne. Man sieht, dass ihre Macht und ihre Rechte nur auf der Zustimmung der 
Völker beruhen."   8)  
Das Recht des Volkes, sich selber 
eine Verfassung zu geben
Vor dem Hintergrund der Probleme, die der Zustand natürlicher Freiheit mit sich 
bringt, erscheint die Errichtung einer politischen Autorität oder Macht, der die 
freien Individuen dann gehorchen, als eine vernünftige Entscheidung. 
Allerdings lässt sich für die Aufklärer nicht jede Form politischer Herrschaft 
als Resultat eines Vertrages zwischen freien und vernünftigen Individuen deuten. 
Zum Beispiel lassen sich Despotismus, Sklaverei und Absolutismus ihrer Ansicht 
nach dadurch nicht rechtfertigen.  
In der "Enzyklopädie"   heißt es: "Bei der Gründung der Gesellschaft haben die 
Menschen auf einen Teil der Unabhängigkeit, in der die Natur sie zur Welt kommen 
ließ, nur deshalb verzichtet, um sich die Vorteile zu sichern, die sich aus 
ihrer Unterwerfung unter eine rechtmäßige und vernünftige Autorität ergeben; sie 
haben niemals beabsichtigt, sich vorbehaltlos willkürlichen Herrschern 
auszuliefern, der Tyrannei und der Unterdrückung Vorschub zu leisten und anderen 
das Recht zu verleihen, sie unglücklich zu machen."   9) 
Rousseau schreibt zur Sklaverei: "Die Behauptung, 
ein Mensch verschenke sich unentgeltlich, ist eine unbegreifliche Albernheit; 
eine solche Handlung ist schon deswegen ungesetzlich und nichtig, weil 
derjenige, der sich dazu hergibt, nicht bei gesunder Vernunft ist. Wer dies 
einem ganzen Volk nachsagt, muss es für ein Volk von Verrückten halten. 
Verrücktheit verleiht kein Recht ... Kurz, es ist ein nichtiger und mit sich 
selbst in Widerspruch stehender Vertrag, auf der einen Seite eine unumschränkte 
Macht und auf der andern Seite einen schrankenlosen Gehorsam festzusetzen." 
10) 
Bereits bei Locke hieß es mit kritischen Seitenblick auf Thomas Hobbes (1588 - 
1679), dass die absolute Monarchie unvereinbar mit einer staatsbürgerlichen 
Gesellschaft ('civil society') sei. "Denn es ist das Ziel der staatsbürgerlichen 
Gesellschaft, die Missstände des Naturzustandes zu vermeiden, die sich notwendig 
daraus ergeben, dass jedermann Richter in eigener Sache ist, indem eine 
anerkannte Autorität errichtet wird, an die sich jeder richten kann, wenn ihm 
ein Schaden zugefügt wurde oder wenn ein Streit entsteht, und der jedes Mitglied 
der Gesellschaft gehorchen sollte. Wo immer es jedoch irgendwelche Personen 
gibt, für die keine derartige Autorität existiert, an die sie sich wenden 
können, um irgendwelche Differenzen zwischen sich zu entscheiden, dort sind 
diese Person noch im Naturzustand. Und dies gilt für jeden absoluten Fürst in 
Bezug auf jene, die seiner Herrschaft unterliegen."   11)
Die Idee einer verfassunggebenden Gewalt des Volkes schlug sich in den 
Proklamationen der amerikanischen und der französischen Revolution nieder. 
So heißt es in der von Thomas Jefferson (1743 - 1826) verfassten 
amerikanischen 
Unabhängigkeitserklärung von 1776: 
"Folgende Wahrheiten halten wir für selbstverständlich: 
         
dass alle Menschen 
gleich geschaffen sind; 
         
dass sie von ihrem Schöpfer mit gewissen 
unveräußerlichen Rechten ausgestattet sind; 
         
dass dazu Leben, Freiheit und das 
Streben nach Glück gehören; 
          dass zur Sicherung dieser Rechte Regierungen unter 
den Menschen eingesetzt sind, die ihre rechtmäßige Macht aus der Zustimmung der 
Regierten herleiten; 
          dass wenn immer irgendeine Regierungsform sich als diesen 
Zielen abträglich erweist, es das Recht des Volkes ist, sie zu ändern oder 
abzuschaffen und eine neue Regierung einzusetzen und diese auf solche Grundsätze 
aufzubauen und ihre Gewalten in der Form zu organisieren, wie es ihm zur 
Gewährleistung seiner Sicherheit und seines Glücks geboten zu sein scheint."   
12) 
In der dreizehn Jahre später - also 1789 - von der französischen 
Nationalversammlung angenommen "Erklärung der Rechte des Menschen und des 
Bürgers"   heißt es ganz ähnlich: 
            "1. Die Menschen werden frei und mit gleichen Rechten geboren und bleiben es. 
Die gesellschaftlichen Unterschiede können nur auf den gemeinsamen Nutzen 
gegründet sein. 
           
2. Der Endzweck aller politischen Vereinigungen ist die 
Erhaltung der natürlichen und unabdingbaren Menschenrechte. Diese Rechte sind 
die Freiheit, das Eigentum, die Sicherheit, der Widerstand gegen Unterdrückung. 
           
3. Der Ursprung der Souveränität liegt seinem Wesen nach beim Volke. Keine 
Körperschaft, kein Einzelner kann eine Autorität ausüben, die nicht ausdrücklich 
hiervon ausgeht." 13) 
Die Übereinstimmung zwischen der französischen und der amerikanischen 
Proklamationen der Menschenrechte ist nicht zufällig, da es 
zahlreiche, auch 
persönliche Verbindungen gab. So war Thomas Jefferson, der Verfasser der 
amerikanischen Unabhängigkeitserklärung und spätere Präsident der Vereinigten 
Staaten, amerikanischer Botschafter in Frankreich. Jefferson beriet den Marquis 
de Lafayette, der den Antrag auf die Verkündung der Menschenrechte stellte und 
der im Unabhängigkeitskrieg gegen die Engländer mitgekämpft hatte. Jefferson war 
auch befreundet mit Thomas Paine (1737 - 1809), dem Verfasser der populären "Rights of Man". Paine war Engländer, der 1774 nach Amerika ging und dort 
publizistisch und politisch im Sinne der Unabhängigkeitsbewegung aktiv war. Sein 
Buch, das 1791 erschien, war eine Entgegnung auf Edmund Burkes (1729 - 97) 
konservative Kritik an der französischen Revolution. Paine war selber 1792 
Abgeordneter von Calais in der französischen Nationalversammlung.
Mit diesen Proklamationen war zumindest im Prinzip der 
verfassunggebenden Gewalt der Staatsbürger  zum 
Durchbruch verholfen worden. Dies bedeutete jedoch noch 
nicht notwendig "Demokratie"   im Sinne einer Gesetzgebung durch die Bürger. 
 
Die gleichberechtigte Mitwirkung an der staatlichen Gesetzgebung
Im Verlauf der Jahrhunderte hat es innerhalb der Vertragstheorie Entwicklungen 
von der absoluten Monarchie hin zu demokratischen Inhalten ergeben. Für 
Hobbes, 
dessen "Leviathan" 1651 erschien, und der den Naturzustand als einen Krieg aller 
gegen aller auffasste, war es vernünftig, dass sich sämtliche Individuen einer 
Macht unterwerfen, der sie alle Rechte abtreten. Dieser Vertrag jedes 
Individuums mit jedem anderen lautet: "Ich übergebe mein Recht, mich selbst zu 
beherrschen, diesem Menschen oder dieser Gesellschaft unter der Bedingung, dass 
du ebenfalls dein Recht über dich ihm oder ihr abtretest. Auf diese Weise werden 
alle Einzelnen eine Person und heißen Staat oder Gemeinwesen" 14).
Gegen diese höchste Gewalt, den Staat, gab es nach Hobbes keine Rechte der 
Staatsbürger mehr, denn die höchste Gewalt ist selber nicht vertragsschließende 
Partei. Es "schließt ja derjenige, welchem die höchste Gewalt übertragen wird, 
mit denen, die sie ihm übertrugen, eigentlich keinen Vertrag, und folglich kann 
er kein Unrecht tun, weswegen ihm die höchste Gewalt genommen werden dürfte" 
15). Es gibt also bei Hobbes gegen die 
einmal errichtete höchste Gewalt kein 
Widerstandsrecht.
Dies ist bei Locke, dessen "Zwei Abhandlungen"   rund 40 Jahre  später (1690) 
veröffentlicht wurden, bereits anders. Im Naturzustand gibt es für Locke nicht 
nur den Konflikt eigeninteressierter Individuen wie bei Hobbes, denn bereits im 
Naturzustand gilt das natürliche Gesetz der Vernunft, oder wie man heute sagen 
würde, die Moral, die verlangt, dass, "da alle gleich und unabhängig sind, 
niemand dem andern, seinem Leben und Besitz, seiner Gesundheit und Freiheit 
Schaden zufügen soll." 16)
Allerdings reicht für Locke die moralische Vernunft zur Sicherung dieser Werte 
nicht aus, "denn obwohl das Naturrecht für alle vernünftigen Geschöpfe klar und 
verständlich ist, so werden die Menschen doch durch ihre Interessen 
beeinflusst."   17) "Die Unzuträglichkeiten, denen sie (im 
Naturzustand) ausgesetzt sind durch die unregelmäßige und unbestimmte Ausübung 
der Macht, die jeder Mensch hat, die Übertretung anderer zu bestrafen, 
veranlassen Sie, zu den festen Gesetzen der Regierung ihre Zuflucht zunehmend, 
um dort Schutz und Erhaltung ihres Eigentums (also Leben, Freiheit und Besitz) 
zu suchen."  
Während für Hobbes das Ziel der Individuen bei der Errichtung der politischen 
Körperschaft allein der Friede zwischen ihren Mitgliedern ist und ansonsten die 
Inhalte der Herrschaft nicht weiter bestimmt sind, besteht für Locke 
das Ziel, 
das die Individuen mit der Errichtung einer politischen Körperschaft verfolgen, 
in der besseren Sicherung der naturrechtlich gegebenen Rechte jedes Individuums 
auf Leben, Freiheit und Besitz. Folglich ist auch die gesetzgebende Gewalt an 
die Beachtung dieser moralischen Rechte gebunden: "Obwohl die Legislative die 
höchste Gewalt in jedem Staat ist, so ist sie doch erstens nicht eine absolute, 
willkürliche Gewalt über Leben und Vermögen des Volkes, noch kann sie es sein. 
... Ihre Gewalt, in ihren äußersten Grenzen, ist beschränkt auf das öffentliche 
Wohl der Gesellschaft ... Die Verpflichtungen des Naturrechts hören nicht in der 
Gesellschaft auf, sondern werden in vielen Fällen nur enger gezogen und haben 
durch menschliche Gesetze anerkannte Strafen hinzugefügt, um ihre Erfüllung zu 
erzwingen." 18) 
Locke hält deshalb eine absolute Monarchie mit dem staatsbürgerlichen Zustand 
für unvereinbar und er bestätigt deshalb ein Recht auf Widerstand: "Jeder, der 
in seiner Autorität über die ihm gesetzlich eingeräumte Macht hinausgeht ... 
hört in dieser Beziehung auf, Obrigkeit zu sein; und da er ohne Autorität 
handelt, darf ihm Widerstand geleistet werden."   19) 
Trotzdem kann auch Locke noch nicht eigentlich als ein demokratischer 
Theoretiker angesehen werden. Zwar vertritt er das Prinzip der 
verfassungsgebenden Gewalt des Volkes und er verpflichtet den Gesetzgeber auf 
die Beachtung des allgemeinen Wohls, aber eine Mitwirkung der Bürger an der 
Gesetzgebung ist für ihn nicht notwendig. Wenn die Bürger z. B. als 
gesetzgebende Gewalt eine Versammlung eingesetzt hatten, so besaßen sie kein 
Recht mehr, daran etwas zu ändern: "Wenn die Gesellschaft die Gesetzgebung 
irgendeiner Versammlung von Männern zugesprochen hat, damit sie bei diesen und 
ihren Nachfolger verbleibe, dann kann die Gesetzgebung niemals zum Volk 
zurückkehren, solange diese Regierung besteht, denn dadurch, dass es die 
gesetzgebenden Gewalt mit der Macht ausgestattet hat, für immer zu dauern, hat 
es seine politische Macht an die Legislative abgegeben und kann sie nicht wieder 
erlangen." 20)  
Im Prinzip kann also nach Locke auch eine erbliche Monarchie als gesetzgebende 
Gewalt Gehorsam verlangen, sofern sie nur Leben Freiheit und Eigentum der Bürger 
schützt.
Rousseaus Theorie des Gesellschaftsvertrages
Der entscheidende Durchbruch zur Mitwirkung der Bürger an der Gesetzgebung 
geschieht - zumindest auf dem Boden der Vertragstheorie des Staates - bei 
Rousseau. Dort schließen sich die ursprünglich freien und gleichen 
Individuen in einem Gesellschaftsvertrag zu einer politischen Einheit zusammen. 
Dieser Vertrag lässt sich in die Worte fassen: "Jeder von uns stellt 
gemeinschaftlich seine Person und seine ganze Kraft unter die oberste Leitung 
des allgemeinen Willens ("volonté générale"), und wir nehmen jedes Mitglied als untrennbaren Teil des 
Ganzen auf. ... An die Stelle der einzelnen Person jedes Vertragsschließenden setzt solcher 
Gesellschaftsvertrag sofort einen geistigen Gesamtkörper, dessen Mitglieder aus 
sämtlichen Stimmabgebenden bestehen und der durch eben diesen Akt seine Einheit, 
sein gemeinsames Ich, sein Leben und seinen Willen erhält." 21) 
Im Unterschied zu Hobbes wird der Friede zwischen Individuen also nicht dadurch 
erreicht, dass sich alle einem Dritten unterwerfen sondern dadurch, dass alle 
sich der Gesamtheit und deren Willen, der volonté générale, unterwerfen. Die 
Notwendigkeit der Lenkung des Gemeinwesens durch den "allgemeinen Willen"   ist 
für Rousseau eine notwendige Konsequenz aus dem Zweck, mit dem dieses 
Gemeinwesen durch die Individuen gegründet wurde, nämlich zur Förderung des 
gemeinsamen Interesses. 
So stellt er fest, "dass allein der allgemeine Wille die Kräfte des Staates dem 
Zwecke seiner Einrichtung gemäß leiten kann, der im Gemeinwohl besteht. ... Erst 
die Übereinstimmung der gleichen Interessen (hat die Errichtung der 
Gesellschaften) ermöglicht. … Gäbe es nicht irgendeinen Punkt, in dem alle 
Interessen übereinstimmen, so könnte keine Gesellschaft bestehen. Einzig und 
allein nach diesem gemeinsamen Interesse muss die Gesellschaft regiert werden. 
... Nur dadurch aber, dass die Gesamtheit der Bürger das Gemeinwesen leitet, ist 
sichergestellt, dass das gemeinsame Interesse sich durchsetzt. Wenn dagegen die 
gesetzgebenden Macht an Teile der Gesellschaft abgetreten wird, so wird sich 
deren besonderer Wille und nicht der allgemeine Wille durchsetzen", denn es kann "jeder einzelne Mensch als Mensch einen besonderen Willen haben, der dem 
allgemeinen Willen, den er als Staatsbürger hat, zuwider läuft." 22) 
Weiter heißt es: "Ist es auch nicht unmöglich, dass der Wille eines Einzelnen in 
irgend einem Punkte mit dem allgemeinen Willen übereinstimme, so ist es 
wenigstens unmöglich, dass diese Übereinstimmung von dauerndem Bestand sein 
könnte, denn seiner Natur nach strebt der Wille des Einzelnen nach Vorteilen, 
der allgemeine Wille dagegen nach Gleichheit."   23)
Im Unterschied zu Locke besteht Rousseau deshalb darauf, "dass die Staatshoheit, 
die nichts anderes als die Ausübung des Allgemeinen Willens ist, nie veräußert 
werden kann und dass sich das Staatsoberhaupt als ein kollektives Wesen nur 
durch sich selber darstellen lässt. ... (Das Staatsoberhaupt) kann nicht sagen: 
'Ich werde auch morgen wollen, was dieser Mensch will', da es sinnlos ist, dass 
sich der Wille schon für die Zukunft fesselt, und es nicht in der Gewalt 
irgendeines Willens steht, in etwas einzustimmen, was dem Wohl des wollenden 
Wesens widerspricht." 24)  
Die gesetzgebenden Gewalt muss nach Rousseau also beim ganzen Volke liegen, 
gleichgültig ob die Regierung als die rechtmäßige Ausübung der vollziehenden 
Gewalt nun von einem, von wenigen oder von den meisten Bürgern durchgeführt 
wird. Damit geht  Rousseau über die Position Lockes hinaus und begründet das 
Recht aller Bürger zur Gesetzgebung, was als notwendiges Element von Demokratie 
im Sinne von "Volksherrschaft"   angesehen werden muss.
Die  Position Rousseaus fand Ausdruck in Artikel 6 der  
französischen "Erklärung der Rechte des Menschen und des Bürgers"   von 1789: "Das 
Gesetz ist Ausdruck des allgemeinen Willens. Alle Staatsbürger haben das Recht, 
an seiner Bildung  persönlich oder durch ihre Stellvertreter mitzuwirken."   
Georg Wedekind, ein Mainzer Arzt und Anhänger der Französischen Revolution, der 
selbst bei der Mainzer Revolution mitgewirkt hat, schrieb 1793 in seinem 
Kommentar zur französischen Menschenrechtserklärung: "Die Erhaltung der natürlichen Menschenrechte, unter welchen die Freiheit obenan 
steht, war der erste Zweck der Verbindung einzelner Familien zu einem Staat, der 
erste Zweck zur Einrichtung der Regierungen. Auf diesen Zweck müssen alle 
bürgerlichen Einrichtungen hinwirken; unmöglich kann das aber geschehen, wenn 
sie nicht lediglich das Werk derjenigen sind, welcher Rechte sie versichern 
sollen. Sollte daher ein Volk frei sein, so darf es niemand sonst als sich 
selbst zum Gesetzgeber haben. Das Vermögen, sich selbst Gesetze 
vorzuschreiben, ist der Schild der Freiheit; überlässt das Volk diese 
Schutzwehre an andere, so stürzt es sich in Sklaverei. Aus dieser Wahrheit lässt 
sich folgern, welche Regierungsform das Volk annehmen müsse, um glücklich zu 
sein? Diejenige, worin man sich selbst zu gehorchen hat, die Demokratie." 
25)
Die Begründung der Demokratie durch "unveräußerliche", durch keine staatliche 
Gesetzgebung abschaffbare Menschen- und Bürgerrechte sowie die Rechtfertigung 
politischer Autorität aus der Zustimmung der Staatsbürger spielen noch heute 
eine wichtige Rolle.
Dies wird deutlich, wenn man sich existierende Verfassungen ansieht, wie z. B. 
das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. In dessen Präambel heißt es, 
dass "das deutsche Volk ... kraft seiner verfassunggebenden Gewalt dieses 
Grundgesetz der Bundesrepublik beschlossen"   hat. Und in Artikel 1 heißt es: "Das 
deutsche Volk bekennt sich .. zu unverletzlichen und unveräußerlichen 
Menschenrechten."  
***
Fußnoten:
1) 
Friedrich Engels, "Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur 
Wissenschaft" 1892, zitert nach dem Wiederabdruck in: Karl Marx und Friedrich 
Engels: Ausgewählte Schriften in 2 Bänden, Bd. II , S.107
2) Denis Diderot, wiederabgedruckt in M. Naumann 
(Hg.): Artikel aus der von Diderot und D'Alembert herausgegebenen 
"Enzyklopädie", Reclam jun., Leipzig 1972, S. 41
3) John Locke: Essays, 
Bd. 1
4) in Naumann S.
5) a.a.O. S. 116
6.) John Locke, Two Treatises of Government, Cambridge University Press 
1965, Second Treatise, chapter VII, section 90
7.) Jean Jacques Rousseau, Der Gesellschaftsvertrag "Contrat social", Stuttgart: 
Reclam 1968, S. 35
8.) in Naumann S. 948  
9.) in Naumann S. 885
10.) Rousseau S. 36 
11.) Locke, Two Treatises, S. 394f.
12.) in
H.-H.
Hartwig u. a. (Hg.): Politik im 20. Jahrhundert. Braunschweig 1968, S. 76
13.) in Hartwig u. a. S. 77
14.) Thomas Hobbes, Leviathan, 
Harmondsworth 1968, S. 227
15.) Bergsträsser, A. u. D. Oberndörfer (Hg.): 
Klassiker der Staatsphilosophie, S. 170
16.) in Klassiker S. 184 
17.) in Klassiker S. 188 
18.) in Klassiker S. 195
19.) in Klassiker S. 209
20.) Locke, Two Treatises, S. 477
21.) Rousseau S. 44
22.) 
Rousseau S. 
47
23.) 
Rousseau S. 55
24.)
Rousseau S. 54 ff.
25.)
Zitiert nach Garber, S. 48.
Siehe auch 
die folgenden thematisch verwandten Texte in der Ethik-Werkstatt:
    
Klassische Vertragstheorie: Hobbes - 
Locke - Rousseau * (13 K)
   
Demokratie bei Rousseau ** (24 K)
   
Liberalismus und allgemeines 
gleiches Wahlrecht * (17 K)
zum Anfang
Alphabetische Liste aller Texte
Übersicht
Ethik-Werkstatt: Ende der Seite "Demokratietheorie - Ideengeschichte"  
Letzte Bearbeitung 11.11.2012 / Eberhard Wesche
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