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Fragen zur Religion
(Eine kleine Anmerkung am Rande: Diese Seite hat einen Umfang von 
ca. 69 Kilobyte. 
Die Website "www.Gibt es Gott.com"   hat 42.690.000 Kilobyte, also rund 600.000 mal 
soviel.) 
Inhalt:
Woraus speist sich die Religiosität?
Gibt es Gott wirklich?
Hat der Mensch eine Seele?
Immunisierung gegen Kritik
Drei Arten von "glauben"  
Staatliche 
Rechtsnormen und religiöse Vorschriften 
Kritisches
*******************************************************************************************
Woraus speist sich die Religiosität?
Inhalt:
Das Wissen 
um die eigene Sterblichkeit
Die Amoralität des 
Weltgeschehens
Die Hilflosigkeit des Menschen gegenüber den 
Naturgewalten
Schwindende Glaubwürdigkeit der 
Religionen
 
Textanfang
Das Wissen um die eigene Sterblichkeit
Vor allem eine Tatsache ist für den einzelnen Menschen beunruhigend: die Tatsache, 
dass er sterblich ist und dass sein Leben in der Regel nach 80 bis 
100 Jahren
zu Ende ist - manchmal auch schon viel früher. Mit 
der  Gewissheit der eigenen 
Sterblichkeit  kann sich ein 
Wesen, das - wie der Mensch - mit einem starken Lebenswillen ausgestattet ist, nur schwer abfinden. 
Im Unterschied zum Tier besitzt der Mensch Voraussicht und Vorstellungskraft 
hinsichtlich der Zukunft. Er teilt den Überlebenswillen mit den Tieren, aber 
anders als sie weiß er zugleich, dass er sterben muss, dass er in wenigen 
Jahrzehnten nicht mehr existieren wird und dass er irgendwann ganz vergessen 
sein wird.
Der Tod und die Vergänglichkeit des einzelnen Menschen ist deshalb ein Ansatzpunkt für die 
Religionen. Sie versuchen, den Tod erträglich zu 
machen, ihm einen Sinn zu geben. 
Hier setzen Vorstellungen an:
   -
von der 
unsterblichen Seele, 
   - von der Auferstehung, 
   - vom Leben nach dem Tode, 
   -
von der Wiedergeburt in anderer 
Gestalt oder 
   -
vom außerweltlichen "Jenseits" und ähnliches. 
Solche
Vorstellungen haben die Menschen seit Jahrtausenden 
fasziniert und getröstet.
 
Die Amoralität in der Natur und in der Weltgeschichte
Noch eine weitere Tatsache hat den Menschen 
keine Ruhe gegeben. Das ist die offensichtliche 
Amoralität
des Weltgeschehens im Kleinen wie im Großen: 
 -
unschuldige Kinder und verdienstvolle Menschen werden jäh von Unfall, Krankheit, 
Verbrechen oder Tod betroffen;
 - friedliche Völker werden von mächtigeren Nachbarn versklavt oder 
hingemetzelt;
 - gewissenlose Individuen und Gruppen beuten unterdrückte Bevölkerungen 
aus und ersticken jeden Protest mit Gewalt; 
 -
Naturkatastrophen wie 
Erdbeben oder Überschwemmungen 
treffen wahllos ganze Landstriche und ihre Bewohner. 
Den meisten Menschen ist es unerträglich, das Böse in der Welt siegen zu sehen und 
den Guten oder Unschuldigen zerstört und vernichtet zu sehen. Ein Weltgeschehen, 
dem kein "höherer Sinn"   innewohnt, und ein Weltgeschehen, das den moralischen 
Werten nicht entspricht, ist schwer zu akzeptieren.
Hier setzen die religiösen Lehren an, die das 
Weltgeschehen in einem moralischen Sinn interpretieren: 
 - als Heilsplan eines Schöpfergottes;
 - als eine Folge von moralischen Prüfungen, die der Mensch zu bestehen hat; 
 - als von Gott ausgeteilte Belohnung und Bestrafung o. ä..
Die Hilflosigkeit des Menschen gegenüber den Naturgewalten
Wer miterlebt hat, wie ein Sturm Häuser und Autos wie Spielzeug durch die 
Luft wirbelt, wie eine Riesenwelle Häuser an der Küste unter sich begräbt, wie ein 
Blitzschlag einen großen Baum spaltet, wie monatelange Trockenheit alle Felder 
und Wiesen verdorren lässt, wie wolkenbruchartige Regenfälle ganze Landstriche 
überfluten, wie ein geliebter Mensch stirbt, ohne dass man ihm helfen konnte, 
der kommt sich jämmerlich klein vor und empfindet eine tiefe Hilflosigkeit 
angesichts der übermächtigen Naturgewalten. 
Ein Weg aus dieser Hilflosigkeit ist der Versuch, Beistand von denjenigen zu 
erhalten, die die Urheber dieser Katastrophen sind oder aber genügend Macht 
besitzen, um solche Katastrophen zu verhindern.
Nicht nur bei Naturgewalten, sondern bei allen wichtigen Unternehmungen, bei 
denen der Einzelne keinen Einfluss auf den Erfolg oder Misserfolg hat, liegt es 
nahe, Hilfe zu suchen bei Wesen, in deren Macht es steht, den Erfolg der 
Unternehmung zu bewirken. Nicht zufällig haben die Wörter "beten" und "bitten" 
eine gemeinsame Wurzel.
Schwindende Glaubwürdigkeit der Religionen
Die genannten drei Probleme speisen das Bedürfnis nach Hilfe durch höhere 
Wesen - allerdings nur solange, wie man glauben kann, dass es diese höheren 
Wesen auch gibt.
So mächtige Kräfte die  
religiösen Weltbilder auch gewesen sind und zum Teil heute noch sind, so wird doch ihre 
Glaubwürdigkeit durch 
die moderne Wissenschaft zunehmend untergraben  
und ist auf lange Sicht wohl nicht zu erhalten. 
So entlastend die religiösen Weltbilder für 
den leidenden und verzweifelten Menschen auch sein mögen, so verlangt die 
intellektuelle Redlichkeit eines kritisch und nüchtern denkenden Menschen doch 
den  Verzicht auf tröstliche Illusionen. Jede 
Verdrängung der Realität birgt  ein hohes Risiko in sich, wie die immer 
wieder aufkommenden Verbrechen an Andersdenkenden im religiösen Wahn zeigen.
Durch den Untergang der religiösen Weltbilder vermindert sich die Gefahr von 
Religionskriegen konkurrierender Konfessionen. Es entstehen jedoch auch Gefahren, weil 
in das entstandene geistige und moralische Vakuum gefährliche 
politische Ideologien stoßen 
können.  
***
Inhalt:
Ist das Wort "Gott"   
überhaupt definierbar?
Mit "Gott"   ist der Gott der religiösen Glaubensbekenntnisse gemeint
Die Bedeutung des Ausdrucks "es gibt"  
Die Forderung nach einer intersubjektiv nachvollziehbaren 
Begründung für die Existenz Gottes
Wahrnehmbarkeit mit den Sinnen als Kriterium der Existenz
Die Besonderheit von Existenzaussagen ohne Angabe von 
Ort und Zeit
Unwiderlegbare Existenzbehauptungen
Indirekte Wahrnehmbarkeit als Kriterium der Existenz
Behauptungen über das Wirken Gottes
Das Vorkommen von "Wundern"  
"Das kann kein Zufall sein!"
Die besondere religiöse Erfahrung 
Kann nur eine überlegene Intelligenz das Leben 
auf der Erde geschaffen haben?
Fehlt dem Ganzen ohne Gott der Sinn?
Das Ergebnis der Überlegungen zur Existenz 
Gottes
Brauchen wir Gott?
Textanfang:
Vorbemerkung
Auch auf die Gefahr hin, gegenüber dem vielschichtigen 
Phänomen "Religion"   verständnislos zu erscheinen, versuche ich die Frage zu 
beantworten: 
   "Gibt es Gott wirklich?"
Ich suche also nach der richtigen Antwort 
auf diese Frage. Dabei heißt "richtig" "richtig für alle gemeinsam d.h. 
allgemein richtig".
(Anmerkung: Wenn in einigen Religionen der Unglaube ein mit Strafe bedrohtes Vergehen 
ist, kann von einer unvoreingenommenen Suche nach der 
richtigen Antwort eigentlich mehr nicht die Rede sein. 
Ist das Wort "Gott" überhaupt definierbar?
Gegen dies Vorgehen könnte jemand einwenden: "Gott lässt sich nicht definieren!" Aber hier geht es nur darum, ein Wort in seiner Bedeutung zu klären. Wenn jemand ein Wort verwenden will, ohne zu sagen, was er mit diesem Wort meint, ist der Frage ihre Grundlage entzogen. Es kann dann z. B. der Fall eintreten, dass die Frage "Gibt es Gott?" für Diskussionsteilnehmer Unterschiedliches bedeutet, weil das Wort "Gott" für sie Unterschiedliches bedeutet. Wenn das Wort "Gott" mehrdeutig ist, dann kann sowohl der Satz "Es gibt Gott" wie dessen Verneinung "Es gibt Gott nicht" wahr sein.
Mit "Gott" ist hier der Gott der religiösen Glaubensbekenntnisse gemeint
Beim Gottesbegriff öffnet 
sich für ein Publikum, das der kirchlichen Lehre weitgehend entfremdet ist, ein 
weites Feld. Ich will mich hier jedoch nicht auf die modernen Dehnungen des 
Gottesbegriffs ("kosmisches Prinzip" etc.) einlassen, sondern halte mich an die 
offiziellen Glaubensbekenntnisse der monotheistischen Religionsgemeinschaften 
(Judentum, Christentum, Islam). 
Danach ist mit dem Wort "Gott" ein allmächtiger Schöpfer aller Dinge gemeint. 
Demgemäß sind auch wir Menschen Geschöpfe dieses Gottes.
Die Bedeutung des Ausdrucks "es gibt wirklich"
Weiter muss erläutert 
werden, was mit dem Ausdruck "es gibt (etwas) wirklich"   gemeint ist. Im 
folgenden Text"Es gibt 
(etwas) wirklich" 
wird hier im Sinne von  "(etwas) existiert wirklich"   benutzt. Mit dem Zusatz "wirklich"   
wird dabei klargestellt, 
dass mit "Existenz"   keine nur vorgestellte, gedachte oder fiktive Existenz gemeint ist.
Jemand, der die Frage "Gibt es Gott wirklich?"   
mit "Nein" beantwortet, bestreitet damit also nicht, dass es die Fiktion eines Gottes gibt, 
dass es bildliche Darstellungen 
Gottes und weit verbreitete Gottesvorstellungen
gibt. 
Die Ausgangsfrage "Gibt es Gott wirklich?"   ist also nicht im Sinne von: "Gibt es Gott in der Bibel?"   
gemeint.
Als Zwischenergebnis halte ich fest: 
Die Frage: "Gibt es Gott wirklich?"   wird in diesem Text verstanden im Sinne der 
Frage: "Existiert wirklich ein allmächtiger Schöpfer aller Dinge?"   
Diese Erläuterung mag zumindest vorerst genügen, um Missverständnisse 
möglichst auszuschließen. 
Nun könnte es sein, dass jemand mit der hier 
gegebenen Erläuterung der Wörter "Gott" und "existieren" ("gegeben sein") nicht 
einverstanden ist. Dazu kann ich nur sagen, dass  Wörter von verschiedenen 
Diskussionsteilnehmern unterschiedlich gebraucht werden können. Damit stellt der 
Betreffende jedoch eine andere Frage. Ich bin also nicht gezwungen, die 
Beantwortung meiner Frage aufzuhören und einen Streit um die Bedeutung der 
Wörter "Gott" und "existieren" zu  führen.
Die Forderung nach einer allgemein (intersubjektiv) nachvollziehbaren Begründung für die Existenz Gottes
Wenn jemand behauptet: "Es gibt Gott 
wirklich", dann fordert 
er damit mich und andere 
unausgesprochen dazu auf, dieser Behauptung zuzustimmen und sie meinem Denken und Handeln 
zugrunde zu legen. 
Wenn dies nun nicht nur eine Aufforderung an mich sein soll, das Behauptete 
zu glauben und zuzustimmen, so muss derjenige, der diese Behauptung vertritt, mir dafür 
einsichtige Gründe nennen, die ich zumindest grundsätzlich nachvollziehen und 
teilen kann.
Wahrnehmbarkeit mit den Sinnen als Kriterium der wirklichen Existenz
Gewöhnlich begründet man die wirkliche Existenz irgendeines Phänomens X mit 
eigenen Wahrnehmungen oder den zuverlässigen Wahrnehmungen anderer: "Ich habe X gestern auf 
der Straße gesehen"   oder: "Hans-Jörg hat mir versichert, dass er X heute im 
Supermarkt gesehen hat."  
Wenn z. B. gefragt wird: "Gibt es wirklich 1-Dollar-Banknoten?" und jemand behauptet: "Ja, 
es gibt wirklich 1-Dollar-Banknoten", so kann er für seine Antwort einen 
von jedermann nachvollziehbaren Beweis erbringen, indem er einen solchen 
Schein aus der Tasche zieht und ihn vorzeigt, so dass ihn jeder sehen (mit den 
Augen wahrnehmen) kann. Der Satz: "Es gibt 1-Dollar-Banknoten"   entspricht 
dann der intersubjektiv übereinstimmenden Wahrnehmung der Beteiligten. 
Somit hat er seine Behauptung, dass es 1-Dollar-Banknoten gibt, für andere 
nachvollziehbar und nachprüfbar begründet.
Allgemein kann man formulieren: "Das, was ich mit meinen Sinnen  
wahrnehmen kann, ist wirklich existent."  
Allerdings kann man die eigenen Sinneseindrücke auch falsch interpretieren: Man 
hat z. B. einen Schein Falschgeld vor sich und hält diesen Schein irrigerweise für eine echte Banknote. 
Außerdem kann man unter extremen Bedingungen bloße Vorstellungen wie z. B. 
Träume oder Halluzinationen irrigerweise für Sinneseindrücke halten.  
Die möglichen Fehlerquellen bei der Interpretation von Sinneseindrücken oder 
anderen Bewusstseinsinhalten lassen sich jedoch erforschen und berücksichtigen. 
So treten bei der Interpretation von optischen Eindrücken umso mehr Fehler auf, 
je schwächer die Beleuchtung ist.
Die uns hier interessierende Frage ist, ob jemand also Gott gesehen, gehört oder anderweitig 
mit seinen Sinnen wahrgenommen hat. 
In den religiösen Überlieferungen der 
Offenbarungsreligionen (Bibel, Koran) wird von Menschen berichtet, denen Gott 
erschienen ist. Ein Beispiel hierfür ist die biblische Geschichte vom brennenden Dornbusch, 
aus dem heraus Gott zu Moses  gesprochen hat. Ein anderes Beispiel ist der 
Bericht über die Wandlung des Saulus zu Paulus, nachdem Christus ihn gefragt hatte: "Saulus, warum verfolgst Du mich?"   Der 
Inhalt des Koran soll nach muslimischer Auffassung 
dem Propheten Mohammed von Gott selber diktiert worden sein. Es gibt also 
offenbar mehrere Berichte darüber, dass Gott zu einem Menschen gesprochen hat.
All diese Berichte über die Erscheinungen Gottes können jedoch 
von anderen Individuen nicht nachvollzogen und überprüft werden. Deshalb kann nicht ausgeschlossen 
werden, dass es sich dabei um religiöse Wahnvorstellungen gehandelt hat, wie es 
sie auch bei Geisteskranken gibt. Gegen 
eine Einstufung dieser religiösen Erscheinungen als Sinneswahrnehmungen 
spricht unter anderem, dass die Details, die von der Erscheinung Gottes berichtet werden, 
jeweils der  
Konfession desjenigen Individuums entsprechen, das diese Erscheinung hatte.
Nach unvoreingenommener Prüfung dieser Berichte können diese deshalb keine 
allgemein überzeugenden 
Belege dafür sein, dass es Gott gibt.
Die Besonderheit von Existenzaussagen ohne Angabe von Ort und Zeit
Nun könnte jemand argumentieren: "Nun gut, das mag vielleicht sein, dass sich die 
Existenz Gottes nicht durch übereinstimmende Sinneswahrnehmungen beweisen lässt, aber 
umgekehrt lässt sich auch nicht beweisen, dass es Gott 
nicht gibt."   Damit erscheint das Argument entkräftet.
Dies Argument erweist sich bei genauerem Hinsehen jedoch als problematisch, weil 
die Beweislage für die beiden Behauptungen "Es gibt Gott wirklich" und "Es 
gibt Gott  
nicht wirklich" höchst unterschiedlich ist:   
Um die Behauptung "Es gibt Gott wirklich" (eine bejahende 
Existenzaussage) zu beweisen genügt im 
Prinzip ein einziger Fall, in dem Gott unzweifelhaft gesehen wurde.
Um die Behauptung "Es gibt Gott nicht wirklich" (eine verneinende 
Existenzaussage) zu beweisen, 
reichen dagegen noch so viele Beobachtungen nicht aus, 
denn man kann dazu immer entgegnen: "Nun gut. Hier und jetzt gibt es zwar Gott nicht, 
aber es gibt Gott sicherlich an einem andern Ort und zu einem anderen Zeitpunkt."
Wegen dieser Asymmetrie in der Beweisbarkeit der beiden Behauptungen "Es gibt 
ein X" und "Es gibt kein X" liegt z. B. die Beweislast sinnvoller Weise bei dem, der behauptet, 
es gebe irgendwo und irgendwann X, und nicht bei dem, der die Existenz von X 
bestreitet. 
Etwas anderes ist es, wenn die Existenzbehauptung eine Orts- und Zeitangabe 
enthält wie z. B. in dem Satz "Gegenwärtig nisten Uferschwalben im Steilufer des 
Köppchen-Sees.". Hier genügt jeweils eine einzige Beobachtung, 
sowohl um die 
Behauptung zu bestätigen als auch um sie zu widerlegen. Bei Existenzbehauptungen 
mit Orts- und Zeitangabe ist die Beweislast also gleichmäßig verteilt. 
Unwiderlegbare Existenzbehauptungen
 Nun könnte jemand 
entgegnen: "Es gibt 
Gott, aber Gott ist etwas Übersinnliches und ist deshalb für Menschen nicht 
wahrnehmbar."   
Wenn unsere Wahrnehmung die einzige Möglichkeit ist, um die Existenz  
von etwas festzustellen, so kann eine derartige Existenzbehauptung nicht 
überprüft und damit auch nicht widerlegt werden. Sie ist so formuliert, dass sie gegen 
jegliche Kritik und Überprüfung immun ist. Dies kann ich einfach dadurch 
erreichen, dass ich in die eigene Position Annahmen mit aufnehme, die eine 
Überprüfung meiner Position unmöglich machen.
Eine solche Strategie, bei der eine Position durch 
entsprechende Annahmen der Kritik entzogen wird, lässt sich für jede 
beliebige Existenzbehauptung einsetzen. So lässt sich auch die Behauptung "Hinter Dir 
ist ein Gespenst, das unsichtbar, unhörbar und unberührbar ist" nicht 
widerlegen. Trotzdem wird man dieser Behauptung sinnvollerweise nicht zustimmen. 
Mit derartigen "Immunisierungsstrategien"   ist nicht viel gewonnen, 
denn die Unwiderlegbarkeit fordert einen hohen Preis. Bezogen auf die 
Fragestellung "Gibt es Gott wirklich?" bedeutet das: Wenn Gott zwar 
existiert aber nicht 
wahrgenommen werden kann, so wird Gott damit bedeutungslos. Etwas, 
das wirklich existiert, aber nicht 
wahrnehmbar ist, ist nicht zu unterscheiden von dem, was überhaupt nicht existiert.
Indirekte Wahrnehmbarkeit als Kriterium der Existenz
Nun gibt es Dinge oder Phänomene, die wir mit unseren Sinnen nicht direkt wahrnehmen können, die 
wir jedoch trotzdem als wirklich 
existierend 
ansehen. Radioaktive Strahlung z. B. kann der Mensch nicht direkt mit 
seinen Sinnen wahrnehmen. Aber das Knacken des Geigerzählers zeigt - gemäß 
unseren 
physikalischen Annahmen - das Vorhandensein von Radioaktivität an. 
Radioaktive Strahlung ist für Menschen zwar nicht direkt aber indirekt wahrnehmbar. 
Auch Phänomene der Vergangenheit sind nicht aktuell wahrnehmbar. Ihre Existenz 
ergibt sich daraus, dass es eigene oder fremde Wahrnehmungen über sie gibt, die 
erinnert werden. Oder man schließt aus bestimmten Spuren, Dokumenten bzw. Indizien, die 
gegenwärtig wahrgenommen werden können, auf diese Phänomene zurück.
Lässt sich Gott also vielleicht indirekt wahrnehmen durch sein Wirken 
in der Welt?
Behauptungen über das Wirken Gottes
Man findet relativ häufig Aussagen und 
Behauptungen über das Wirken Gottes in der sinnlich erfahrbaren Welt: 
 - Ein junger Mann stirbt und die frommen Eltern schreiben in der 
Todesanzeige: "Es hat Gott dem Herrn in seinem unergründlichen Ratschluss 
gefallen, unseren Sohn von uns zu nehmen."   
 - Ein Priester erklärt angesichts eines Erdbebens mit vielen Getöteten: "Dies ist die Gottes Strafe für das sündhafte Treiben der Menschen unserer 
Zeit."   
 - Ein frommer Mensch interpretiert ein bestimmtes Erlebnis 
als einen Hinweis Gottes, sein Leben zukünftig der Fürsorge für die Armen 
zu widmen.
 - Ein frommer Mensch, der bei einem Flugzeugabsturz zu den wenigen 
Geretteten gehört, deutet dies als eine Hilfe Gottes für ihn.
 - Ein frommer Mensch betet zu Gott um Hilfe aus schwerer Not.
Die Interpretation eines bestimmten realen Geschehens als Wirken Gottes ist jedoch für 
Menschen anderer Weltanschauung nicht nachvollziehbar. Dies gilt vor allem dann, 
wenn das betreffende Geschehen auch ohne die Annahme eines Gottes erklärt werden 
kann. 
Der Gläubige, der einer als aussichtslos geltenden Notlage heil entkommen 
konnte, mag dies so deuten, dass Gott sein Bitten erhört hat. Aber für einen 
Nicht-Gläubigen ist die Annahme eines Gottes, der die Geschicke der Menschen 
lenkt, 
nicht erforderlich.
Das Vorkommen von "Wundern"
In den religiösen Lehren werden  
sogenannte "Wunder"   berichtet, die mit dem vorhandenen menschlichem Wissen nicht 
erklärt werden können und die deshalb "übernatürlichen"   Mächten wie 
Gott 
zugeschrieben werden. So soll Jesus Wasser in Wein verwandelt haben und über das 
Wasser gegangen sein. 
Solche Berichte über unerklärliche Wunder haben jedoch kaum irgendeine 
Beweiskraft, denn diese Berichte stammen nicht von neutralen Augenzeugen sondern 
von Menschen, die dem betreffenden Glauben angehören und insofern parteilich 
sind.
Aus diesem Grund können die 
behaupteten Wunder nicht als Belege für die 
Existenz Gottes herangezogen werden.
Berichte 
über Wunder finden immer das starke Interesse vieler Menschen, was sich in den 
überlieferten Märchen und Sagen und in den modernen Spielfilmen widerspiegelt. Auch 
die starke 
Anziehung, die "Zauberer" - nicht nur auf Kinder - ausüben, zeugt von 
der Faszination des Unerklärlichen und "Übersinnlichen". 
Das bedeutet nicht, dass es nicht Dinge gäbe, die wir mit unserm heutigen Wissen 
nicht erklären können. Dazu gehört vor allem der schwer erforschbare Bereich des 
Psychischen und des Nervensystems. Hier kommt es in Einzelfällen immer wieder zu 
Selbstheilungen, die für die Schulmedizin unerklärlich sind. 
Dass wir Fragen nicht beantworten können - vor allem was die Zukunft betrifft - 
und vieles nicht wissen, ist für manche Menschen schwer erträglich. Für diese 
Menschen liegt es dann nahe, die Wissenslücke durch die Annahme "übernatürlicher 
Kräfte" - allerdings nur scheinbar - zu schließen. Oder sie versuchen, ihre 
Fragen auf "übernatürlichem" Wege zu beantworten. Esoterik, Astrologie, 
Wahrsagerei, Grenzwissenschaften, Geheimwissenschaften usw., die vorgeben, die 
offenen Fragen beantworten zu können, finden deshalb immer ihre leichtgläubigen 
Abnehmer. 
Religiöse Interpretationen werden manchmal dann herangezogen, wenn bestimmte 
Ereignisse für uns äußerst unwahrscheinlich sind. Wenn jemand z. B. nach Jahren der Trennung 
ohne jede Absicht im Ausland einen alten Freund trifft, so sagt er vielleicht: "Das kann 
kein Zufall sein, das ist Fügung."
In ähnlicher Weise wird aus der Erfüllung der zahlreichen astronomischen Voraussetzungen für 
die Existenz organischen Lebens auf der Erde der Schluss gezogen, dass die Erde von einem 
höheren Wesen erschaffen wurde. Wie könnte man sonst erklären, dass z. B. die 
Erde in ihrer Größe und in ihrer Entfernung zur Sonne genau so beschaffen ist, 
dass die Meere weder verdampfen noch zu Eis erstarren und dass eine schützende 
Lufthülle die schädlichen Strahlen aus dem Weltraum abhält?  
Bei einer solchen Betrachtungsweise wird übersehen, dass ständig Dinge 
passieren, die in diesem Sinne äußerst unwahrscheinlich sind. So sind die Lottozahlen, 
die jede Woche neu gezogen werden, in höchstem Maße unwahrscheinlich. Wenn auf 
einer Kreuzung zwei Autos zusammenstoßen, so war es in höchstem Maße 
unwahrscheinlich, dass gerade diese beiden Autos gerade zu diesem Zeitpunkt 
die Kreuzung erreichen.
Deshalb kann aus solchen "Zufällen" nicht auf das Wirken eines 
Schöpfergottes 
geschlossen werden.
Die besondere  
religiöse Erfahrung
Nun könnte sich jemand 
auf seine "religiöse Erfahrung bzw. Wahrnehmung" berufen und sagen: "Ich habe Gott erfahren und 
ich erfahre ihn täglich in meinem Leben."   
Dabei handelt es sich offensichtlich um eine innere Erfahrung des 
Gläubigen, ein Erleben, das viele andere Individuen nicht in gleicher Weise 
haben. Wenn sich jemand auf seine religiöse Erfahrung beruft, handelt es sich deshalb nicht um ein 
auch von anderen (intersubjektiv) nachvollziehbares 
Argument. Wo es jedoch um allgemeingültige Wahrheit geht, sind nicht 
nachvollziehbare Argumente wertlos.
Manchmal wird auch argumentiert, die religiöse Erfahrung Gottes sei keine 
einfache empirische Sinneswahrnehmung, sondern man müsse sich diese vorstellen 
wie die Erfahrung der Schönheit einer Symphonie von Beethoven. Diese 
musikalische Erfahrung 
werde ebenfalls nur dem musikalisch Gebildeten und dem für diese Schönheit 
Aufgeschlossenen zuteil. 
Wenn "religiösen Erfahrung" in dieser Weise bestimmt wird, so stellt 
sich die Frage, 
ob es sich bei dieser religiösen Erfahrung um eine Fähigkeit handelt, die jedes verständige Individuum 
besitzt oder zumindest erwerben kann. Dies kann jedoch mit gutem Grund bezweifelt werden, 
solange keine entsprechenden Versuche durchgeführt wurden.
In einer besonderen Weise
problematisch sind Behauptungen wie: "Wer Gott von ganzem Herzen 
sucht, der wird ihn auch finden." Hier wird für den Fall, dass die Begegnung mit Gott 
doch nicht stattfindet, gleich die Erklärung hierfür mitgeliefert, denn es kann 
dann immer gesagt werden: "Dann hast Du Gott offenbar nicht wirklich mit ganzem 
Herzen gesucht und Du warst innerlich nicht wirklich bereit zum Glauben." 
Wenn kein Gott gefunden wird, so liegt das immer am Ungläubigen nach dem Muster: 
"Nur wer an Gott glaubt, der wird ihn auch erfahren". Damit wird jede nüchterne 
und kritische Prüfung der Existenz Gottes von vornherein ausgeschlossen. 
Kann nur eine überlegene Intelligenz das Leben auf der Erde geschaffen haben?
Wir finden auf der Erde 
Lebewesen vor - einschließlich uns selbst - die so komplex aufgebaut sind und 
die derartige Leistungen vollbringen, dass wir in vielen Fällen dafür keine 
Erklärung haben und erst recht nicht in der Lage sind, diese Organismen 
nachzubauen. "Wir stehen staunend und in Ehrfurcht vor der 
Weisheit der Natur" heißt es deshalb gelegentlich. Eine naheliegende Konsequenz 
aus dieser Erfahrung ist der Schluss, dass die Natur das Werk 
eines mit überlegener Intelligenz ausgestatteten Schöpfers sein muss. 
 
Billionen und Aberbillionen von Entwicklungsmöglichkeiten des Lebens
Bei diesem Schluss wird jedoch nicht berücksichtigt, dass der unglaublichen 
Komplexität der Lebewesen eine gleichermaßen unvorstellbar große Zahl an bisher 
stattgefundenen Fortpflanzungen - und damit an Entwicklungsmöglichkeiten -  gegenübersteht. 
Mit jeder Fortpflanzung kann - infolge von zufälliger Mutation oder 
geschlechtlicher Neukombination der Gene - ein verändertes Lebewesen entstehen, das 
bessere Überlebenschancen besitzt als seine "Eltern". Und die Zahl der bisher 
erfolgten Fortpflanzungen ist immens.
Organisches 
Leben ist auf der Erde seit ca. 3,5 Milliarden Jahren nachweisbar. Manche 
Mikroorganismen vermehren sich bereits alle 3 Stunden.  Das bedeutet z. B., 
dass 10 Bakterien, die sich alle 3 Stunden durch Teilung verdoppeln 
können und eine Lebensdauer von 2 Tagen haben, innerhalb von 2 Tagen 655.360 
Nachkommen hervorbringen können. 
Angesichts der unvorstellbar großen Zahl der Versuche ist es nicht unmöglich, 
dass auch ohne eine planende Intelligenz dabei Lebewesen mit neuen Eigenschaften 
entstehen, die die Überlebensfähigkeit des 
betreffenden Organismus verbessern.
Die Einzeller waren nicht die ersten Lebewesen
Es wäre falsch, die Einzeller als die ursprünglichen Lebewesen anzusehen. Einzeller haben bereits ein Genom aus mehreren Tausend Genen. Sie sind offensichtlich bereits das Ergebnis einer langen Entwicklung mit zahlreichen Zwischenstufen. Es ist deshalb nicht richtig, gegen die Evolutionstheorie mit der extrem geringen Wahrscheinlichkeit dafür zu argumentieren, dass sich die erforderlichen organischen Moleküle zufällig zu einer lebensfähigen Zelle zusammenfinden. Entscheidend für die Plausibilität der Evolutionstheorie ist allein die Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Entwicklungsschritt von der einen überlebensfähigen Art zur nächsten, leicht veränderten überlebensfähigen Art gelingt. Diese Wahrscheinlichkeit ist aber angesichts der milliardenfachen Möglichkeiten dazu keineswegs extrem gering.
Die Entwicklung der Arten erfolgte in Stufen und nicht auf einen Schlag
Der Unterschied zwischen beiden Wahrscheinlichkeiten 
(das eine mal Entstehung auf einen Schlag, das andere mal schrittweise 
Entwicklung) ist erheblich, wie der 
folgende Vergleich zeigt, bei dem zwei Spielfiguren, eine blaue und eine gelbe, durch 
Würfeln den Weg von 
einem Startplatz zu einem 60 Schritte entfernten Zielpunkt zurücklegen müssen (ähnlich wie beim Mensch-Ärger-Dich-Nicht-Spiel). 
Es gilt die Regel, dass die 
Figuren nur beim Würfeln einer "6" jeweils 6 Schritte vorwärts rücken dürfen.
Zwischen beiden Figuren besteht jedoch ein Unterschied:
Die gelbe Figur darf die Strecke schrittweise zurücklegen. Jedes 
mal, wenn für die gelbe Figur eine "6" gewürfelt wird, darf die gelbe 
Figur 6 Schritte vorwärts machen. Wenn die gelbe 
Figur insgesant 10mal eine "6" gewürfelt hat und jeweils 6 Schritte vorwärts gemacht hat, ist die gelbe Figur am 
60 Schritte entfernten Ziel.
Die blaue Figur 
muss das Ziel dagegen auf  einen Schlag erreichen, d.h. dass 
für die blaue Figur 10mal 
hintereinander eine "6" gewürfelt werden  muss, um das Ziel zu erreichen. 
Fragen wir nun, wie oft Blau und Gelb jeweils im Durchschnitt würfeln müssen, um 
an das Ziel zu kommen. 
 
Die Wahrscheinlichkeit, eine "6" zu würfeln, beträgt bei jedem Wurf 
1/6. Das heißt, dass man durchschnittlich 6mal würfeln muss, um eine "6" zu 
haben.
Da Gelb 10mal eine einzelne "6" 
benötigt, muss Gelb im Durchschnitt 10 x 6, also 60mal würfeln, um ins Ziel zu kommen. 
Die 
Wahrscheinlichkeit, dass Blau 10mal hintereinander eine "6" würfelt, beträgt nach den 
Regel für die Wahrscheinlichkeit voneinander unabhängiger Ereignisse 1/6 x 1/6 x 1/6 x 1/6 x 1/6 x 1/6 x 1/6 x 
1/6 x 1/6 x 1/6 oder 1 geteilt durch 610. Wenn ich mich nicht verrechnet habe, sind 
das 1/60.466.176. Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass Blau 10mal hintereinander eine "6"  
würfelt, beträgt also 1 zu 60.466.176. Das heißt: Blau muss im Durchschnitt mehr als 
60.000.000mal würfeln, um ins Ziel zu kommen. 
Wie man sieht, weichen die beiden Wahrscheinlichkeiten um die Kleinigkeit des 
Faktors 1.000.000 voneinander ab. Das sollte bei der Argumentation zur 
Evolutionstheorie nicht 
übersehen werden.
Aufgrund dieser Überlegungen erscheint es keineswegs als unwahrscheinlich, dass 
in den 3 bis 4 Milliarden Jahren seit der Entstehung organischen Lebens in vielen Tausend kleinen 
Einzelschritten 
auch ein derart kompliziertes und leistungsfähiges Lebewesen entstehen konnte wie der homo sapiens.
Aber wie ist das erste Leben entstanden?
Es bleibt noch die Frage nach der Entstehung von organischem Leben aus der 
unbelebten Natur. Wie ist dieser Übergang vorstellbar? 
Das besondere an lebenden Organismen ist die Fähigkeit, von sich selbst eine 
Kopie herzustellen, sich selbst zu verdoppeln oder - wie der biologische 
Fachausdruck heißt - sich zu "replizieren".
Als Ausgangspunkt des organischen Lebens ist deshalb ein Molekül anzunehmen, das 
sich zerteilt, wobei jedes der beiden Teile sich anschließend durch 
Aufnahme von Material aus der Umgebung wieder zu dem ursprünglichen Molekül 
vervollständigt. Damit gibt es nun zwei Moleküle dieser Art. 
Tatsächlich gibt es in jeder 
Zelle Moleküle mit der Fähigkeit zur Replikation. Die Nukleinsäuren DNA 
und RNA (deutsch DNS und RNS) sind unter bestimmten Bedingungen in der Lage, 
von sich selber Kopien herzustellen.
Die wissenschaftliche Entwicklung 
ist hier in vollem Gange und es ist absehbar, dass in nicht allzu ferner Zeit 
ein "künstliches"   Lebewesen aus unbelebten Stoffen hergestellt werden kann.
Damit zwingt auch das Staunen über die Leistungsfähigkeit des organische Leben nicht zur Annahme eines 
allwissenden und allmächtigen Schöpfergottes.
Fehlt dem Ganzen ohne Gott der Sinn?
Fehlt dem Ganzen nun deshalb, weil die Entstehung des Lebens und des Menschen nicht nach dem 
Plan eines allmächtigen Wesens erfolgt ist, der Sinn?
Ich empfinde das nicht so. Ich fühle mich zugehörig zum Weltganzen. Ich bin das 
Ergebnis einer milliardenfach erfolgreichen Fortpflanzung und Entwicklung. Ich 
passe in diese Welt, die für mich - trotz allem Schrecklichen - voll von Schönheiten, 
Überraschungen und 
großartigen Möglichkeiten ist. Ich bin Teil des Projekts "Leben", für das 
niemand ein Drehbuch geschrieben hat, ein  
Projekt, das noch völlig offen ist für heute noch unvorstellbare Entwicklungen 
... , es sei denn, die Menschheit vernichtet sich selber in globalen Kriegen.
Das Ergebnis der Überlegungen zur Existenz Gottes
Für die Behauptung "Es gibt Gott 
wirklich"   
gibt es nach den vorangegangenen Überlegungen keine vernünftige 
Begründung. Die Folgen für die monotheistischen Religionen sind abzusehen.
Dass die Existenz eines allmächtigen Wesens, das die Geschicke der Menschen 
lenkt, unglaubwürdig geworden ist und mit der Ausbreitung rationalen, 
wissenschaftlichen Denkens für immer weitere Kreise unglaubwürdig werden wird, 
ist gegenüber dogmatischen und zum Teil fanatischen religiösen Forderungen eine Hoffnung. 
Gleichzeitig 
besteht jedoch die Gefahr, dass die durch den leeren Himmel und die leere Hölle entstandene 
moralische Leere und Orientierungslosigkeit von 
irrationalen und gefährlichen Weltanschauungen gefüllt wird, wie die monströsen Verbrechen des 20. 
Jahrhunderts gezeigt haben.  
Manchmal wird die 
Frage "Gibt es Gott?" unversehens umgewandelt in die ganz andere Frage: 
"Brauchen wir Gott?" Da wird dann die Existenz Gottes damit begründet, dass es 
ohne Gott keine Moral unter den Menschen geben könne. Jemand hat zu diesem Punkt 
einmal gesagt: "Wenn es Gott nicht gäbe, so müsste man ihn erfinden." 
In der Tat wären durch eine allgemeine Frömmigkeit manche Probleme leichter 
lösbar: Die moralischen Normen besäßen dann eine göttliche Autorität. Keine 
Verletzung dieser Normen bliebe unerkannt und ungesühnt. Die irdischen 
Ungerechtigkeiten würden im Jenseits korrigiert und die Menschen würden Not, 
Unterdrückung, Krankheit, Sterben und anderes Unglück leichter ertragen können.
Man muss sich allerdings im Klaren sein, dass es hinter die Aufklärung durch die 
moderne Wissenschaft kein Zurück gibt. Wir haben vom Baum der Erkenntnis 
gegessen. Die religiösen Vorstellungen werden deshalb auf lange Sicht immer kraftloser werden. 
Sinnvoller erscheint es mir deshalb, die Welt ohne einen "Vater unser" im Himmel zu akzeptieren und sich in dieser Welt als mündige Menschen 
einzurichten. Statt rückwärts zu schauen, gilt es, diejenigen Aufgaben zu 
übernehmen, die man traditionell Gott zugeschoben hat. Dazu gehört vor allem die 
nachvollziehbare Begründung, die breite Vermittlung und die wirksame 
Sanktionierung einsichtiger Regeln des menschlichen Zusammenlebens.
***
Kritisches an einen Gläubigen
Du nennst jede Art von vermeintlich gesichertem Wissen "Glauben" und Du sagst: 
"Es gibt keine Unterschiede in den Glaubenssystemen – seien sie religiös, 
wissenschaftlich, etc." 
Richtig ist, dass sowohl eine religiöse als auch eine wissenschaftliche 
Anschauung der Wirklichkeit ein Für-wahr-halten beinhalten. 
Der Unterschied liegt jedoch in der Art der Begründung. 
Wenn du keinen Unterschied siehst zwischen der Begründung der religiösen 
Überzeugung, dass die Welt vor ca. 6.000 Jahren geschaffen wurde, und der 
Begründung astronomischer Forschungsergebnisse über das Alter der Erde, dann musst du 
schon beide Augen kräftig zukneifen. 
Die Konsequenz dieser begrifflichen Gleichmacherei kann ich Dir auch schon 
verraten. Es dauert nicht lange und es kommt das Argument: "Wenn es sich bei 
Religion und Wissenschaft in beiden Fällen um Glaube handelt, dann sollte man 
doch gleich den 'richtigen' Glauben (eben den religiösen) nehmen, und nicht den 
modernen 'Ersatzglauben' …"
***
Wenn Du sagst, dass es einen Teufel gibt, der die von Gott erschaffene Welt 
vernichtet bzw. vernichten will, und ich bezweifle oder verneine die Existenz 
eines Teufels, begebe ich mich keineswegs außerhalb des Rahmens möglicher 
Erkenntnis auf das Gebiet des Glaubens. Im Gegenteil: es ist eine Frage der 
intellektuellen Redlichkeit, hier die Konsequenzen aus dem zu ziehen, was ich 
erkenne bzw. nicht erkenne.
Es ist ein Leichtes, beliebig viele Behauptungen zu produzieren, die nicht 
widerlegbar sind nach dem Muster: "Es gibt irgendwo im Weltall  
Wesen mit 7 Köpfen, die älter als 1000 Jahre werden."   Wenn kein Ort und keine 
Zeit angegeben wird, wo und wann diese Wesen existieren, so kann diese 
Existenzbehauptung nicht widerlegt werden.
Deshalb ist die Nicht-Widerlegbarkeit bestimmter Annahmen über die Wirklichkeit 
noch kein 
Argument für die rationale Vertretbarkeit dieser Annahmen.
***
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Hat der Mensch eine Seele?
Die Antwort auf diese 
Frage hängt wesentlich davon ab, was man mit dem Wort "Seele" meint. In meinem 
alten Sprachbrockhaus finde ich zwei Hauptbedeutungen. Als "Seele" wird einmal 
das vom sterblichen Körper abtrennbare unsterbliche Wesen bezeichnet. "Seele" 
kann jedoch auch bedeuten: das Innenleben eines Menschen, die Gesamtheit der 
Bewusstseinsvorgänge und Empfindungen.
Offenbar kommt in unserm Fall nur die 
Seele als unsterbliches Wesen in Frage, denn dass ein gesunder Mensch Bewusstseinsvorgänge und Empfindungen hat, 
ist wohl 
nicht streitig.
Die Frage ist somit, ob der Mensch aus einem sterblichen Körper und einer 
unsterblichen Seele besteht. Dabei ist die Seele eines Menschen offenbar so 
beschaffen, wie die Persönlichkeit bzw. der Charakter des betreffenden Menschen. 
Die Seele hat die Eigenschaften der jeweiligen Person, ausgenommen die 
Körperlichkeit und deren Eigenschaften. Körper und Seele bilden zusammen den 
Menschen und nur im Falle des Todes trennt sich die Seele vom Körper und führt 
ein Eigenleben.
Die Vorstellung einer Seele war traditionell mit dem Atem, dem unsichtbaren 
Lebenselixier verbunden. Atem und Seele haben in vielen Sprachen die gleiche sprachliche Wurzel. Wenn ein Mensch stirbt, dann atmet er nicht 
mehr. Der Atem war für unsere Vorfahren dasjenige, was den Körper belebte. Beim 
Sterben haucht der Mensch sein Leben aus und mit dem Atem verließ die Seele den 
Körper. So wie ein Lufthauch, unsichtbar und 
körperlos, stellte man sich die Seele vor. 
Die Seele ist demnach eine Art "Geist", worunter unsichtbare körperlose Wesen verstanden 
werden. In Spukgeschichten kann man dementsprechend gelegentlich Sätze finden 
wie: "Die Seele des Mörders fand keine Ruhe und geisterte Nacht für Nacht durch 
das Schloss". Hat jeder Mensch in diesem Sinne eine Seele und ist damit unsterblich?
Wer schon einmal einen nahen Angehörigen sterben gesehen hat, der hat vielleicht 
auch die Unbegreiflichkeit des Sterbens erlebt. Vor wenigen Minuten hat der 
Sterbende noch mit mir gesprochen, hat sich bewegt, hat mich angesehen - und nun 
liegt dort dieser selbe Mensch, äußerlich unverändert, aber stumm und still. Er sieht noch genauso aus 
wie vor seinem Tode. Aber er rührt sich nicht mehr, sein Atem geht nicht mehr 
und sein Herz schlägt nicht mehr. Er antwortet nicht und reagiert nicht, seine 
Augen sind erstarrt - er ist tot. Er liegt vor mir und ist doch nicht mehr da. 
In dieser Situation, wo plötzlich aus allen Teilen des Körpers das Leben 
verschwunden ist, kann die Vorstellung entstehen, dass die Seele des geliebten 
Menschen seinen Körper als ihre "sterbliche Hülle" verlassen hat. Dass eine 
Person, mit der man eng zusammengelebt hat, mit der man sich unterhalten hat, 
plötzlich einfach tot sein soll, dass sie völlig zerstört und nicht mehr 
vorhanden sein soll, erscheint unbegreiflich. Manchmal braucht ein Mensch Wochen und 
Monate, bis er wirklich begriffen hat, dass der andere nicht mehr da ist.
Die Vorstellung eines vom Körper abtrennbaren unsterblichen Wesens enthält 
zugleich einen großen Trost für die Zurückgebliebenen. Der Verstorbene sieht mir 
aus dem Jenseits zu und es gibt die Hoffnung auf ein Wiedersehen mit ihm am Ende 
aller Tage.
Wenn man diesen Vorgang jedoch nüchtern betrachtet, so ergibt sich das Sterben aus 
dem Nicht-mehr-Funktionieren des Gehirns. Die Hirnströme sind ausgefallen, es 
kann nicht mehr gedacht, nicht mehr erinnert, nicht mehr gefühlt und empfunden 
werden. Es ist so wie mit einem Radio, bei dem der Strom ausgefallen ist, nur 
dass das Radio wieder funktioniert, wenn wieder Strom verfügbar ist. Dagegen 
bleiben beim Menschen nur ca. 8 Minuten Zeit, um den Blutkreislauf 
wieder in Gang zu bringen und damit die notwendige Versorgung der Gehirnzellen 
mit Sauerstoff wieder aufzunehmen. Danach sind die Nervenzellen des Gehirns 
durch Sauerstoffmangel irreparabel zerstört.
Ohne funktionierendes Gehirn gibt es keine Person mit all ihren 
Eigenschaften und Fähigkeiten, selbst wenn der Körper ansonsten völlig intakt 
ist. Man muss daraus folgern, dass der ganze Mensch stirbt, wenn der Körper samt 
Gehirn stirbt. Das führt zu dem Schluss, dass der Mensch keine unsterbliche 
Seele besitzt. Das schließt nicht aus, dass ein verstorbener Mensch in unseren 
Gedanken, Erinnerungen und Träumen weiter "lebendig" ist.  
Gegen diese Ansicht wird manchmal eingewendet, die Seele des Verstorbenen sei 
zwar in der normalen irdischen Welt nicht mehr vorhanden, doch sei sie jetzt 
dafür im "Jenseits", im Paradies, im Himmelreich, im Reich der Toten oder 
in einem andern Lebewesen wiedergeboren. 
Ähnlichem, je nach Religion. Manche, die sich "Spiritisten" nennen, behaupten 
sogar, sie könnten mit den Seelen der Verstorbenen Kontakt aufnehmen. Aber 
bisher wurde diese Behauptung noch niemals durch nachvollziehbare Argumente oder 
Versuche bestätigt. Deshalb muss man annehmen, dass von Spiritisten die  
Trauer der Hinterbliebenen zu andern Zwecken ausgenutzt wird. 
Der Glaube an ein Jenseits, in das die Seelen der Verstorbenen übersiedeln, 
krankt unter anderem daran, dass nicht gesagt werden kann, wo sich dies Jenseits befindet. Wenn gesagt wird, es handele sich um etwas Übersinnliches, das Menschen 
mit ihren Sinnen nicht wahrnehmen könnten, so ist man damit zwar jegliche Kritik 
immun, aber eine solche Immunisierungsstrategie wirft ihre Probleme auf, wie 
im Folgenden dargelegt wird.
Wenn der Gläubige seinen Glauben gegen Kritik zu verteidigen sucht und zu 
Konstruktionen greift wie "Die Existenz Gottes lässt sich nicht beweisen oder 
widerlegen, sonst wäre Gott nicht Gott", dann erinnert mich das an einen Witz, 
wo ein Irrer eifrig die völlig saubere Straße fegt. Es kommt ein Passant vorbei, 
sieht sich das eine zeitlang an und entschließt sich dann zu der Frage: "Sagen 
Sie, warum fegen Sie da eigentlich?"   
Der Irre fegt eifrig weiter und antwortet: "Ich fege die kleinen blauen Männchen 
weg." "Ja, aber ich sehe gar keine blauen Männchen!"   ruft der Passant verwundert. 
Worauf der Irre stolz antwortet: "Ja, da sehen sie mal, wie gut ich fege!"   
Aber Spaß beiseite: Man kann natürlich jederzeit eine Behauptung aufstellen und 
zugleich 
Annahmen machen, die eine Widerlegung dieser Behauptung unmöglich machen. 
Diese Strategie der Abschottung oder "Immunisierung"   gegen Kritik kann man zwar 
einschlagen, aber dadurch wird der Inhalt der Behauptung für andere auch irrelevant. 
Wenn z. B. Herr A behauptet, er könne mit längst Verstorbenen sprechen, aber auf dem 
zur Überprüfung eingesetzten Aufnahmegerät ist davon nichts zu hören, dann kann 
Herr A dafür immer eine nachträgliche Erklärung finden, etwa indem er sagt: "Natürlich bemerken die Geister der Verstorbenen das Mikrofon, und dann bleiben 
sie weg. Das kann man Ihnen nicht verübeln."  
Damit hat Herr A  erst einmal die Kritik abgewendet. Aber 
seine Behauptungen über die Existenz körperloser Geistwesen, die keine Überprüfungen und Kontrollen 
mögen, lohnen damit auch nicht die Diskussion. Etwas Wirkliches, was 
nicht wirkt und nicht wahrnehmbar ist, ist ohne Bedeutung. 
In einer Diskussion, die erkenntnisorientiert ist und das Ziel hat, durch 
Argumente zu einer gemeinsamen Beantwortung der strittigen Fragen zu kommen, 
sind Immunisierungsstrategien nur hinderlich. Sie sind nicht dazu geeignet, 
andere zu überzeugen. 
***
Das Wort 
"glauben" kann verschiedenes bedeuten, was nicht selten zu logischer Verwirrung 
und Fehlschlüssen führt. Es ist deshalb notwendig, die verschiedenen Bedeutungen 
von "glauben" zu klären.
1.) Zum Einen gibt es: "glauben"   im Sinne von
"vermuten, dass es so ist". 
Etwa wenn jemand fragt: "War der 
Briefträger schon da?"   und ein Anderer sagt: "Ich glaube, der 
Briefträger ist schon da gewesen, denn gewöhnlich kommt er 
vor 11 Uhr und jetzt ist es schon nach 12 Uhr."   Damit gibt man 
zu verstehen, dass man nur relativ schwache Gründe für die 
Richtigkeit der gemachten Aussage hat und dass man sich der Richtigkeit der 
Aussage nicht 
sicher ist. 
Im Unterschied dazu sagt man "Ich weiß, dass 
etwas soundso ist", wenn man starke und kaum zu 
erschütternde Gründe für die Richtigkeit eines Annahme hat. Etwa wenn man 
sagt: "Ich weiß, dass der Briefträger schon da war. Ich hab 
vorhin mit ihm gesprochen."
2.) Dann gibt es noch "glauben" im Sinne von: 
"den Äußerungen eines andern glauben". 
Etwa wenn jemand vor Gericht sagt: "Ich glaube dem Zeugen kein Wort." "Jemandem glauben"   heißt hier "jemandem 
in Bezug auf seine Äußerungen vertrauen". Der Unterschied zwischen 
dem "Geglaubten"   in diesem Sinne und dem "Gewussten"   besteht 
darin, dass das "Geglaubte"   hier nur indirekt über das Zeugnis 
anderer gewusst wird, also kein originäres Wissen ist. 
3.) Drittens gibt es noch "glauben" 
im Sinne von "an 
etwas bzw. an jemanden glauben". 
Etwa wenn man sagt "Er 
glaubte bis zuletzt fest an Hitlers Geheimwaffe und den deutschen 
Endsieg."   Diese Art von "Glauben"   hat wenig mit "vermuten"   zu 
tun, im  Gegenteil: Dieser Glaube ist fest und lässt 
gewöhnlich gar keine Zweifel zu. Er verleiht dem Gläubigen 
eine subjektive  Gewissheit unabhängig von jedem Wissen. Er 
gründet sich auch weniger auf Argumente als auf starke 
Emotionen. 
Deshalb wird man von dieser Art Glauben auch weniger "überzeugt"   als zu ihm "bekehrt", und die Ablösung von solchem 
Glauben ist ebenfalls nicht Ergebnis der sachlichen Prüfung 
kritischer Einwände, sondern ein "Abfallen vom Glauben". Diese Abkehr  
vollzieht sich in der Regel nicht ohne starke emotionale Belastung des "Abtrünnigen"   
und erfordert eine gewisse Portion Mut und seelische Kraft.
***
Karl Fromm und Heinz Gottlos diskutieren über:
Staatliche Rechtsnormen und religiöse Vorschriften
Wie können Christen und Nichtchristen, die um einen 
Konsens im Sinne des Allgemeinwohls bemüht sind, argumentieren, wenn es z. B. um 
die Öffnung von Diskotheken am Karfreitag geht, also dem Tag, an dem die 
Christen der Hinrichtung Jesu gedenken und der als der höchste Feiertag der 
Christenheit gilt?
Ein Streitgespräch:
Karl Fromm: Diskotheken und ähnliches dürfen am Karfreitag 
nicht öffnen, denn Tanzvergnügungen sind mit der Trauer um die Kreuzigung Jesu 
nicht vereinbar, der als Gottes Sohn mit diesem Opfergang die Sünden der 
Menschen auf sich genommen hat.
Heinz Gottlos: Das sind doch religiöse Fantasien, die ich als nüchtern 
denkender Mensch nicht akzeptieren kann. Diese Argumentation kann doch nur ein 
gläubiger Christ akzeptieren. Da wir hier aber um einen Konsens zwischen 
Christen und Nichtchristen bemüht sind, sind Argumente ungeeignet, die bereits ein religiöses 
Glaubensbekenntnis voraussetzen.
K.F.: Wollen Sie so tun, als gäbe es keine 
christliche Religion? Wollen Sie alles ignorieren, was wir vom christlichen 
Glauben aus zu sagen haben? Das wäre ja das Ende der freien Religionsausübung.
H.G.: Das habe ich nicht gesagt. Ich habe nur gesagt, dass Ihre 
Argumentation für Nicht-Christen nicht nachvollziehbar ist und deshalb 
ungeeignet ist für die Bestimmung einer Politik, die dem allgemeinen Wohl 
entspricht.
K.F.: Sie unterschlagen, dass wir ein Land mit 
abendländisch-christlicher Kultur und Tradition sind, woraus folgt, dass die 
christlichen Feiertage zu respektieren sind.
H.G.: Es mag ja sein, dass in der Vergangenheit das Christentum unsere 
Kultur geprägt hat und dass die Christen auch heute noch die Mehrheit der 
Bevölkerung darstellen. Aber Sie müssen auch zur Kenntnis nehmen, dass es einen 
erheblichen Prozentsatz von Nicht-Christen gibt, wie mich. Aber davon ganz 
abgesehen: Die Frage, wie viele Menschen einer bestimmten Weltanschauung 
anhängen, ist für die Lösung unseres Problems nicht von entscheidender 
Bedeutung. Dadurch, dass sich die Christen in der Mehrheit befinden, wird ihr 
Weltbild nicht richtiger. In anderen Gesellschaften befinden sich die Christen 
z. B. in der Minderheit.
K.F.: Soll das heißen, dass der Charakter des 
Karfreitags, in dem die zahlreichen Christen in diesem Land um das Leiden des 
Mensch gewordenen Gottessohns trauern, einfach ignoriert werden kann, weil es 
keine wissenschaftliche Begründung des christlichen Glaubens gibt? 
H.G.: Das folgt aus dem, was ich gesagt habe, noch nicht. Ich sage nur, 
dass die Schließung der Diskotheken nicht für mich und auch nicht für die 
Allgemeinheit auf diese Weise nachvollziehbar begründet werden kann.
Ich bin mir wohl bewusst, dass es in diesem Land viele Menschen gibt, die 
christlichen Glaubens sind. Aber es gibt eben auch Nicht-Christen und für diese 
ist ihre Begründung nicht akzeptabel.
K.F.: Sie fordern also, dass die christlichen 
Gemeinden in ihrer Trauer und ihren Gottesdiensten mit dem lautstarken Rummel 
von Rockkonzerten, Bundesligaspielen, Straßenfesten, Flohmärkten oder 
Tanzveranstaltungen gestört und belästigt werden dürfen? Von Respekt vor dem, 
was heilig ist, haben Sie wohl noch nie etwas gehört!?!
H.G.: Was Ihnen heilig ist, ist anderen vielleicht nicht heilig. Aber 
ich teile Ihre Forderung, dass die Trauer von Menschen 
respektiert und nicht durch lärmende Fröhlichkeit gestört werden sollte. Und 
dies gilt für religiöse Gefühle genauso wie für andere Gefühle. Dass derartige 
Verletzungen von Gefühlen etwas Unerwünschtes sind, kann wohl von jedermann 
nachvollzogen werden. 
K.F.: Na also, sie scheinen allmählich etwas zu 
begreifen!
H.G.: Nicht zu voreilig. Für mich folgt daraus nur, dass den Christen 
eine ungestörte Feier des Karfreitags zu gewähren ist. Das heißt aber zugleich, 
dass Aktivitäten und Veranstaltungen, die niemanden stören, der nicht gestört 
werden will, zugelassen werden müssen, sei es ein Radiosender mit Tanzmusik, ein 
Fernsehsender mit einer Komödie, sei es eine Diskothek fernab von der Stadt oder 
ähnliches.
K.F.: Selbstverständlich sind wir um einen Konsens 
zwischen Christen und Nichtchristen bemüht. Wir sind immer diejenigen, die auf 
die Nichtchristen zugehen und die versuchen, mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Wir 
wissen, dass Nichtchristen die Bedeutung des Karfreitags nicht verstehen und 
bemühen uns darum und beten und hoffen, dass sie das, was auf Golgatha geschehen 
ist, einmal begreifen werden. Aber sie 
können von uns doch nicht verlangen, dass wir tatenlos zusehen, wenn einzig ihrem persönlichen Vergnügen folgende Menschen die Mahnung 
und die Erinnerung an die göttliche Wahrheit aus der Öffentlichkeit verbannen 
wollen!
H.G.: Ich freue mich, dass Sie mit mir das Ziel teilen, einen 
Konsens zwischen Christen und Nichtchristen in Bezug auf die Gestaltung des 
Karfreitags zu erreichen. 
Wenn man aber diese Einigung wirklich will, dann kann man nicht für eine 
bestimmte Position allgemeine Geltung verlangen, ohne diese allgemeine Geltung 
auch mit allgemein nachvollziehbaren Argumenten einsichtig begründen zu können. 
Eine solche Argumentation ermöglicht keinen Konsens, sondern verhindert ihn.
Wenn Sie folglich auf der allgemeinen Geltung Ihrer christlichen Position 
bestehen und wenn diese Position auch für mich gelten soll, obwohl es für diese 
Position keine allgemein nachvollziehbare und überprüfbare Begründung gibt, dann 
war ihr anfängliches Bekenntnis zur vernünftigen Einigung nur ein Lippenbekenntnis, das Sie nicht ernst gemeint haben.
Zum Vorschein kommt bei Ihnen ein nicht zu begründendes autoritär gesetztes 
Dogma, dem sich alle unterzuordnen haben. 
Eine Wahrheit, die nicht einsichtig ist, ist von der Unwahrheit nicht zu 
unterscheiden.
Eine selbsternannte Rechtgläubigkeit schafft keinen Konsens. 
Solche Orthodoxie ist gegenüber den anders Denkenden nicht mehr als eine 
Aufforderung zu gehorchen.
Wenn Sie das nicht wollen sondern einen vernünftigen, auf nachvollziehbaren 
Argumenten aufgebauten Konsens, dann überdenken Sie bitte Ihre Position in 
dieser Frage noch einmal.
K.F.: Wir Menschen mit unserem begrenzten menschlichen Verstand sind doch 
ohne die göttliche Offenbarung gar nicht in der Lage zu 
erkennen, was richtig, wahr und gut ist!
H.G.: Dass Sie meine Argumente mit dem Hinweis auf meine geistige Beschränktheit 
entkräften wollen, habe ich nicht ohne eine gewisse Betroffenheit zur Kenntnis 
genommen.
Ihnen muss dabei doch klar sein, dass eine solche pauschale 
Unmündigkeitserklärung des Diskussionspartners kein Argument 
innerhalb einer konsensorientierten Diskussion sein kann, weil sie damit 
gleichzeitig einer derartigen Diskussion die Grundlage entzieht. 
Das erklärte Ziel eines Konsenses ist damit aufgekündigt, denn jedes von mir 
vorgebrachte Argument kann von Ihnen jetzt mit dem Hinweis entkräftet werden, 
dass ich in meiner Beschränktheit nicht in der Lage sei, zu erkennen was wahr 
und gut ist. Das ist natürlich das Ende jeder vernünftigen, 
erkenntnisorientierten Diskussion.
Sie müssen sich also entscheiden: Entweder Sie bleiben bei unserm gemeinsamen 
Ziel eines allein durch Argumente zu erreichenden Konsenses oder Sie geben offen 
zu, dass es Ihnen nur um die Durchsetzung Ihrer religiösen Vorschriften geht.
In diesem Fall verlassen Sie die Ebene der argumentativen Auseinandersetzung und 
begeben sich auf die Ebene der machtbezogenen Auseinandersetzung, wo nicht 
Argumente sondern Druckmittel und Sanktionsmöglichkeiten zählen.
Ich hoffe, dass Sie unter diesem Gesichtspunkt Ihre Diskussionsstrategie noch 
einmal überdenken und zu einer nachvollziehbaren Argumentation zurückkehren. 
Ansonsten muss ich Ihre Berufung auf die allgemeingültige Wahrheit und Ihr 
Bekenntnis zum Ziel eines Konsenses bezeichnen als das, was es ist: ein leeres 
Wortgeklingel, dass die nackte Forderung auf Unterwerfung unter ein Dogma nur 
unvollkommen verbergen kann.
K.F. (wendet sich zum Gehen): Das ist Ihre 
subjektive Meinung!
H.G.: Selbstverständlich vertrete ich hier meine subjektive Meinung, 
aber es ist nicht nur meine subjektive Meinung, die ich hier vertrete, sondern nach der 
abgelaufenen Diskussion habe ich gute Gründe, diese Meinung auch für richtig zu 
halten. Ich kann den Anspruch auf deren allgemeine Geltung begründen. 
Darin besteht nach unserer Diskussion der entscheidende Unterschied zwischen 
Ihrer Meinung und meiner Meinung. Mit dem Satz: "Das ist Ihre subjektive 
Meinung!"   versuchen Sie nun, diesen Unterschied wieder zu verwischen.
***
Siehe auch 
die folgenden thematisch verwandten Texte in der Ethik-Werkstatt:
      
Hat das Leben einen Sinn? * 
(11 K)
      
Die 7 Welträtsel ** (40 K)
       
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Letzte Bearbeitung 24.06.2008 / Eberhard Wesche
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