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Kants Kritik und Neubegründung der Metaphysik
Dargestellt anhand der Einleitung zur "Kritik der reinen Vernunft".
 Zitiert wird nach: W. Weischedel (Hg.): Immanuel Kant – Werkausgabe, Band 
III
 erschienen im Suhrkamp Verlag, Frankfurt a. M., 3. Auflage 1977
Die Kant-Zitate wurden durch Zusätze in eckigen Klammern heutigen Lesern verständlicher gemacht
 
Das metaphysische Bedürfnis der Menschen
Nach Kant stellen die Menschen von Natur aus Fragen, die über den Bereich der 
erfahrbaren Wirklichkeit hinausgehen. "Die menschliche Vernunft geht 
unaufhaltsam ... durch eigenes Bedürfnis getrieben bis zu solchen Fragen fort, 
die durch keinen Erfahrungsgebrauch der Vernunft ... beantwortet werden können 
..." [S.60] Diese Fragen, die nicht durch sinnliche Erfahrung beantwortet werden 
können, gehören zur Metaphysik. Wie Kant feststellt, "ist wirklich in allen 
Menschen ... irgendeine Metaphysik zu aller Zeit gewesen, und wird auch immer 
darin bleiben." 
Kant hält die metaphysischen Fragen für wichtiger als irgendwelche empirischen 
Fragen. In den "Erkenntnissen, welche über die Sinnenwelt hinausgehen, wo 
Erfahrung gar keinen Leitfaden noch [eine] Berichtigung geben kann, liegen die 
Nachforschungen unserer Vernunft, die wir der Wichtigkeit nach für weit 
vorzüglicher ... halten als alles, was der Verstand im Felde der Erscheinungen 
lernen kann" [S.49]. Zentrale Themen der Metaphysik "sind Gott, Freiheit und 
Unsterblichkeit" [S.49].
Kant vergleicht seine Aufgabe in Bezug auf 
die Metaphysik mit der Arbeit eines Gärtners. Er möchte "eine der menschlichen 
Vernunft unentbehrliche Wissenschaft, von der man wohl jeden hervorgeschossenen 
Stamm abhauen, die Wurzel aber nicht ausrotten kann, durch eine andere, der 
bisherigen ganz entgegengesetzte Behandlung endlich einmal zu einem gedeihlichen 
und fruchtbaren Wuchse ... befördern" [S.60].
Kants Kritik an der Metaphysik seiner Zeit
Nicht 
zuletzt aufgrund seiner Auseinandersetzung mit Humes "Enquiries Concerning Human 
Understanding" kritisiert Kant an der Metaphysik seiner Zeit vor allem, dass man 
- ohne sich dessen bewusst zu sein - von den üblichen, rein logischen Begriffszergliederungen 
übergeht zu Aussagen, die sich auf etwas beziehen, das in den  
Begriffen gar nicht enthalten ist. "So erschleicht die Vernunft, ohne 
es selbst zu merken, ... Behauptungen von ganz anderer Art [als die 
zergliedernden analytischen 
Urteile], ... [indem] die Vernunft zu gegebenen Begriffen ganz fremde [Begriffe] 
und zwar a priori [d.h. ohne Hinzuziehung der Erfahrung] hinzu tut, ohne dass man weiß, wie sie dazu gelang[t]" 
[S.51f.]. 
Für Kant ist deshalb die Beantwortung der Frage vordringlich: 
"Wie sind synthetische [d.h. nicht nur analytische] Urteile a priori möglich?" 
[S.58] 
"Dass die Metaphysik bisher in einem so schwankenden Zustande der Ungewissheit 
und Widersprüche geblieben ist, ist lediglich der Ursache zuzuschreiben, dass 
man sich diese Aufgabe [die Beantwortung der obigen Frage] und vielleicht sogar 
den Unterschied der analytischen und synthetischen Urteile nicht" 
[S.58] bewusst machte. "Das 
Stehen und Fallen der Metaphysik" [S.58] beruht nach Kant darauf, dass entweder 
die Möglichkeit synthetischer Urteile a priori nachgewiesen wird oder aber dass 
nachgewiesen wird, dass es solche Urteile nicht geben kann.
Die Notwendigkeit einer kritischen Prüfung der Möglichkeiten und Grenzen 
reiner Vernunft
Es 
bedarf deshalb für Kant "einer Wissenschaft, welche die Möglichkeit, die 
Prinzipien und den Umfang aller Erkenntnisse a priori", also der Erkenntnisse 
aus reiner Vernunft, bestimmt. Diese Wissenschaft bezeichnet Kant als "Kritik der 
reinen Vernunft".
Der 
dogmatische Gebrauch der Vernunft ohne vorherige kritische Prüfung der 
Möglichkeiten und Grenzen reiner Vernunft führt für Kant "auf grundlose 
Behauptungen, denen man ebenso scheinbare [Behauptungen] entgegensetzen kann, mithin zum 
Skeptizismus"
Kants Methode der transzendentalen Erkenntnis
Um die Möglichkeiten und Grenzen der Erkenntnis a priori, also aus reiner 
Vernunft, zu bestimmen, hat Kant die transzendentale (von lateinisch 'transcendens’ 
= 'hinüberschreitend’) Methode entwickelt. 
Kant nennt "alle Erkenntnis transzendental, die sich nicht [allein] mit 
Gegenständen [beschäftigt], sondern [zugleich] mit unserer Erkenntnisart von 
Gegenständen, so fern diese a priori möglich sein soll" [S.63]  Die transzendentale 
Kritik soll "den Probierstein des Werts oder Unwerts aller Erkenntnisse a 
priori" schaffen. Damit wäre für Kant die Metaphysik auf eine tragfähige 
Grundlage gestellt. 
Ein mögliches Resultat der transzendentalen Fragestellung könnte es z. B. sein, 
"dass 
selbst unsere Erfahrungserkenntnis ein Zusammengesetztes aus dem sei, was wir 
durch Eindrücke empfangen, und dem, was unser eigenes Erkenntnisvermögen (durch 
sinnliche Eindrücke bloß veranlasst) aus sich selbst hergibt" [S.45].
Siehe auch 
die folgenden thematisch verwandten Texte in der Ethik-Werkstatt:
   
   Kants Konzeption synthetischer Urteile a 
priori *** (42 K)
  
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der Metaphysik"  
Letzte Bearbeitung 29.12.2008 / Eberhard Wesche
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