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Methodologie der empirischen Politikwissenschaft
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Inhalt:
     
1. Methodenprobleme der beschreibenden Politikwissenschaft: 
Intersubjektiv übereinstimmende Wahrnehmung als Wahrheitskriterium
Die Beschreibung vergangener Sachverhalte
Hintergrundtheorien
Aussagen mit zusammenfassenden Begriffen
Aussagen über innerpsychische Sachverhalte
Motivunterstellungen
Positive Behauptungen mit verstecktem normativem Inhalt
Die Selektivität jeder Beschreibung
Die Werthaltigkeit beschreibender Aussagen
Die Beschreibung durch Bilder und Metaphern
      2. Methodenprobleme der erklärenden Politikwissenschaft:
 
Die Grenzen deskriptiver Aussagen
Orientierungshypothesen
Das deduktive Erklärungsmodell
Statistische Zusammenhänge
Experimentelle Verfahren zur Aufdeckung empirischer Regelmäßigkeiten
Die Theorie der Zufallsstichprobe
Quasi-experimentelle Anordnungen
Theoriebildung in der Politikwissenschaft: Modelle rationalen Verhaltens
Konzeptionen einer verstehenden Politikwissenschaft
Anhang: Notizen zur empirischen Methodologie
Textanfang
Einleitung
Den Kern der empirischen Politikwissenschaft machen "positive"   Behauptungen aus. "Positiv"   sollen all jene Behauptungen genannt werden, die etwas über die 
Beschaffenheit der Wirklichkeit behaupten. (Das Wort stammt aus dem Lateinischen, 
wo "positivum"   soviel bedeutet wie "gegeben".) Statt von "positiver Wissenschaft"   
wird auch von "Realwissenschaft"   oder "Erfahrungswissenschaft"   gesprochen. 
Bei den positiven Behauptungen handelt es sich nicht um eine 
einheitliche Gruppe, denn man kann in Bezug auf die Beschaffenheit der Realität 
unterschiedliche Arten von Fragen stellen : 
- Ist ein bestimmter Sachverhalt gegeben?
- Warum existiert ein bestimmter Sachverhalt? 
- Welche Folgen wird ein bestimmtes Ereignis haben? 
- Unter welchen Umständen ist das Eintreten eines bestimmten Sachverhalts 
möglich? 
- Wie 
wahrscheinlich ist das Eintreten eines Ereignisses unter den jetzigen 
Bedingungen?
- etc. etc.
Dementsprechend gibt es auch unterschiedliche Arten von positiven Behauptungen 
über die Realität als Antworten auf diese Fragen.
1. Methodenprobleme der beschreibenden Politikwissenschaft
Begonnen werden soll mit der methodologischen Analyse der relativ einfachsten 
Gruppe positiver Behauptungen, den beschreibenden bzw. "deskriptiven Aussagen".
(Eine Anmerkung zur Terminologie: Der Terminus "Aussage"   wird in der 
logisch-empirischen Tradition für solche Sätze reserviert, die einen Sachverhalt 
behaupten und grammatisch in der Form des Indikativs auftreten. Insofern 
entspricht eine "Aussage"   einer "positiven Behauptung"   nach der hier verwendeten 
Terminologie). 
Unter einer "beschreibenden Aussage"   sollen solche Behauptungen verstanden 
werden, die über raum-zeitlich bestimmte Phänomene der Wirklichkeit informieren, 
die also einen konkreten Sachverhalt feststellen und beschreiben. Der 
allergrößte Teil der in der Politikwissenschaft gemachten Behauptungen ist von 
derart deskriptiver Art. 
Beispiele für deskriptive Aussagen sind etwa: 
"Am 7. Juni 1948 beschloss eine in London tagende Konferenz der westlichen 
Alliierten (England, Amerika, Frankreich und die Beneluxländer), eine 
westdeutsche Konstituante einzuberufen, mit dem Auftrag, eine 'föderative 
Regierungsform mit angemessener Zentralautorität' zu schaffen."   (W. THEIMER, 
Lexikon der Politik, Hamburg: Auerdruck 1952, S. 137.) 
"Der erste Bundestag wurde in Westdeutschland am 14. August 1949 gewählt. Die 
Wahlbeteiligung betrug 78,5 %. Gegenüber den Landtagswahlen zeigt  sich eine 
leichte Rechtsverschiebung."   (THEIMER S. 139) 
"Der Wachstumsprozess in der BRD-Wirtschaft vollzog sich keineswegs so 
gleichförmig, wie es zunächst durch die Angabe einer durchschnittlichen 
Wachstumsrate von ca. 6,5% erscheint."   (Aus: Projekt Klassenanalyse, Materialien 
zur Klassenstruktur der BRD. 2. Teil. Westberlin: VSA 1974, S. 49.) 
"Unter den Arbeitern überwiegt … auch heute noch die Meinung, sie seien eine in 
zentralen Bereichen benachteiligte gesellschaftliche Gruppe."   (aus: M. SCHUMANN, 
Am Beispiel der Septemberstreiks .., nach K. H. HÖRNING: Der 'neue' Arbeiter, 
Frankfurt a.M.: Fischer TV 1971, S. 240.)
Intersubjektiv übereinstimmende Wahrnehmung als Wahrheitskriterium
All diese Aussagen behaupten bestimmte reale Sachverhalte. Wie lässt sich 
nun der darin enthaltene Anspruch auf Wahrheit bzw. Allgemeingültigkeit 
überprüfen? Wie lässt sich feststellen, ob sich über diese Aussagen ein 
argumentativer Konsens herstellen lässt? 
Offenbar spielt bei der Herstellung eines Konsens in solchen Fragen die 
Wahrnehmung der Individuen eine zentrale Rolle. Wenn die Wahrheit der 
Behauptung: "Hier im Raum befinden sich jetzt 4 Stühle"   überprüft werden soll, 
so müsste jeder sich "mit eigenen Augen"   von der Richtigkeit dieser Behauptung 
überzeugen können, d. h. jeder müsste aufgrund eigener Wahrnehmung zu der 
gleichen Aussage gelangen können. (Voraussetzung dafür ist allerdings, dass auch 
jeder mit dem Satz und seinen Wörtern die gleiche Bedeutung verbindet.)
In der wissenschaftlichen Praxis ist bei direkt beobachtbaren Sachverhalten die 
Übereinstimmung der Wahrnehmung der verschiedenen Individuen gewöhnlich 
unproblematisch. Erkenntnistheoretisch lässt sich jedoch selbst in diesem 
einfachsten Fall die Wahrheitsfrage noch weiter problematisieren. Es könnte ja 
sein, dass jemand sagt: "Ich sehe keine Stühle in diesem Raum". Insofern die 
Übereinstimmung der Erfahrung verschiedener Subjekte gefordert ist, bleibt der 
Konsens eine problematische Angelegenheit. 
In der wissenschaftstheoretischen Literatur wird die Problematik der 
Erfahrungsbasis der positiven Wissenschaft ausführlich diskutiert, und vor allem 
seit Poppers Arbeit "Logik der Forschung"   (zuerst erschienen 1935) und der darin 
enthaltenen Diskussion der so genannten "Basissatz-Problematik"   ist man von der 
Vorstellung abgerückt, dass es mit den Sinneseindrücken ein unbezweifelbares und 
sicheres Fundament der positiven Wissenschaften gibt, das man nur noch protokollieren 
muss. (Einen Überblick über diese Diskussion gibt W. STEGMÜLLER, 
Hauptströmungen der Gegenwartsphilosophie, Stuttgart: Kröner 1965, 3.Aufl., 
S. 445-449).
Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass selbst für die Überprüfung 
einfachster Sachverhalte gewöhnlich die bloße Wahrnehmung nicht ausreicht, 
sondern erklärende Theorien und Gesetzmäßigkeiten herangezogen werden müssen.
Ein Beispiel von CARNAP mag dies verdeutlichen: Wenn jemand den Satz "Auf diesem 
Tisch liegt ein Stück weißes Papier"   bezweifelt, weil er meint, das sei kein 
Papier, so kann man versuchen, aus diesem Satz Voraussagen abzuleiten und 
überprüfen, ob diese eintreffen. Wenn die Gesetzmäßigkeit gilt, dass Papier 
durch eine Streichholzflamme zum Brennen gebracht werden kann, so könnte man 
eine Bestätigung dadurch erhalten, dass man das Papier in eine Streichholzflamme 
hält. 
Oder um ein politisches Beispiel zu wählen: Um festzustellen, ob die in 
den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts in den USA veröffentlichten Tonbänder mit kompromittierenden Äußerungen über die 
Strategie zur Verhinderung einer islamischen Revolution im Iran tatsächlich vom 
abgesetzten Schah 
Reza Pahlevi stammen, kann man Stimmenvergleiche unter Heranziehung akustischer 
und phonetischer Theorien vornehmen. 
Der enge Zusammenhang zwischen rein beschreibenden Aussagen und theoretischen 
Aussagen über Regelmäßigkeiten bzw. Gesetzmäßigkeiten der Realität ergibt sich 
dadurch, dass für die Formulierung der beschreibenden Aussage nicht nur solche 
Wörter verwendet werden, die einen raum-zeitlich bestimmten individuellen Gegenstand 
bezeichnen, also Eigennamen wie "SPD", sondern auch Begriffe von allgemeinem 
Charakter, die eine ganze Klasse von Gegenständen bezeichnen, wie etwa im 
letzten Beispiel "menschliche Stimme"   oder "Tonbandaufnahme".
Über die menschliche Stimme und ihre Veränderbarkeit sowie über die 
Tonbandtechnik existieren nun vielfältige Kenntnisse allgemeiner Art, die auf den einzelnen, 
singulären Fall angewandt werden können, um den beschreibenden Satz "Die Stimme 
auf dem Tonband ist die Stimme des Schahs"   zu bestätigen oder zu widerlegen. 
Damit wird die Wahrheit der rein beschreibenden Aussage 
abhängig von der Wahrheit der herangezogenen Theorien. (Zu diesen so genannten "Hintergrundtheorien"   s. a. K. D. OPP, Methodologie der Sozialwissenschaften, 
Reinbek: Rowohlt 1970, S. 283ff.).
Die Beschreibung vergangener Sachverhalte
Durch die verschiedensten Umstände kann auch die Feststellung der Wahrheit 
rein deskriptiver Aussagen sehr erschwert werden oder überhaupt unmöglich 
gemacht werden. Dieser Fall tritt etwa ein, wenn der Sachverhalt in der Vergangenheit 
liegt. 
Mit der Feststellung vergangener Sachverhalte und den Problemen, die dabei 
auftauchen, haben z. B. Gerichte und Historiker zu tun. Man zieht - wenn möglich 
- 
Augenzeugenberichte und Quellen oder auch "Indizien"   heran, um die tatsächlichen 
Vorgänge zu rekonstruieren. Doch die Fehlerquellen sind bekannt: 
Erinnerungslücken, Wahrnehmungslücken, Probleme der "Echtheit"   der Quellen, 
bewusste Verfälschungen, Unzugänglichkeit der Quellen für den Wissenschaftler 
etc. 
Wo Zeugen fehlen und Quellen mangelhaft sind, lässt sich häufig die 
Wahrheit von Behauptungen über vergangene Sachverhalte überhaupt nicht mehr 
feststellen.
Aussagen mit zusammenfassenden Begriffen
Ein weiteres und für die Politikwissenschaft wichtiges Problem ergibt sich 
dann, wenn sich die beschreibende Aussage auf nicht unmittelbar beobachtbare 
Sachverhalte bezieht wie etwa bei Aussagen über gesamtgesellschaftliche oder 
psychische Sachverhalte. Die Wachstumsraten einer Volkswirtschaft oder die 
politischen Einstellungen von Arbeitern lassen sich nicht unmittelbar beobachten.
Trotzdem sind diese Aussagen als Beschreibungen der im Prinzip für jedermann 
zugänglichen, gemeinsamen Wirklichkeit gemeint und nicht als Aussagen über nicht jedermann 
zugängliche Spezialwelten wie bei manchen religiösen Weltanschauungen. Damit 
stellt sich die Frage, wie sich auch dann ein argumentativer Konsens herstellen lässt, 
wenn Begriffe benutzt werden, die keine unmittelbar empirische Bedeutung besitzen.
Wenn solche Aussagen trotzdem etwas Bestimmtes über die erfahrbare 
Wirklichkeit aussagen sollen, müssen sie zumindest einen indirekten Bezug zur 
beobachtbaren Wirklichkeit haben. Eine der häufigsten Ursachen unfruchtbarer 
Polemiken in der Politikwissenschaft ist das Fehlen eines klaren empirischen 
Bezugs der strittigen Thesen. 
Bei der zitierten Aussage über die Entwicklung der ökonomischen Wachstumsrate 
lässt sich der empirische Bezug noch einigermaßen kontrolliert nachvollziehen. 
Aus dem Zusammenhang ergibt sich hier, dass die Aussage auf die 
Wirtschaftsentwicklung der Bundesrepublik im Zeitraum von 1950-1970 bezogen ist, 
und dass das "reale"   und nicht das "nominale"   Wachstum des Bruttosozialprodukts 
gemeint ist, dass also Preissteigerungen durch den Bezug auf die Preise von 1962 
eliminiert wurden. 
In der Amtlichen Statistik, die als Quelle von den Autoren angegeben wird, 
wird das Bruttosozialprodukt definiert als: "Von Doppelzählungen (Vorleistungen) 
bereinigter Marktwert der durch die Volkswirtschaft neu erzeugten Güter und 
Dienstleistungen vor Abzug der Abschreibungen und sonstigen 
Betriebsrückstellungen."   (W. WETZEL / K. GRENZDÖRFER: Stichworte und 
Definitionen zur Amtlichen Bevölkerungs- und Wirtschaftsstatistik der 
Bundesrepublik Deutschland. Berlin: Gruyter 1965.) 
Auch über die Bedeutung der in der Definition des realen Bruttosozialprodukts 
verwandten Begriffe wie "Vorleistungen", "Abschreibungen", "Preisentwicklung des 
Sozialprodukts"   etc. finden sich in den Begriffserläuterungen der amtlichen 
Statistik weitere Hinweise. Damit ist der Begriff "Wachstumsrate des 
Sozialprodukts"   im Prinzip auf beobachtbare Sachverhalte - wie z. B. der Wert der 
getätigten Umsätze - reduziert. Ein anderes Problem ist es, wie die vielen 
Millionen von Daten, die für die Berechnung des Bruttosozialprodukts nötig sind, 
tatsächlich erfasst werden können und wie zuverlässig z. B. das bestehende System 
der Amtlichen Statistik in dieser Hinsicht ist. 
Ist das "Bruttosozialprodukt"   als Terminus der amtlichen Wirtschaftsstatistik 
ein aus mehreren Einzelphänomenen zusammengesetzter, aber noch mit einem relativ 
eindeutigen Bezug zur Realität ausgestatteter Begriff, so wird das bei anderen 
politischen Begriffen schwieriger. Wenn etwa gesagt wird: "Seit 1975 gibt es in 
der Bundesrepublik einen zunehmenden Rechtstrend", so handelt es sich bei dem 
Begriff "Rechtstrend"   um einen Begriff, der Phänomene aus den verschiedensten 
politischen Bereichen umfassen kann, ohne dass eindeutig bestimmt wäre, wie die 
Zusammenfassung und Gewichtung dieser Phänomene vorzunehmen ist. Heranzuziehen 
wären etwa folgende Bereiche: die Wahlergebnisse von Rechtsparteien, 
Verschiebungen in Programmatik und praktischer Politik aller Parteien nach 
rechts, Verschiebungen in den Einstellungen von Massenmedien und der Bevölkerung 
nach rechts oder eine verstärkte Aktivität und wachsende Mitgliederzahl 
rechtsgerichteter Verbände. 
Selbst wenn man sich in der Definition dessen, was als politisch "rechts"   
anzusehen ist, einig ist, können sich aus unterschiedlichen 
Tendenzen in den Teilbereichen der Politik und aus einer unterschiedlichen 
Gewichtung der Phänomene unterschiedliche Auffassungen darüber ergeben, ob in 
der Bundesrepublik  eine 
Entwicklung nach politisch rechts stattgefunden hat oder nicht. Ein solcher 
Dissens kann dabei 
selbst dann bestehen, wenn man sich über die einzelnen Fakten  
einig ist. Unter diesem Gesichtspunkt ist der Streit um derartig unpräzise 
Globalbehauptungen eher müßig. 
Analoge Probleme ergeben sich bei allen Aussagen, die nicht näher präzisierte 
zusammenfassende Begriffe benutzen wie: "Schärfe der Klassenauseinandersetzung"   
oder "Grad der Lebensqualität". 
Ähnliche Probleme ergeben sich auch bei globalen Aussagen über Kollektive. So 
ist z. B. die Aussage: "Die politische Aktivität der Studentenschaft ist heute 
niedriger als 1971"   als solche nicht auf einen präzisen Sachverhalt beziehbar, 
denn bestimmte Teile der Studentenschaft mögen heute aktiver sein als früher, 
während andererseits die Zahl derer, die überhaupt aktiv sind, geringer sein 
mag. Wer ist "die Studentenschaft"  ? Sind es die Studentenorganisationen oder die 
einzelnen Studenten? 
Besonders deutlich wird diese Problematik an dem Zitat 
aus dem Philosophischen Wörterbuch von KLAUS/BUHR: "Durch die Entwicklung der 
marxistisch-leninistischen Theorie und die Herausbildung der revolutionären 
proletarischen Partei wurde die Arbeiterklasse aus einer 'Klasse an sich' zu 
einer 'Klasse für sich', die sich ihrer Aufgabe, Totengräber der 
kapitalistischen Gesellschaft und Schöpfer der sozialistischen Gesellschaft zu 
sein, bewusst ist."   (KLAUS/BUHR, S.105) 
Die Arbeiterklasse setzt sich aus Millionen von Individuen zusammen. Was soll es 
bedeuten, wenn der Arbeiterklasse als ganzer ein bestimmtes Bewusstsein 
zugeschrieben wird? Sind alle Arbeiter gemeint? Ist die Mehrzahl der Arbeiter 
gemeint? Ist der typische Arbeiter 
gemeint? Sind die Führer der Arbeiter gemeint? Sind die Organisationen der 
Arbeiter gemeint? Sofern dies nicht näher 
präzisiert wird, fehlt ein eindeutiger Bezug zu realen Sachverhalten.
Aussagen über innerpsychische Sachverhalte
Auch Aussagen über psychische Sachverhalte sind nicht unmittelbar 
beobachtbar. Hierzu gehören etwa Aussagen über Einstellungen, Werte, Absichten, 
Motive, intellektuelle Fähigkeiten und sonstige Charaktereigenschaften. Wie 
lässt sich z. B. die Behauptung "Unter den Arbeitern überwiegt 
… auch heute noch die Meinung, sie seien eine in zentralen Bereichen 
benachteiligte gesellschaftliche Gruppe"   empirisch bestätigen? (aus: K.H. HÖRNING, 
S.240) 
Wenn man annimmt, dass Menschen ihre Meinungen äußern, wenn sie danach 
gefragt werden, hat man mit den Meinungsäußerungen bei Umfragen empirische 
Daten, von denen sich auf die Meinung zurück schließen lässt. So wurde in 
der genannten Untersuchung den Arbeitern die Frage vorgelegt: "Glauben Sie, 
dass die Arbeiter in unserer Gesellschaft benachteiligt sind oder sind sie 
gleichberechtigt mit anderen Gruppen?"   61% der befragten Arbeiter sahen sich als "benachteiligt"   und 21% sahen die Arbeiter als "gleichberechtigt". Mit den 
Problemen, die beim Rückschluss von verbalen Äußerungen und Verhalten auf 
zugrunde liegende Einstellungen, Meinungen, Interessen usw. auftreten, befasst 
sich insbesondere die Theorie der Interviewtechnik.
Eine wichtiger Bereich von nicht direkt beobachtbaren psychischen 
Sachverhalten sind die Motive (Ziele, Absichten) von politischen Akteuren. In 
zeitgeschichtlich orientierten politikwissenschaftlichen Untersuchungen geht es 
häufig um die Beschreibung politischer Auseinandersetzungen zwischen den 
verschiedenen politischen Kräften. Dabei wird jedoch gewöhnlich nicht nur das 
unmittelbar der Wahrnehmung zugängliche Verhalten der Akteure beschrieben, 
sondern diesem Verhalten werden bestimmte Ziele und Absichten beigelegt, es wird 
als Handeln interpretiert und den Akteuren werden  bestimmte Motive unterstellt. 
Das Problem bei derartigen Motivunterstellungen besteht darin, dass eine 
bestimmte Handlung sehr verschiedenen Motiven entspringen kann. Wenn z. B. eine 
Regierungskoalition ein Gesetz durchbringt, das einer bestimmten Gruppe der 
Bevölkerung unmittelbar Vorteile bringt, wie z. B. die Verbesserung des 
Mutterschutzes für berufstätige Frauen, so kann man diese Gesetzesreform mit den verschiedensten 
Absichten verknüpfen. Die Regierungskoalition mag das getan haben, 
- "um den 
berufstätigen Müttern ihre schwierige Lage zu erleichtern", 
- "um die zunehmende 
politische Unruhe unter den Frauen zu bekämpfen und weitergehende Forderungen 
abzuwehren", 
- "um das weitere Absinken der Geburtenrate mit seinen negativen 
wirtschaftlichen Folgen zu bekämpfen". 
Jedes mal erscheint das Handeln der 
Regierung in einem andern Licht. 
Ein Beispiel aus der deutschen Geschichte mag dies noch einmal verdeutlichen: 
"Als nach dem Aufstand der Matrosen am 3.November 1918 die Spartakusgruppe 
systematisch zur Revolution drängte, womit sie auch am 7. November in 
Nordwestdeutschland und in Bayern Erfolg hatte, sah sich angesichts der auch auf 
Berlin übergreifenden revolutionären Welle die Mehrheitssozialdemokratie zum 
schnellen Handeln gezwungen. Ebert war keineswegs für die Beendigung der 
Monarchie. .. Ebert versuchte noch, den Kanzler Prinz Max von Baden, in dessen 
Regierung die SPD mit Scheidemann im Oktober 1918 eingetreten war, als 
Reichsverweser zur zumindest vorläufigen Bewahrung der Monarchie zu gewinnen. 
Die Ereignisse überstürzten sich aber nun. Am Mittag des 9. November 1918 rief 
Philipp Scheidemann vom Fenster des Reichstages die Republik aus, um die 
Wiederholung der russischen Vorgänge in Deutschland zu vermeiden."   (G. Olzog / 
A. Herzig: Die politischen Parteien in der Bundesrepublik Deutschland. 
München-Wien: Olzog 1973, S.70-71). 
Eine Aussage, wie die, dass die Mehrheitssozialdemokratie "diesen Umsturz 
nicht gewollt … hatte", bezieht sich offensichtlich nicht auf einen direkt 
beobachtbaren Sachverhalt, sondern lässt sich nur indirekt aus bestimmten 
beobachtbaren Tatbeständen und unter Zuhilfenahme bestimmter theoretischer 
Annahmen erschließen. Vor allem kann man nicht einfach auf Selbstdarstellungen 
der eigenen Absichten zurückgreifen, da es in politischen Auseinandersetzungen 
für die Akteure häufig vorteilhaft ist, ihre wahren Absichten zu verbergen. 
Um zu verhindern, dass beliebige Motivunterstellungen vorgenommen werden, die 
geeignet sind, die betreffenden Akteure herabzusetzen oder aufzuwerten, müssen 
die methodologischen Kriterien solcher Motivunterstellungen geklärt werden. 
Wenn keine glaubwürdigen eigenen Äußerungen über die mit bestimmten 
Handlungen verbundenen Absichten vorliegen, so lassen sich diese nur auf sehr 
komplizierte Weise erschließen, wozu hier nur einige Hinweise gegeben werden 
können. 
Wenn man davon ausgeht, dass ein Akteur bestimmte Wert- und 
Interessenstrukturen hat, die er möglichst verwirklichen möchte, so muss man 
zuerst analysieren, welche Handlungsmöglichkeiten ihm in einer bestimmten 
Situation offen stehen. 
Man muss dann zeigen, dass diejenige Handlungsmöglichkeit, die seinen 
eigentlichen Zielen am nächsten kommt, nicht gewählt werden kann, weil sie 
Konsequenzen mit zu großen Nachteilen für den Akteur hätte, also mit anderen, 
wichtigeren Zielen in Konflikt gekommen wäre. Aufgrund solcher Nachteile könnte 
man davon sprechen, dass jemand "gezwungen"   war, statt der direkten Verfolgung 
seines eigentlichen Zieles eine andere Handlung zu wählen. 
Im obigen Beispiel argumentieren die Autoren folgendermaßen: 
"Ebert war 
keineswegs für die Beendigung der Monarchie. Das Schicksal Wilhelms II. hielt er 
erst für entschieden, als er sehen musste, dass durch dessen Person der 
Linksradikalismus gestärkt wurde."   (OLZOG/HERZIG, S. 71). Die Führer der 
Mehrheitssozialdemokratie haben danach also eigentlich nicht die Republik 
errichten wollen, sondern sie haben die Republik nur deshalb ausgerufen, weil 
sie Schlimmeres verhindern wollten, nämlich den Sieg des Spartakusbundes und die "Wiederholung der russischen Vorgänge". 
Ohne über die historische Richtigkeit dieser Darstellung hier entscheiden zu 
wollen, soll doch auf einige Probleme dieser Argumentation hingewiesen werden. 
Ausgegangen wird dabei von der Annahme folgender Zielstruktur bei Ebert, die 
dann auf die Mehrheitssozialdemokratie übertragen wird: Sein eigentliches Ziel 
war eine parlamentarische Regierungsform unter Beibehaltung der Monarchie, die 
zweitbeste Lösung war die parlamentarische Republik und die schlechteste Lösung 
war eine Räterepublik nach russischem Vorbild. Da der Versuch zur Durchsetzung 
der besten Lösung die Gefahr eines Umschlagens in die schlechteste Lösung mit 
sich gebracht hätte, entschied sich die Führung der Mehrheitssozialdemokraten 
für die zweitbeste Lösung, die parlamentarische Republik. 
Eine solche Interpretation ist sicherlich in sich stimmig und macht das 
Handeln der Beteiligten rational verstehbar und nachvollziehbar. Aber genauso 
plausibel wäre das Handeln der Führung der Mehrheitssozialdemokraten natürlich 
auch bei folgender Präferenzrangfolge: 1. parlamentarische Republik, 2. 
parlamentarische Monarchie, 3. Räterepublik. 
Damit verlagert sich das Problem auf die Bestimmung der Zielstruktur 
bestimmter Akteure. Um zu entscheiden, welche der beiden möglichen 
Zielstrukturen angenommen werden sollte, müsste man das übrige Verhalten der 
Akteure daraufhin untersuchen, mit welcher der möglichen Zielstrukturen es 
besser vereinbar wäre. Kompliziert wird die ganze Analyse dabei immer noch 
dadurch, dass sich die Zielstrukturen der Akteure im Laufe der Zeit verändern 
können, so dass das Handeln Eberts im Jahre 1919 bereits schon keine Rückschlüsse mehr 
über seine Einstellung zur Monarchie im November 1918 zulässt. 
Um Rückschlüsse auf die Motive der Akteure ziehen zu können, muss man 
außerdem die Situation immer aus der Sicht der Akteure rekonstruieren und kann nicht 
einfach die Situation zugrunde legen, wie sie sich einem selbst heute aufgrund 
wissenschaftlicher Untersuchungen darstellt. 
Aus den angestellten Überlegungen wird deutlich, welche komplizierten 
Sachverhalte zu klären sind, wenn man Behauptungen über Motive und Absichten 
politischer Akteure machen will. Deshalb lässt sich mit solchen Behauptungen 
auch gut polemisieren.
Positive Behauptungen mit verstecktem normativen Inhalt
Handelt es sich bei den Motivunterstellungen noch um Behauptungen, die sich - 
wenn auch indirekt - auf beobachtbare Sachverhalte beziehen, so finden sich in 
der Politikwissenschaft häufig auch Aussagen, die zwar als Aussagen über die 
Wirklichkeit auftreten, deren Bezug zu erfahrbaren Sachverhalten jedoch völlig 
unklar ist. 
Ein Beispiel hierfür ist der Satz: "Die Abschaffung des Lohnsystems und die 
Errichtung einer sozialistischen Gesellschaft ist das objektive Interesse aller 
Lohnabhängigen."   
Handelt es sich bei dieser Behauptung um die Feststellung eines tatsächlichen 
Sachverhalts oder nicht? Offensichtlich sind mit dem Begriff "objektives 
Interesse"   nicht die tatsächlich bewussten Ziele und Absichten der 
abhängig Beschäftigten gemeint, denn es gilt nicht als Widerlegung des genannten Satzes, 
wenn gezeigt wird, dass ein Teil oder gar die Mehrheit der Lohnabhängigen 
auf Befragen kein Interesse an der Abschaffung des Lohnsystems äußert. Was ist 
aber dann der Sinn dieser Behauptung? Welche Eigenschaft wird einem 
Lohnabhängigen zugeschrieben, wenn ihm ein derartiges objektives Interesse 
unterstellt wird? 
Eine mögliche Antwort darauf gibt G. LUKACS in seiner Arbeit "Geschichte und Klassenbewusstsein": 
"Indem das Bewusstsein auf das Ganze der 
Gesellschaft bezogen wird, werden jene Gedanken, Empfindungen usw. erkannt, die 
die Menschen in einer bestimmten Lebenslage haben würden, wenn sie diese Lage, 
die sich aus ihr heraus ergebenden Interessen sowohl in Bezug auf das 
unmittelbare Handeln wie auf den - diesen Interessen gemäßen - Aufbau der ganzen 
Gesellschaft vollkommen zu erfassen fähig wären; die Gedanken usw. also, die 
ihrer objektiven Lage angemessen sind."   (G. LUKACS: Geschichte und 
Klassenbewusstsein, Berlin 1923, S. 62) 
Gemeint sind demnach die "wahren"   Interessen der Lohnabhängigen, also 
diejenigen Interessen, die die Lohnabhängigen vernünftigerweise haben sollten. Wenn es sich aber 
bei den "objektiven Interessen"   um die Interessen handelt, die die Individuen 
unter der Bedingung völliger Aufgeklärtheit haben würden, so zeigt schon die 
Form des Konjunktivs an, dass es sich hier nicht um die Bezeichnung eines realen Sachverhalts handelt.
Man könnte dieser 
Konstruktion "objektiver Interessen" dadurch eine 
empirische Bedeutung geben, dass man von der  
Annahme ausgeht, dass Menschen auf die Dauer tatsächlichen subjektiven 
Interessen diesem objektiven Interesse angleichen. Die falschen 
Vorstellungen und Hoffnungen der Lohnabhängigen werden durch die Wirklichkeit  enttäuscht und damit 
korrigiert. Die objektiven Interessen wären dann gewissermaßen eine Art 
Zielpunkt, auf den hin sich der kollektive Lernprozess faktisch bewegt. 
Unabhängig von solchen überaus problematischen Annahmen darüber, dass sich in 
den Köpfen der Menschen letztlich ihr wahres Interesse durchsetzen wird, wird 
der Begriff eines objektiven oder - wie man wegen der Vieldeutigkeit des 
Begriffs "objektiv"   besser sagen würde - eines aufgeklärten Interesses nicht 
dadurch sinnlos, weil er keinen realen Sachverhalt bezeichnet. Der Begriff des 
aufgeklärten Interesses ist z. B. von Bedeutung bei normativen Fragestellungen, 
also Fragen danach, wie die Wirklichkeit beschaffen sein soll.
Die Selektivität jeder Beschreibung
Im Vorangegangenen wurde immer von bestimmten beschreibenden Aussagen 
ausgegangen und es wurde gefragt, wie sich über diese Aussagen anhand von 
Erfahrung ein argumentativer Konsens herstellen lässt. Nun lassen sich über 
einen Gegenstandsbereich jedoch unbegrenzt viele beschreibende Aussagen machen, 
die alle wahr sein können. Anders ausgedrückt: die vollständige, erschöpfende 
Beschreibung eines Gegenstandes ist unmöglich. 
Ein Alltagsbeispiel mag dies verdeutlichen. Selbst wenn ich einen relativ 
einfachen Gegenstand habe wie z. B. einen Tisch, so kann ich darüber 
beliebig viele beschreibende Aussagen machen. Beispiele wären etwa: "Dieser 
Tisch ist 20 kg schwer, er ist 70 cm hoch und 2 m lang, seine Beine sind aus Eisen, 
die Platte ist aus Holz, er ist 10 Jahre alt, usw. usw."   Diese unvermeidliche 
Selektivität jeder Beschreibung gilt auch für die beschreibende 
Politikwissenschaft. 
Wenn fünf Autoren ein Buch über die Nachkriegsentwicklung Westdeutschlands 
schreiben, so können dabei fünf völlig unterschiedliche Texte zustande kommen, 
ohne dass irgendeiner in dem Sinne falsch sein müsste, dass es die jeweils behaupteten 
Sachverhalte nicht gegeben hätte. Jeder der fünf Autoren kann aus einem andern 
Blickwinkel und mit anderen Begriffen denselben Gegenstand beschrieben haben. 
Der Streit, wer von den Autoren den Gegenstand nun "richtig"   oder "richtiger"   
darstellt, lässt sich auf der Ebene rein beschreibender Aussagen nicht 
entscheiden und auf dieser Ebene ist der Streit insofern auch müßig. Auch der 
Nachweis, dass ein Autor diesen oder jenen Sachverhalt nicht erwähnt hat, ist 
als solcher kein Einwand, denn - wie bereits gesagt - ist jede Beschreibung in 
diesem Sinne unvollständig. 
Trotzdem ist der Streit um die angemessene Beschreibung politischer 
Sachverhalte nicht sinnlos. Er wird sinnvoll, wenn man die Beschreibung nicht 
als Endpunkt des Erkenntnisprozesses versteht, sondern als Erkenntnis, auf 
Grund derer dann weitere Fragen beantwortet werden sollen. Vom Standpunkt 
solcher übergeordneter Fragestellungen werden dann bestimmte Sachverhalte 
wichtig und andere unwichtig. 
Der Vorwurf, ein Autor habe "wesentliche Aspekte der Sache nicht erfasst"   oder 
gar "unterschlagen", bleibt solange ein leerer Vorwurf, wie nicht ausgeführt 
wird, von welcher Problemstellung aus diese Gewichtung der Sachverhalte 
vorgenommen wird. Für den einen mag an einem Buch wesentlich sein, welchen 
Inhalt es hat, während für den andern wichtig ist, wie lange das Buch im Ofen brennt und sein 
Zimmer erwärmt. 
Dass Beschreibungen von Sachverhalten als solche vielleicht wahr sind, aber 
trotzdem unter bestimmten Gesichtspunkten ungenügend sein können, drückt sich im 
Alltag schon in der Redewendung aus, "dass dies nur die halbe 
Wahrheit"   sei. 
Wenn vor Gericht Zeugen gehört werden, so werden sie nicht nur aufgefordert, 
nicht die Unwahrheit zu sagen, sondern sie werden auch aufgefordert, die "ganze" 
Wahrheit zu sagen und nichts auszulassen oder zu verschweigen. Hier ist der 
Zusammenhang offensichtlich, von dem her die Relevanz bestimmter Tatbestände 
beurteilt werden muss, denn vor Gericht geht es um die Frage, ob ein Angeklagter 
die ihm zur Last gelegte Tat begangen hat oder nicht; und wenn ja, wie schwer er 
dafür bestraft werden soll. Es gibt also eine übergeordnete normative 
Fragestellung, von der her die Relevanz bestimmter Sachverhalte beurteilt werden 
kann. Solche normativen Fragestellungen ("Wie ist ein bestimmter politischer 
Akteur und dessen Handeln zu bewerten?") liegen Auseinandersetzungen um die "dem 
Gegenstand angemessene Darstellung" häufig zugrunde. 
So wird man das Verbot der KPD im Jahre 1956 und die 
strafrechtliche Verfolgung einer Tätigkeit im Sinne der verbotenen KPD 
unterschiedlich bewerten, je nachdem, wie zur gleichen Zeit 
nazistisch orientierte Organisationen und unbelehrbare ehemalige Mitglieder der NSDAP 
von der Justiz behandelt wurden. 
Ebenso wird man die Proklamierung der SPD zur "Volkspartei"   auf dem Godesberger Parteitag 
von 1959 weniger kritisch bewerten, wenn man berücksichtigt, dass die SPD in den 
10 Jahren seit Bestehen der Bundesrepublik bei Bundestagswahlen niemals mehr als 
ein Drittel der Wählerstimmen bekam. 
Immer wenn es in der Politikwissenschaft offen oder unausgesprochen darum geht, 
in einem politischen Konflikt eine bestimmte Parteinahme nahe zu legen, steht 
eine normative Fragestellung im Hintergrund und die Sachverhalte werden unter 
diesem Gesichtspunkt relevant. Dies ist z. B. in politikwissenschaftlichen 
Untersuchungen von Oppositionsbewegungen, Streiks oder Kriegen der Fall.
Neben übergeordneten normativen Fragestellungen können jedoch auch theoretische 
Fragen nach den ursächlichen Bedingungen bestimmter Phänomene ein Kriterium für 
die Relevanz bestimmter Sachverhalte abgeben. Wieso 
ging z. B. die politische Justiz der Weimarer Republik gegen linke Gegner der 
parlamentarischen Republik so viel schärfer vor als gegen rechte? Ohne eine 
Untersuchung der personellen Zusammensetzung von Beamtenschaft 
und Militär, die durch eine ungebrochene Kontinuität seit der Kaiserzeit 
gekennzeichnet war, muss die Entwicklung der Weimarer Republik in vieler Hinsicht 
unerklärlich bleiben. 
Übergeordnete theoretische Fragestellungen können auch beim Streit zwischen 
unterschiedlichen Beschreibungen der Bundesrepublik als "Klassengesellschaft"   
oder als "geschichtete Gesellschaft"   Gesichtspunkte abgeben, von denen her die 
Angemessenheit beider Beschreibungen beurteilt werden kann. 
Wenn man die "Klassen"   innerhalb einer Bevölkerung durch das jeweilige 
Besitzverhältnis zu den sachlichen Produktionsmitteln definiert, so lassen sich 
in der Bundesrepublik verschiedene Klassen beschreiben, da es einerseits 
Individuen gibt, die sachliche Produktionsmittel besitzen, und andererseits 
Individuen, die nur über ihre Arbeitskraft verfügen können. 
Die Bundesrepublik lässt sich aber auch als geschichtete Gesellschaft 
beschreiben, wenn man "Schichtung"   als die Ordnung sozialer Positionen bzw. 
ihrer Inhaber nach dem Grad ihres sozialen Ansehens definiert. Auf der Ebene 
solcher Beschreibungen erscheint ein Streit um die richtige Auffassung als 
müßig, weil mit beiden Begrifflichkeiten zutreffende Aussagen über die soziale 
Realität der Bundesrepublik gemacht werden können, auch wenn es sich um 
unterschiedliche Sachverhalte handelt.
Wenn man jedoch  Fragestellungen verfolgt, die über die bloße Beschreibung hinausgehen, 
so erscheinen 
beide Beschreibungen als unterschiedlich brauchbar. Will man etwa die 
Frage nach den Bedingungen für bestimmte Konflikte wirtschaftlicher und 
politischer Art stellen, sind Feststellungen über die Klassenzugehörigkeit im 
oben definierten Sinne sicherlich nützlicher sein als Feststellungen über die 
Stellung in einer Hierarchie sozialen Ansehens. 
Andererseits muss auch ein solches Schichtungsschema nicht völlig unbrauchbar 
sein, denn es kann vielleicht Unterschiede in der Häufigkeit der sozialen 
Interaktion und bestimmte kulturelle Gemeinsamkeiten zwischen bestimmten Teilen 
der Bevölkerung erklären, wenn man voraussetzt, dass die Einzelnen bestrebt 
sind, möglichst Kontakte mit Leuten aufzunehmen, die im sozialen Ansehen 
mindestens gleich oder höher als sie selber stehen. 
Anhand dieser Beispiele wird deutlich geworden sein, dass die Konfrontation 
unterschiedlicher beschreibender Darstellungen politischer Gegenstände 
inhaltsleere Polemik bleibt, solange nicht die übergeordneten 
Fragestellungen, zu deren Beantwortung die beschreibenden Aussagen einen Beitrag 
leisten sollen, deutlich gemacht werden. 
Sofern allerdings in den Fragestellungen selber bereits Unterschiede bestehen, 
verlagert sich der Streit auf die Frage nach der Relevanz dieser 
verschiedenen Fragestellungen. Dahinter steht die politisch-ethische Frage, 
welchen Problemen und Interessen die wissenschaftliche Tätigkeit dienen soll.
Die Werthaltigkeit beschreibender Aussagen
Das Problem der Wertbezogenheit von Beschreibungen betrifft bereits die 
einzelnen Wörter und sprachlichen Ausdrücke, die zur 
Beschreibung umgangssprachlich benutzt werden.
Die Umgangssprache dient nicht nur zur Mitteilung von Informationen über die 
Beschaffenheit der Realität, sondern sie vermittelt zugleich die positive oder 
negative Einstellung des Sprechers zu dieser Realität. Dies muss nun nicht 
unbedingt in ausdrücklichen Werturteilen geschehen wie: "Ich verurteile 
dies Verhalten" oder: "Solche Vorkommnisse sollten verhindert werden"   oder: "Diese Forderung ist berechtigt"   etc., sondern die Sprache stellt Wörter zur 
Verfügung, die neben ihrem empirischen Gehalt zugleich auch eine bestimmte Einstellung 
ausdrücken. Rhetorisch nutzt man diesen Umstand, indem man durch 
eine geschickte Wortwahl den jeweiligen Gegenstand in positivem oder 
negativem Licht erscheinen lässt. 
Beispiele für die positive oder negative Wertgeladenheit der Begriffe lassen 
sich in der Politikwissenschaft ohne Schwierigkeiten finden: 
Der eine spricht 
vom "Friedensvertrag von Versailles", der andere vom "Diktat von Versailles", 
der eine spricht von der "amerikanischen Schutzmacht", der andere von den "amerikanischen Besatzern", 
der eine spricht von der "Remilitarisierung"   der 
Bundesrepublik, der andere von ihrer "Wiederbewaffnung", 
der eine spricht von 
der "führenden Rolle der Partei in allen gesellschaftlichen Bereichen", der 
andere spricht von einem "totalitären Einparteienregime", 
der eine spricht von 
einer "unermüdlichen Überzeugungsarbeit", der andere von einem "aktivistischen 
Propagandaeinsatz". 
Die Reihe solcher Gegenüberstellungen von beschönigenden 
oder herabsetzenden Bezeichnungen des gleichen Sachverhalts ließe sich noch 
beliebig fortsetzen. 
Insofern solche unterschiedlichen Formulierungen tatsächlich den gleichen 
Sachverhalt ausdrücken, ist der Streit darum, welche der Beschreibungen 
empirisch "richtig"   ist, sinnlos. Leider erschöpfen sich viele politische 
Streitgespräche in der Gegenüberstellung von unterschiedlichen Beschreibungen, die 
bei näherem Hinsehen den gleichen empirischen Sachverhalt behaupten. Der 
Dissens besteht dann offensichtlich nur in Bezug auf die Wertung des 
Sachverhalts. 
Wertgeladene Begriffe stellen für die positive Politikwissenschaft solange kein 
Problem dar, wie der empirische Gehalt der benutzten Begriffe eindeutig bestimmt 
ist. Die beschreibende Aussage: "Im Gefolge des 2. Weltkriegs gab es unter der 
Bevölkerung der Sowjetunion mehr als 20 Millionen Tote" enthält für viele 
Menschen implizit zugleich einen Vorwurf gegen die Verantwortlichen für diesen 
Krieg. 
Die Werttönung von Begriffen lässt sich nicht völlig beseitigen. Selbst wenn ein Wissenschaftler völlig neue Kunstworte 
bilden würde - was methodologisch ja zulässig ist -, so könnte er nicht 
verhindern, dass diese Worte im Laufe der Zeit ebenfalls eine bestimmte Wertfärbung 
erhalten. 
Problematisch für eine positive Politikwissenschaft ist es 
jedoch dann, wenn die empirische Bedeutung der benutzten Begriffe vage, unklar 
oder uneinheitlich ist. Da viele Begriffe der Politikwissenschaft der 
politischen Umgangssprache entstammen und kein Versuch zu ihrer Präzisierung 
unternommen wird, bleibt der affektgetönten, wertgeladenen Wortwahl in der 
Politikwissenschaft ein weites Feld. Mit empirisch entleerten Begriffen können 
jedoch keine wissenschaftlichen Erkenntnisse gewonnen werden. Man kann damit nur noch bestimmte Einstellungen verstärken. 
Gerade hochgradig wertgeladene Begriffe sind in der Gefahr, zu "Schlagworten"   abzusinken, da sie in der politischen Auseinandersetzung besonders wirksam sind. 
Wenn heute z. B. "faschistisch"   bei den meisten Leuten ein stark negativ 
geladener aber in seiner Bedeutung vager Begriff ist, so liegt die Versuchung nahe, den jeweiligen Kontrahenten 
als "faschistisch"   abzustempeln und ihn dadurch zu diskreditieren. Wenn 
gleichzeitig keine 
Definition des Begriffes "faschistisch"   mitgeliefert wird, lässt sich kaum 
entscheiden, ob die Anwendung des Begriffes in einem bestimmten Fall nun gerechtfertigt 
ist oder nicht. 
Ein anderes Beispiel für das Absinken von Begriffen zu reinen Schlagworten 
und Kampfbegriffen findet sich bei BLANKE u. a. Dort heißt es: 
"Dass der Begriff 
'marxistische Wissenschaft' von ihren Gegnern fast nur als Denunziationsformel 
benutzt wird, braucht nicht näher ausgeführt zu werden. Aber auch 'bürgerliche 
Wissenschaft' kann zum bloßen Kampfbegriff werden. Er richtet sich dann nicht 
nur gegen den etablierten Wissenschaftsbetrieb, sondern wird ebenfalls als 
Diffamierungsstrategie in den Fraktionierungsprozessen der Neuen Linken 
verwendet. 'Bürgerliche Wissenschaft' wird so zum Sammelbegriff für Apologetik, 
Verwertbarkeit im Sinne des Kapitals, falsche Parteilichkeit, Oberflächlichkeit, 
falsche Marx- bzw. Marxismusrezeption, Seminarmarxismus, Theorietreiberei und 
anderes mehr; er verliert schließlich jede spezifische analytische Bedeutung"   
(BLANKE u.a., S. 12-13).
Begriffe, die wenig über den bezeichneten Sachverhalt aussagen aber dafür umso 
mehr über die Einstellung des Sprechers zu diesem Sachverhalt, finden sich in 
der politischen Argumentation häufig. Beispiele sind: "reaktionär", "freiheitlich", "extremistisch", "subversiv". Fast alle zentralen Begriffe der 
Politischen Wissenschaft wie "liberal", "konservativ", "sozialistisch", "anarchistisch", "kommunistisch"   usw. sind durch ihre Verwendung in der 
politischen Auseinandersetzung vage und uneinheitlich geworden, d. h. sie können 
nur dann zur Beantwortung von Fragen über die Beschaffenheit der politischen 
Realität brauchbar sein, wenn jeweils ausdrücklich präzisiert wird, auf welche 
Sachverhalte man diese Begriffe anwenden will. 
Wenn jemand mit empirisch gehaltlosen aber affektiv aufgeladenen Worthülsen 
politische Phänomene etikettiert, um - je nach politischem Standort -  zustimmende 
oder 
ablehnende Reaktionen hervorzurufen, so besteht nicht die geringste Gewähr 
dafür, dass diese Reaktionen einer normativen Begründung fähig sind - eher ist das 
Gegenteil zu vermuten.
So können sich z. B. entschiedene Wertungen an bloßen Worthülsen festmachen, mit 
denen ihre Benutzer keine klare Bedeutung verbinden. Das Wort "zionistisch"   
kann z. B. für jemanden ein extrem negatives Wort sein, ohne 
dass er aber damit eine auch nur halbwegs präzise Bedeutung verbindet. Aber 
etwas Unbestimmtes, nur vage Bekanntes kann man vernünftiger Weise nicht 
sinnvoll bewerten.
Das Problematische an der Etikettierung mit relativ ungenauen aber stark 
wertgeladenen Begriffen wird dann deutlich, wenn an solche Etiketten reale 
Sanktionen geknüpft werden. Was bedeutete es z. B. während der Stalinschen 
Säuberungen, wenn jemand als "Rechtsabweichler"   etikettiert wurde? Oder was 
bedeutete es während der McCarthy-Ära in den USA, als "Kommunist"   zu gelten? 
Ähnliche Probleme - wenn auch unterschiedlichen Ausmaßes - stellen sich 
praktisch in allen politischen Systemen. 
Die wertgeladene Beschreibung eines Sachverhaltes muss unterschieden werden von 
der expliziten Bewertung eines Sachverhaltes. Die 
Beschreibung eines bestimmten politischen Systems als "faschistisch"   
beinhaltet kein 
negatives Werturteil, denn "faschistisch"   hat für bestimmte Gruppen einen positiven Klang. Der Wertgehalt 
liegt hier also eigentlich nicht in dem Bedeutungsgehalt des Wortes "faschistisch"   sondern in 
den wertgeladenen Assoziationen, die dieser Begriff auslöst. 
Wertgeladene Beschreibungen appellieren an bereits vorhandene Werthaltungen, ohne dass damit diese 
Werthaltungen selber in Frage gestellt werden. Insofern können wertgetönte 
Beschreibungen und Klassifizierungen eine normative Diskussion 
nicht ersetzen. Möglicherweise sind diese Werthaltungen nur "Vorurteile"   und 
gefühlsmäßige Assoziationen, die in keiner Weise begründbar sind.
Wo es nicht nur 
um Rhetorik geht 
sondern um allgemeingültige politische Wertungen, reicht die bloße Beschreibung politischer Sachverhalte in wert- 
und affektgeladenen Begriffen nicht aus. Die 
Werthaltungen, an die appelliert wird, müssen ausformuliert und in die Argumentation 
einbezogen werden. 
Die Beschreibung durch Bilder und Metaphern
Eine besondere Problematik taucht für die beschreibende Politikwissenschaft 
dann auf, wenn die politischen Sachverhalte durch Bilder und Analogien, also in 
einer Metaphernsprache dargestellt werden. Die Bilder können dabei den 
verschiedensten Bereichen entnommen sein, von der Kriegführung bis zur Medizin. 
Da wird ein Staat als "Satelliten-Staat"   bezeichnet, eine Regierung als "Marionettenregime", ein Land als "Speerspitze des US-Imperialismus", eine 
Partei als "5. Kolonne Moskaus", ein Staat als "Organismus", "'Wesen"   oder gar "Person", es ist von der "Knebelung der Bevölkerung"   die Rede, vom "Vormarsch 
des Faschismus", von der "Krise"   eines politischen Systems usw.
Das Problem bei der Verwendung einer solchen Bildersprache zur Beschreibung 
politischer Sachverhalte besteht darin, dass gewöhnlich nicht präzisiert wird, welchen 
Sachverhalt das Bild bezeichnen soll und wieweit die Analogie zwischen dem Bild 
und dem damit charakterisierten Sachverhalt gehen soll. Natürlich ist kein Staat ein "Satellit"   
eines andern Staates im Sinne der Astronomie. Welche Form der Abhängigkeit 
zwischen den beiden Staaten behauptet man, wenn man die Metapher "Satelliten-Staat"   anwendet? Was behauptet man, wenn man feststellt, dass sich 
eine politisches System in der "Krise"   befindet oder "krank"   und "verfault"   ist?
Eine politische Bildersprache mag einprägsame Formeln ergeben und die 
Aufmerksamkeit ohne die Kenntnis einer komplizierten Begrifflichkeit auf 
bestimmte Aspekte und Zusammenhänge richten, aber solange der empirische Gehalt 
der verwendeten Bilder nicht präzisiert ist, eignen sich Metaphern nicht für die 
wissenschaftliche Beschreibung politischer Sachverhalte. Insofern Bilder nur im 
übertragenen Sinne Geltung beanspruchen, lässt sich über deren Wahrheit oder 
Falschheit nicht sinnvoll streiten, höchstens über deren Angemessenheit. Nicht umsonst spricht man ja auch kritisch von einem "schiefen", "unglücklichen"   Bild. Wie soll man sich etwa über 
den folgenden Satz streiten: "Der Antikommunismus, von den Haupteinpeitschern 
imperialistischer Aggression zur Staatsdoktrin erhoben, wurde zum schmutz- und 
bluttriefenden Banner, unter dem sich die reaktionären Kräfte aller 
Schattierungen sammeln."   (Politisches Grundwissen, S. 273) "Antikommunismus"   ist 
offenbar etwas ganz Schlimmes, aber was hier wirklich vorgegangen ist, bleibt 
weitgehend unklar und damit undiskutierbar.
2. Methodenprobleme der 
erklärenden Politikwissenschaft
Die Grenzen beschreibender Aussagen
Fragen danach, wie sich bestimmte Missstände verändern lassen oder wie sich 
bestimmte Ziele erreichen lassen, können  allein mit deskriptiven Aussagen 
nicht beantwortet werden. Auch bei Fragen in Bezug auf die Zukunft reicht die 
Beschränkung auf deskriptive Aussagen nicht aus. Im Prinzip kann man zwar 
Prophezeiungen in der Form deskriptiver Aussagen machen, z. B. "Die CDU/CSU wird 
die nächste Bundestagswahl gewinnen", aber da zukünftige Sachverhalte noch nicht 
real und deshalb auch noch nicht wahrnehmbar sind, bleibt die Gültigkeit einer 
solchen Prophezeiung völlig ungewiss. Um begründete Voraussagen zu machen, muss 
man über die bloße Beschreibung hinausgehen und z. B. empirische Regelmäßigkeiten 
und Beständigkeiten aufdecken. 
Die beschränkte Aussagekraft deskriptiver Aussagen wird daran deutlich, dass genau 
genommen jede raum-zeitlich bestimmte Aussage zum Zeitpunkt ihrer Formulierung 
bereits veraltet ist und vergangene Sachverhalte beschreibt. Ob der beschriebene 
Sachverhalt gegenwärtig noch gilt, ist eine offene Frage. Allerdings gibt es 
bestimmte soziale Sachverhalte, die sich entweder nur sehr langsam oder aber nur 
in größeren Zeitabständen verändern. Deshalb können z. B. frühere Beschreibungen der 
Bevölkerungsstruktur, der politischen und wirtschaftlichen Institutionen oder 
der Parteienstruktur der Bundesrepublik Informationen über die gegenwärtigen 
Verhältnisse liefern, obwohl die Beobachtungen, die diesen Beschreibungen 
zugrunde liegen, sich auf einen vergangenen Zeitraum beziehen. Ohne diese 
relative Konstanz bestimmter sozialer Phänomene wäre der Großteil der 
empirischen Politikwissenschaft wohl nur für die Geschichtswissenschaft von Bedeutung. 
Neben der zeitlichen Beschränkung haben deskriptive Aussagen auch eine räumliche 
Beschränkung. Sie gelten nur für jeweils bestimmte Gegenstände. Wenn ich z. B. 
das Verhalten der Wähler in einer bestimmten Gemeinde untersuche und 
beschreibe, weiß ich damit erstmal noch nichts über das Verhalten der Wähler in 
anderen Gemeinden. Wenn ich außerparlamentarische Einflüsse auf ein bestimmtes 
Gesetz untersuche und beschreibe, weiß ich damit noch nichts darüber, wie dieser 
Einfluss im Falle anderer Gesetze aussieht. Mit deskriptiven Aussagen allein ist 
kein Schluss vom untersuchten Gegenstand auf andere gleichartige Gegenstände 
möglich.
Die Aufdeckung empirischer Regelmäßigkeiten
Generell lässt sich also feststellen: Immer dann, wenn wir Fragen in 
Bezug auf Sachverhalte haben, über die keine Beobachtungen vorliegen, reichen deskriptive Aussagen nicht aus. Nur unter der Voraussetzung, 
dass wir bestimmte Dauerhaftigkeiten und Regelmäßigkeiten in der Realität annehmen, ist es uns möglich, von 
beobachteten Sachverhalten auf noch nicht beobachtete Sachverhalte zu schließen.
Wenn z. B. vorausgesetzt werden kann, dass die Existenz eines Sachverhalts x eine hinreichende 
Bedingung für den Sachverhalt y ist, wenn also der Satz gilt: "Immer wenn x 
gegeben ist, dann ist auch y gegeben", kann ich bei Vorliegen des Sachverhalts x 
auf das Vorliegen des Sachverhalts y schließen. Unter der Voraussetzung einer 
solchen Regelmäßigkeit in der Realität kann ich z. B. den Sachverhalt y 
herbeiführen, indem ich den Sachverhalt x erzeuge. 
Eine andere Form des 
Zusammenhangs in der Realität besteht, wenn x eine notwendige Bedingung 
für das Auftreten von y ist und der Satz gilt: "Nur wenn x gegeben ist, 
ist auch y gegeben". Falls y ein unerwünschter Sachverhalt ist, könnte man y 
dadurch beseitigen, dass man x beseitigt. Ein trivialer Fall einer notwendigen 
Bedingung wäre etwa "Nur wenn ein Individuum über die Durchführung einer Wahl 
informiert ist, wird es sich an der Wahl beteiligen". Durch entsprechende 
Information bzw. Nicht-Information kann man also unter Voraussetzung dieser 
Regelmäßigkeit einen Einfluss auf die Wahlbeteiligung nehmen. 
Aufgrund der außerordentlichen Leistungsfähigkeit von Aussagen, die einen 
regelmäßigen Zusammenhang zwischen verschiedenen Phänomenen behaupten, ist es 
verständlich, dass die Suche nach derartigen empirischen Regelmäßigkeiten in der 
Wissenschaft einen wichtigen Platz einnimmt. Es gibt sogar 
Wissenschaftstheoretiker, die Wissenschaft gleichsetzen mit der Entdeckung 
solcher Regelmäßigkeiten und deren Formulierung in entsprechenden Theorien. Maßstab 
ist hierbei meist die Physik, die als die am weitesten entwickelte positive 
Wissenschaft gilt. Die Physik hat eine Fülle von Theorien über regelmäßige 
Zusammenhänge in der Realität geliefert und damit die Grundlage für 
deren technische Anwendung geliefert. 
Auch in der positiven Politikwissenschaft gibt es Versuche zur Formulierung 
empirischer Regelmäßigkeiten und zur Aufstellung allgemeiner Theorien, die in 
ihrem Anwendungsbereich nicht auf bestimmte einzelne Gegenstände beschränkt 
sind, sondern auf ganze Klassen von Gegenständen anwendbar sind, z. B. 
auf alle kapitalistischen Wirtschaftssysteme, auf alle parlamentarischen 
Regierungssysteme, auf alle Industriegesellschaften, auf alle bürokratischen 
Organisationen, auf alle politischen Parteien, auf alle Wähler, auf alle 
Industriearbeiter. 
Bevor die Probleme einer Aufstellung und Überprüfung derartiger Theorien näher 
behandelt werden, sei jedoch darauf hingewiesen, dass gerade auf dem Gebiet der 
Theoriebildung viele Fragen methodologisch ungeklärt und zum Teil heftig umstritten sind. 
Über Fragen sozialer und historischer "Gesetzmäßigkeiten"   und über den 
Kausalitätsbegriff gibt es unter den Methodologen und Philosophen die 
verschiedensten Positionen. Was ich hier vortrage, kann deshalb nur ein vorläufiges Zwischenergebnis mit vielen offenen Problemen sein.
Geht man einmal die politologische Literatur daraufhin durch, welche 
empirischen Regelmäßigkeiten darin behauptet werden, so fällt auf, dass 
Behauptungen über strikte Regelmäßigkeiten etwa von der oben genannten Art: "Immer wenn A, dann B"   oder "Nur wenn A, dann B"   außerordentlich selten sind. 
Stattdessen finden sich Formulierungen, die zwar einen Zusammenhang zwischen 
bestimmten Sachverhalten behaupten, dabei jedoch Art und Eindeutigkeit dieses 
Zusammenhangs mehr oder weniger offen lassen. Ein Beispiel für eine derartige 
unbestimmte Regelmäßigkeit ist etwa die bekannte These der materialistischen 
Geschichtsauffassung, dass das gesellschaftliche Sein der Menschen ihr 
Bewusstsein bestimmt und nicht umgekehrt. 
Der Zusammenhang, der in dieser These behauptet wird, ist offensichtlich ganz 
allgemeiner Art, denn es wird nicht gesagt, welche Veränderungen im 
gesellschaftlichen Sein zu welchen Veränderungen im Bewusstsein führen bzw. 
welchem gesellschaftlichen Sein welches Bewusstsein entspricht. Es wird nur ganz 
allgemein behauptet, dass Veränderungen im gesellschaftlichen Sein zu 
Veränderungen im Bewusstsein führen und dass umgekehrt Veränderungen im 
Bewusstsein der Menschen nicht zu Veränderungen in ihrem gesellschaftlichen Sein 
führen. Wenn ich also ein bestimmtes Bewusstsein, z. B.  
religiöse Vorstellungen, verändern will, so kann mir die obige These nicht 
sagen, welche Aspekte des gesellschaftlichen Seins der betreffenden Individuen 
ich in welcher Weise ändern muss. 
Solche Aussagen, die sich auf die Feststellung beschränken, dass bestimmte Zusammenhänge 
bestehen und die Faktoren bzw. die Faktorenbereiche nur nennen, ohne zu 
präzisieren, welcher Art dieser Einfluss genau ist, kann man als "Orientierungshypothesen"   bezeichnen, weil sie eher eine Orientierung für die 
weitere Forschung geben, als dass sie selber schon brauchbare Antworten 
lieferten. (S. dazu OPP, Methodologie, S. 206ff.) 
Orientierungshypothesen dieser Art finden sich häufig in der 
Politikwissenschaft. Beispiele hierfür sind etwa folgende Aussagen: 
"Die politische Einstellung eines Menschen wird vor allem bestimmt durch die 
familiäre Sozialisation und durch die Einstellungen, die in der betreffenden 
Bezugsgruppe vorherrschen", 
"Das Aufkommen neuer Parteien hängt ab von der Veränderung der 
gesellschaftlichen Probleme und von der Anpassungsfähigkeit der existierenden 
Parteien an diese veränderte Lage", 
"Die Ursachen für das schlechte Abschneiden der Partei x bei der letzten Wahl 
sind in den verstärkten Flügelkämpfen innerhalb der Partei und in der geringen 
Einsatzbereitschaft der Parteibasis im Wahlkampf zu suchen".   
Auch bei vielen Erklärungsversuchen, die sich in der 
politikwissenschaftlichen Literatur finden, wird die Regelmäßigkeit, auf die 
sich die Erklärung stützt, nicht näher präzisiert. So heißt es etwa: 
"Im Deutschen Reich der Bismarckzeit konnte es nicht zur Durchsetzung einer 
dem Parlament verantwortlichen Regierung kommen wie etwa in Großbritannien, weil 
die deutschen Parteien zersplittert waren und keine stabilen Mehrheiten 
existierten",   
"Die Ursachen für das Fehlen einer radikalen sozialistischen Bewegung in 
Großbritannien trotz großer ökonomischer Schwierigkeiten liegt in der 
traditionellen Einbindung der englischen Arbeiterbewegung in das politische 
System der repräsentativen Demokratie",   
In beiden Fällen werden zwar bestimmte Sachverhalte miteinander verknüpft, 
aber die Regelmäßigkeit, auf die man sich bei dieser Verknüpfung beruft, wird selber nicht 
ausformuliert.
Das deduktive Erklärungsmodell
Eine mögliche Struktur solcher Verknüpfungen bildet das nach seinen 
Begründern benannte "HEMPEL-OPPENHEIMSCHE Erklärungsschema", das auch als "Deduktives Erklärungsmodell"   oder als "Subsumptionsmodell der Erklärung"   
bezeichnet wird. (Zum Folgenden siehe OPP, Methodologie, S. 29ff.) 
Die Bezeichnung "deduktives Erklärungsmodell"   bezieht sich darauf, dass 
die Existenz des zu erklärenden Sachverhalts y logisch aus zwei Prämissen 
deduziert wird: einer Prämisse über die Existenz eines Sachverhalts x, die so 
genannte "Anfangsbedingung", und einer Gesetzesaussage von der Form "Wenn x, 
dann y". Auf das zuletzt genannte Beispiel angewandt, könnte eine solche 
Erklärung als Deduktion aus Anfangsbedingung und Gesetzesaussage etwa 
folgendermaßen lauten: 
1.)
Zu erklärender Sachverhalt (Explanandum): "Die englische Arbeiterschaft akzeptiert das ökonomische System". 
Diese Aussage lässt sich logisch deduzieren aus zwei anderen Aussagen: 
2.) der Anfangsbedingung (oder Randbedingung): "In England wird das politische System durch die Arbeiterschaft bejaht"   und
3.) der Gesetzesaussage: "Immer wenn eine Bevölkerungsgruppe das politische System einer Gesellschaft 
bejaht, dann wird von ihr auch das ökonomische System akzeptiert."
 
Eine solche explizite Formulierung der Gesetzmäßigkeit oder Regelmäßigkeit, auf 
die sich eine Erklärung stützt, erleichtert eine Kritik der vorgebrachten 
Erklärung. Die bloße Nennung einer Ursache für einen Sachverhalt dagegen klingt 
zwar häufig plausibel, aber dies liegt manchmal nur daran, dass man sich die 
implizit gemachten Gesetzesannahmen und deren Problematik nicht bewusst 
vergegenwärtigt. 
So mag es plausibel sein, dass als Folge einer Geschwindigkeitsbegrenzung auf 
Autobahnen die Zahl der tödlichen Unfälle zurückgeht, aber richtig kritisierbar 
wird diese Behauptung erst, wenn die Gesetzmäßigkeiten formuliert werden, die 
implizit herangezogen werden, um die beiden Sachverhalte miteinander zu 
verknüpfen.
Wissenschaftliche Voraussagen: Prognosen
Die logische Struktur einer Prognose 
entspricht der logischen Struktur der Erklärung, nur dass jetzt aus einer Anfangsbedingung und 
einer Gesetzesaussage der zu prognostizierende Sachverhalt deduktiv gefolgert 
wird. 
Ein Beispiel für eine solche deduktiv strukturierte Prognose sähe etwa 
folgendermaßen aus: 
1.)
Anfangsbedingung: "Es wird eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf Autobahnen eingeführt."  
2.)
Gesetzesaussage: "Immer wenn auf Autobahnen eine Geschwindigkeitsbeschränkung eingeführt wird, 
dann sinkt die Zahl der tödlichen Unfälle."   
3.)
Deduktiv gefolgerte Prognose: "Die Zahl der tödlichen Unfälle sinkt."   
Die Gesetzesaussagen, die für eine Erklärung oder Prognose von Sachverhalten 
herangezogen werden, müssen übrigens nicht immer von der Form "Wenn x, dann y"   
sein. 
Abgesehen davon, dass die Anfangsbedingung meist einen ganzen Komplex von 
Sachverhalten umfasst ("  Wenn p, q, r, s und t, dann y"  ), können empirische 
Regelmäßigkeiten auch die Form von "Je-desto-Sätzen"   haben. Beispiele hierfür 
aus dem ökonomischen Bereich wären etwa: "Je höher das Einkommen einer Person ist, desto höher ist seine Sparrate"   
oder: "Je höher das Einkommen einer Person ist, desto niedriger ist der Anteil, der 
für Nahrungsmittel ausgegeben wird."   
Eine andere Form von Gesetzesaussagen sind Sätze von der Art "Alle x haben 
die Eigenschaft y"   z. B. die Behauptung "Alle Großorganisationen bilden eine 
oligarchische innere Machtstruktur aus."  
Die bisher genannten Gesetzesaussagen hatten immer eine deterministische 
Struktur, d. h. sie behaupteten eine ausnahmslose Regelmäßigkeit im Auftreten 
verschiedener Sachverhalte. Solche deterministischen Beziehungen sind jedoch in 
den Sozialwissenschaften bisher nicht entdeckt worden. Stattdessen finden sich 
Regelmäßigkeiten folgender Art: 
"Frauen wählen häufiger konservative Parteien als Männer"   oder 
"Studenten der Sozialwissenschaften sind häufiger politisch links eingestellt 
als Studenten der Naturwissenschaften"   oder 
"Industriearbeiter sind häufiger gewerkschaftlich organisiert als 
Beschäftigte im Handel"   oder 
"In der Regel treten in parlamentarischen Systemen Regierungen zurück, wenn 
sie im Parlament in die Minderheit geraten"   etc. 
Solche statistischen Regelmäßigkeiten sind "Regelmäßigkeiten mit Ausnahmen". 
Sie enthalten natürlich nicht so viel Informationen wie deterministische 
Aussagen, die ein Ereignis mit 100%iger Wahrscheinlichkeit festlegen. Trotzdem 
können sie mein Nicht-Wissen in der Weise verkleinern, dass sie mir sagen, was 
ich mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit zu erwarten habe. 
Aus der Anfangsbedingung "Herr A ist ein ausländischer Arbeitnehmer"   und der 
statistischen Regelmäßigkeit, dass 95% der ausländischen Arbeitnehmer weniger 
als 1.000 € im Monat verdienen, kann ich zwar nicht mit 100%iger Gewissheit 
aber doch mit 95%iger Wahrscheinlichkeit folgern, dass auch Herr A weniger als 
1.000 € im Monat verdient. 
Zusammenfassend lässt sich also festhalten, dass ich zur Beantwortung von 
Fragen nach Ursachen und Folgen auf Aussagen über empirische Regelmäßigkeiten 
zurückgreifen muss. Ideal zur Beantwortung dieser Fragen wären dabei 
raum-zeitlich völlig unbegrenzte Regelmäßigkeiten, die also für "Klassen"   von 
Gegenständen gelten. Dies sind die Gesetzesaussagen im strengeren Sinne, wie sie 
in der Physik üblich sind. Weiterhin wären natürlich deterministische 
Regelmäßigkeiten für die Beantwortung von Fragen am leistungsfähigsten, weil sie 
Ereignisse mit 100%iger Gewissheit festlegen. 
Wenn diese Ziele 
nicht erreichbar sind - weil z. B. bestimmte Regelmäßigkeiten nur für die 
Bundesrepublik der 50er Jahre gelten und weil nur statistische Regelmäßigkeiten 
bekannt sind - ermöglichen jedoch auch solche statistischen und womöglich 
raum-zeitlich begrenzten Regelmäßigkeiten eine gewisse Beantwortung der 
gestellten Fragen.
Experimentelle Verfahren zur Aufdeckung empirischer Regelmäßigkeiten
Sachverhalte können erklärt oder 
prognostiziert werden unter der Annahme empirischer Regelmäßigkeiten, seien sie 
nun deterministischer oder statistischer Art. Die Frage ist, wie 
man solche Behauptungen über empirische Regelmäßigkeiten überprüfen kann. Wie 
kann man z. B. die Annahme überprüfen, dass durch Gesamtschulen größere
Chancengleichheit hergestellt wird und die Bevorzugung von Schüler aus den 
besser gestellten sozialen Schichten beim Erreichen des Abiturs abgebaut wird? 
Die Hypothese über die erwartete Regelmäßigkeit würde lauten: "Bei Gesamtschulen 
ist der Anteil der Abiturienten aus Arbeiterfamilien höher als im dreigliedrigen 
Schulsystem."   Wenn man also das Ziel hat, den Anteil der Arbeiterkinder an den 
Abiturienten zu erhöhen, so könnte man  
dies erreichen, indem man das dreigliedrige Schulsystem durch Gesamtschulen 
ersetzt - vorausgesetzt die Hypothese stimmt.
 Eine Möglichkeit zur Überprüfung solcher hypothetischer 
Regelmäßigkeiten ist das Experiment, dessen methodische Grundlagen im Folgenden 
skizziert werden sollen. 
Im Experiment macht man einen realen Versuch, um die behauptete 
Regelmäßigkeit zu bestätigen oder zu widerlegen. Die Beschäftigung mit der 
Methodik 
des Experiments erscheint sinnvoll, obwohl in der Politikwissenschaft die 
Möglichkeit zur Durchführung echter Experimente relativ beschränkt ist. Trotzdem 
beziehen sich viele Diskussionen über Ursachen oder Folgen bestimmter 
Sachverhalte unausgesprochen auf die Methodik des Experiments bzw. sind von dorther 
kritisierbar. 
Einen ersten Versuch zur Bestätigung der oben genannten Regelmäßigkeit könnte 
man dadurch machen, dass man eine Gesamtschule und ein traditionelles Gymnasium 
herausgreift und dort den Anteil der Arbeiterkinder an den Abiturienten eines 
Jahrgangs untersucht. Selbst wenn man feststellen würde, dass der Anteil der 
Arbeiterkinder bei der Gesamtschule größer ist, lässt dies noch keineswegs des 
Schluss zu, dass damit die allgemeine Regelmäßigkeit bestätigt ist. 
Wenn man davon ausgeht, 
dass der Anteil an Arbeiterkindern unter den Abiturienten nicht nur vom Schultyp 
abhängt sondern von einer Reihe weiterer Faktoren wie z. B. den Eigenschaften des 
Lehrpersonals, den Einstellungen der Eltern und vor allem dem Anteil der 
Arbeiterkinder an den Schulanfängern, so könnten diese Faktoren und nicht der 
Schultyp für den höheren Anteil ursächlich sein. Es wäre etwa denkbar, dass im 
Falle einer Wahlmöglichkeit der Eltern in Bezug auf die Schulform die zur 
Bildung positiv eingestellten Arbeitereltern für ihre Kinder die Gesamtschule 
gewählt haben, und dass die größere elterliche Unterstützung bewirkt hat, dass 
diese Kinder vergleichsweise häufiger das Abitur geschafft haben als die 
Arbeiterkinder aus durchschnittlichen Elternhäusern, die das dreigliedrige 
Schulsystem durchlaufen haben. 
Durch die experimentelle Anordnung wird der Versuch gemacht, die Auswirkung 
des untersuchten Faktors zu isolieren und die übrigen möglicherweise relevanten 
Faktoren zu kontrollieren. In den Sozialwissenschaften, für die komplexe 
multifaktorielle Zusammenhänge typisch sind, ist es nun außerordentlich 
schwierig, nur den experimentellen Faktor zu variieren und die übrigen ebenfalls 
wirksamen Faktoren gleich bzw. konstant zu halten. Wollte man das Problem z. B. 
dadurch lösen, dass man in einer bestimmten Gemeinde den Anteil der 
Arbeiterkinder an den Abiturienten vor und nach der Einführung eines 
Gesamtschulversuches untersucht, so können sich in der Zwischenzeit relevante 
Faktoren geändert haben, wie z. B. das allgemeine Bildungsklima (Aktion "Bildungswerbung"   in den 60er Jahren) oder die Zusammensetzung der Bevölkerung 
(Zuzug ausländischer Arbeiter).
Die Theorie der Zufallsstichprobe
Einen Ausweg aus diesem Dilemma bietet das stochastische Experiment, 
das auf bestimmten wahrscheinlichkeitstheoretischen Annahmen basiert 
(stochastischer Prozess = Zufallsprozess). (Zum Folgenden s. MAYNTZ u.a., 
S. 170 ff.) Die Anwendung des stochastischen Modells ist nur dann möglich, wenn 
eine größere Zahl von Fällen zur Untersuchung steht, die nach dem Zufallsprinzip 
für das Experiment ausgesucht werden können. 
Wenn ich aus einer Grundgesamtheit (z. B. allen Kindern eines Jahrgangs in der 
Bundesrepublik) eine Zufallsauswahl treffe, bei der jedes dieser Kinder die gleiche 
Wahrscheinlichkeit besitzt, ausgewählt zu werden, so ergibt sich eine "repräsentative 
Stichprobe", die in ihren Merkmalen mit bestimmter Wahrscheinlichkeit der 
Grundgesamtheit (alle Kinder des Jahrgangs) gleicht. (Ein Beispiel für eine 
Zufallsauswahl ist das Urnenmodell bei der Auslosung der Lottozahlen, wo jede 
Zahl von 1 bis 49 die gleiche Wahrscheinlichkeit besitzt, gezogen zu werden.)
Die Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses wird gewöhnlich in Prozentzahlen 
zwischen 0% und 100% angegeben. 
Bei einer Wahrscheinlichkeit von 0% ist sicher, dass das Ereignis nicht 
auftritt. Wenn sich z. B. in der Urne für die Lottozahlen keine Kugel mit der 
Zahl 50 befindet, so beträgt die Wahrscheinlichkeit dafür, dass eine 50 gewählt 
wird, 0%. 
Bei einer Wahrscheinlichkeit von 100% ist sicher, dass das Ereignis eintritt. So 
beträgt die Wahrscheinlichkeit dafür, dass eine Kugel mit der Zahl 7 gewählt 
wird, 100%, wenn alle Kugeln in der Urne eine 7 tragen. 
Wenn ich z. B. zwei genügend große Zufallsstichproben aus der Grundgesamtheit "Kinder eines 
bestimmten Jahrgangs" ziehe, kann ich mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit 
davon ausgehen, dass sich die beiden Stichproben auch in Bezug auf den Anteil bildungsbejahender Arbeitereltern oder in Bezug auf die Begabungsverteilung 
ungefähr gleichen. 
Die Grundannahmen der Stichprobentheorie können dabei an folgendem Beispiel demonstriert werden:
Angenommen man hat eine Urne mit einer Grundgesamtheit von 1000 Kugeln darin. 
Davon sind 200 Kugeln, also 20%, weiß. 
Man kann nun mit Hilfe der Kombinatorik alle theoretisch möglichen 
unterschiedlichen Stichproben mit einem Umfang von 
50 Kugeln ermitteln.
Wenn man nun die theoretisch möglichen Stichproben nach ihrem Anteil weißer 
Kugeln ordnet, so wird man feststellen, dass bei den meisten der möglichen 
Stichproben der Prozentsatz der weißen Kugeln relativ nahe bei dem Wert der 
Grundgesamtheit, also bei 20% liegt. 
Natürlich sind auch Stichproben möglich, in denen nur weiße oder überhaupt 
keine weißen Kugeln vorkommen, aber solche Stichproben sind relativ selten. Mit 
Hilfe von Formeln kann man die Wahrscheinlichkeit dafür errechnen, dass der 
Anteil weißer Kugeln in der Stichprobe um nicht mehr als einen bestimmten Wert - 
z. B. plus oder minus 2% - vom Anteil weißer Kugeln in der Grundgesamtheit abweicht.
Umgekehrt lässt sich aufgrund der Häufigkeit, mit der sich weiße Kugeln in einer 
Zufallsstichprobe finden, auch der Anteil weißer Kugeln in der Urne, der 
Grundgesamtheit abschätzen. Man kann 
dazu Aussagen machen wie: "Mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit von 5% kann man 
annehmen, dass der Prozentsatz weißer Kugeln in der Grundgesamtheit um höchstens 
2% von dem ermittelten Prozentsatz der Stichprobe abweicht."   
Die Stichprobentheorie ermöglicht nun auch die Antwort auf die Frage, ob sich 
zwei Grundgesamtheiten (z. B. zwei Urnen mit Kugeln) in Bezug auf ein bestimmtes 
Merkmal (z. B. die prozentuale Häufigkeit weißer Kugeln) unterscheiden. 
Dazu 
zieht man aus Urne I und aus Urne II jeweils eine genügend große Zufallsstichprobe von je 50 Kugeln 
und ermittelt für beide Stichproben die Häufigkeit der weißen Kugeln. 
Angenommen, von den 50 Kugeln der Stichprobe aus Urne I sind 25 Kugeln weiß, 
und  von den 50 Kugeln der Stichprobe aus Urne II sind 15 Kugeln weiß. 
Nun stellt man die 
Frage, wie groß die 
Wahrscheinlichkeit dafür ist, bei zwei Zufallsstichproben aus ein und derselben 
Urne 
eine ebenso große oder größere Differenz der Häufigkeiten als die ermittelten 10 
vorzufinden. Wenn diese Wahrscheinlichkeit sehr gering ist, z. B. kleiner als 5%, 
so ist die Annahme sehr unwahrscheinlich, dass in beiden Urnen der Anteil weißer 
Kugeln gleich groß ist. Die Differenz der Prozentsätze weißer Kugeln in den 
Stichproben ist dann "signifikant"   und lässt bei einer Irrtumswahrscheinlichkeit 
von 5% den Schluss zu, dass die Häufigkeit weißer Kugeln in Urne I größer ist 
als in Urne II. 
Nach diesem Exkurs in die Theorie der Zufallsstichprobe sollen die 
Überlegungen zur Logik des Experiments fortgeführt werden. Wie müsste man 
vorgehen, um experimentell die Hypothese zu überprüfen, dass Gesamtschulen zu 
einem höheren Anteil von Arbeiterkindern an den Abiturienten führen? Denkbar 
wäre folgende - praktisch allerdings kaum zu realisierende - Versuchsanordnung.
Man teilt Deutschland in 500 Gebiete 
ein und zieht aus dieser Grundgesamtheit zwei Zufallsstichproben von je 30 Gebieten. 
Die eine Stichprobe bildet die experimentelle Gruppe, die andere Stichprobe 
bildet die Kontrollgruppe. Durch Untersuchungen 
könnte man vorweg kontrollieren, ob sich experimentelle und Kontrollgruppe in 
den relevanten Merkmalen tatsächlich gleichen, was ja durch die Zufallsauswahl 
erreicht werden sollte. So könnte man könnte z. B. prüfen, ob der Anteil der 
Geschlechter, der Anteil der Arbeiterkinder, der Anteil der Ausländerkinder oder die 
Religionszugehörigkeit in beiden Zufallsstichproben annähernd gleich ist.
 
In den 30 Gebieten der experimentellen Gruppe richtet man nun Gesamtschulen ein, 
während in den andern 30 Gebieten das dreigliedrige Schulsystem beibehalten 
wird.
Nach einer gewissen Anlaufphase kann man dann feststellen, ob der Anteil der Arbeiterkinder an den Abiturienten in der 
experimentellen Gruppe mit Gesamtschulen tatsächlich signifikant höher ist als 
in der Kontrollgruppe mit dem dreigliedrigen Schulsystem.
Dabei ist noch auf ein Problem dieser experimentellen Anordnung hinzuweisen. 
Eigentlich hätte man eine Zufallsauswahl aus den Kindern und aus dem 
Lehrpersonal ziehen müssen, um durch "Randomisierung"   (von englisch at random 
= zufällig) die Stichproben in den 
persönlichen Merkmalen anzugleichen. Dies hätte jedoch vorausgesetzt, dass man 
diese Schüler und Lehrer dann in entsprechenden Schultypen zusammenfasst. Ein 
solches Experiment wäre jedoch aus rechtlichen Gründen undurchführbar und 
moralisch auch nicht vertretbar. Insofern ist die Zufallsauswahl aus den 
Schuleinzugsgebieten nur eine Hilfskonstruktion. Auf derartige "Flächenstichproben"   sind die Signifikanztests nur mit einer gewissen Vorsicht 
anwendbar.
Quasi-experimentelle Anordnungen
Wie bereits angeführt, fehlt in den Sozialwissenschaften häufig die 
Möglichkeit zur Durchführung eines Experiments, bei dem der Forscher selber die 
Versuchsanordnung bestimmen kann. Es besteht allerdings unter Umständen die 
Möglichkeit zu so genannten "Feldexperimenten"   oder "natürlichen Experimenten", 
wenn z. B. durch politische Maßnahmen bestimmte Veränderungen eingeführt werden. 
Deren Auswirkungen kann der Forscher dann dadurch zu erfassen suchen, dass er 
die abhängigen Variablen vor und nach Einführung dieser Maßnahme misst und 
vergleicht. 
So könnte man die Auswirkungen, die die Todesstrafe auf die Zahl der 
Kapitalverbrechen hat, durch Zählungen vor und nach der Gesetzesänderung 
erfassen. Allerdings fehlt in diesem Fall eine vergleichbare Kontrollgruppe, die 
im echten Experiment unverzichtbar ist. Denn vielleicht wäre die Zahl der Morde 
aufgrund anderer Faktoren auch ohne Einführung der Todesstrafe gesunken. 
Methodologisch besonders problematisch sind die sogenannten "Ex-post-Erklärungen". 
Dabei stellt man ein bestimmtes soziales 
Phänomen fesst, etwa die Zunahme der Jugendkriminalität, und sucht im Nachhinein 
nach den ursächlichen Faktoren für dies Phänomen. Man meint sie dann zu finden in vorangegangenen 
Änderungen, z. B. dem Wandel in den Erziehungsmethoden. 
Damit derartige Ex-Post-Erklärungen jedoch überhaupt brauchbar werden, müsste 
man zwei Gruppen vergleichen, in denen der ursächliche 
Faktor (die Erziehungsmethoden) unterschiedlich ausgeprägt ist, d. h. es muss untersucht werden, ob der Anstieg der 
Jugendkriminalität auch in Gesellschaften oder Subkulturen zu verzeichnen ist, 
in denen die Erziehungsmethoden sich nicht in dieser Weise geändert haben.
Aber selbst dann ist die Logik des Experiments insofern verletzt, als die 
Vergleichbarkeit der Gruppen in Bezug auf andere Einflussfaktoren in Bezug auf 
die Rate der Jugendkriminalität keineswegs 
gesichert ist. Andere Faktoren wie Familiengröße, Rate der Erwerbstätigen, 
Schulsystem, Einkommensniveau etc. könnten ebenfalls zu der unterschiedlichen Rate 
der Jugendkriminalität in den beiden Gruppen beigetragen haben. 
Allerdings 
kann man dadurch eine gewisse Annäherung an ein echtes Experiment vornehmen, dass man 
andere möglicherweise wirksame Faktoren konstant hält, indem man z. B. die 
Gruppen nach dem Einkommensniveau einteilt und dann nur die Gruppen der 
Jugendlichen mit höherem Einkommen der Eltern in beiden Gruppen von jugendlichen 
Straftätern vergleicht. 
Die Erfolge, die bisher mit empirisch-statistischen Verfahren der 
Theoriebildung in den Sozialwissenschaften erzielt wurden, sind begrenzt. 
Versuche werden in jüngerer Zeit vor allem in Richtung auf die Analyse konkreter 
sozialer Phänomenkomplexe unternommen, die als "Systeme"   analysiert werden, 
deren Verhalten und Entwicklung man bei Annahme bestimmter 
empirisch-statistischer Zusammenhänge "simulieren"   und zumindest für einen 
gewissen Zeitraum prognostizieren kann. Richtung und Stärke der Zusammenhänge 
zwischen den verschiedenen Variablen eines solchen "Systems"   werden aufgrund 
theoretischer Annahmen und/oder bisheriger Ergebnisse geschätzt. 
Bekanntere Beispiele für derartige Systemanalysen sind etwa die Studie zu den "Grenzen des Wachstums"   durch FORRESTER u. a. (vom "Club of Rome"  ) oder die 
ökonometrischen Modelle zur Wirtschaft der Bundesrepublik (z. B. von KRELLE). 
Auch Probleme der Verkehrsentwicklung, der regionalen Wirtschaftsentwicklung, 
des Bildungssystems, der Bevölkerungsentwicklung etc. werden anhand derartiger 
Systemmodelle analysiert. (Zur Einführung in Modellierung und. Systemanalyse 
vgl. E. GEHMACHER: Methoden der Prognostik. Freiburg Rombach 1971.) 
Der Zweck derartiger Systemmodelle besteht dabei allein darin, den 
betreffenden Planern und Politikern eine Informationsgrundlage für ihre 
Entscheidungen zu liefern. Eine zeitliche oder räumliche Übertragbarkeit ist 
meist nicht möglich und auch nicht beabsichtigt. (Zur Frage des theoretischen 
Status ökonometrischer Modelle vgl. etwa die wirtschaftswissenschaftliche 
Diskussion in R. MOLITOR (Hrsg.): Wirtschaftswissenschaft.
Modelle rationalen Verhaltens
Neben diesen Versuchen, auf 
empirisch-statistischem Wege zu theoretischen Modellen der sozialen Realität zu 
gelangen, hat es in den Sozialwissenschaften seit langem auch den Versuch 
gegeben, auf logisch-deduktivem Wege zu theoretischen Modellen zu gelangen. Von 
besonderer Bedeutung sind dabei jene Modelle, die mit der Annahme eines rationalen Handelns der beteiligten Akteure arbeiten. 
Es wird also vorausgesetzt, dass alle 
Individuen rational die Vor- und Nachteile ihrer verschiedenen 
Handlungsalternativen abwägen und sich dann so entscheiden, dass der eigene 
Vorteile bzw. der eigene Nutzen maximiert wird. Auf der Annahme rational ihre Ziele verfolgender Individuen 
werden dann Theorien über wirtschaftliche, politische oder bürokratische 
Prozesse entwickelt. 
Der traditionelle Bereich für derartige Modelle des Rationalverhaltens war 
bisher die Wirtschaftswissenschaft, aus der auch der Begriff des "homo 
oeconomicus"   stammt, doch gibt es inzwischen auch Theorien des Parlamentarismus, 
der Verbände oder der internationalen Politik, die als Modelle des 
Rationalverhaltens konstruiert sind. 
Ein demokratietheoretisches Beispiel soll diesen Theorietyp etwas 
veranschaulichen. 
Angenommen, es gibt 5 Wähler A, B, C, D und E, die zur Höhe des 
Spitzensteuersatzes für Einkommen unterschiedliche Ansichten haben. A möchte 
Einkommen gar nicht besteuern, also 0 %, B wünscht einen Spitzensteuersatz von 
15%, C von 20%, D möchte bis 35% gehen und E bis 50%. 
Man kann diese Interessenstruktur an einem räumlichen Modell 
veranschaulichen. Dazu wird auf einer Achse der von 
jedem Individuum bevorzugte prozentuale Spitzensteuersatz eingezeichnet, 
symbolisiert durch den entsprechenden 
kleinen Buchstaben. Der von Individuum C bevorzugte 
Spitzensteuersatz wird also mit c bezeichnet und wird auf der Achse bei 20% 
eingetragen. 
 
   0        10        
  20         30         
  40         50    (Spitzensteuersatz in %)
   ._____.______.______.______.______.____>
   |               |     
  |                  
|                 
|  
  
a              b      c                  d                 
  e      (individuelle Optima)
Die Interessenstruktur der Individuen sei nun so beschaffen, dass ihnen 
ein Spitzensteuersatz umso lieber ist, je weniger Prozentpunkte er von ihrem 
Optimum entfernt ist. Man kann nun die Frage stellen, welcher Punkt auf der Skala gewählt 
wird, wenn jedes Individuum rational die Befriedigung seiner Interessen verfolgt 
und wenn als Entscheidungsregel gilt, dass derjenige Punkt als kollektiv gewählt 
gilt, der bei einer Abstimmung die relativ meisten Stimmen erhält. Um 
ein Patt auszuschließen, sei weiterhin angenommen, dass im Falle von 
Stimmengleichheit der bisherige Spitzensteuersatz von 25% (Status quo) 
beibehalten wird.  
Wie durch einfache Überlegung klar wird, ergibt sich als Resultat der 
Abstimmung unter den 
angenommenen Voraussetzungen die Alternative c, also  das Optimum des "mittleren"   Individuums C, das bei 
20% liegt. Denn für jeden andern Prozentsatz x als Abstimmungsergebnis würde gelten, dass mindestens 3 
der 5 Individuen einen Satz von 20% gegenüber x vorziehen würden und dass sie dies Resultat 
durch entsprechendes Abstimmungsverhalten auch durchsetzen könnten, da sie die 
Mehrheit haben. 
Würde sich also bei der Abstimmung ein anderer Spitzensteuersatz als c = 20% ergeben, so hätten 
einige der Beteiligten sich nicht rational verhalten im Sinne einer 
größtmöglichen Befriedigung 
ihrer Interessen, was unvereinbar mit den oben gemachten Voraussetzungen wäre. 
Das Modell kann also erklären, warum sich unter bestimmten Bedingungen bei 
Mehrheitsabstimmungen ein stabiles Abstimmungsergebnis einstellt und dass dies 
Abstimmungsergebnis dem Optimum des mittleren oder genauer des "medianen"   
Individuums entspricht. (S. dazu z. B.  A. Downs, Ökonomische Theorie der 
Demokratie. Tübingen: Mohr 1950). 
Ein anderes Beispiel ist die Theorie der Verbände von Mancur Olson, die er in 
seinem Buch "Die Logik kollektiven Handelns"   entwickelt hat. Olson will eine 
Theorie der Wirtschaftsverbände in kapitalistisch-parlamentarischen 
Gesellschaften aufstellen. Dabei nimmt er an, dass sich Individuen in dem oben 
beschriebenen Sinne rational bei der Verfolgung ihrer Ziele verhalten und dass 
diese Ziele vorwiegend eigennütziger Art sind. Man könnte nun annehmen, dass 
Verbände bzw. Interessengruppen sich überall dort bilden, wo Individuen 
gemeinsame Interessen bzw. Ziele haben. 
Nun gibt es bestimmte Arten von Gütern, die dadurch gekennzeichnet sind, dass 
von ihrer Nutzung praktisch kein Mitglied eines bestimmten Kollektivs 
ausgeschlossen werden kann, die so genannten "kollektiven Güter". Beispiele 
hierfür sind etwa staatliche Zölle, Steuern oder Subventionen, die jeweils für 
ganze Branchen gelten oder Tarifabschlüsse, die für alle Arbeitnehmer einer 
Branche gelten. Wenn nun außerdem gilt, dass für die Erreichung dieser 
kollektiven Güter vereinte Anstrengungen unternommen werden müssen, deren "Kosten"   an Zeit, Geld etc. individuell anfallen, so kann man den Schluss 
ziehen, dass sich zur Erreichung derartiger kollektiver Güter keine Verbände 
bilden werden, insbesondere wenn das Kollektiv sehr groß ist. Rationale 
Individuen werden sich stattdessen als "Trittbrettfahrer"   verhalten. Sie werden 
selber keine Kosten auf sich nehmen und von den Anstrengungen der andern 
profitieren. Eine solche Theorie würde erklären, warum bestimmte Interessen - 
z. B. Konsumenteninteressen - gewöhnlich schwach organisiert sind und warum 
bestimmte Verbände ihren Organisationsgrad dadurch zu steigern versuchen, dass 
sie für ihre Mitglieder exklusive Vorteile bereitstellen (z. B. die Streikkasse 
bei den Gewerkschaften).
Die Frage ist nun, was unter methodologischen Gesichtspunkten von derartigen 
theoretischen Modellen zu halten ist. Die Kontroversen über diese Art von 
Theoriebildung wurden dabei vorwiegend in den Wirtschaftswissenschaften geführt, 
jedoch lassen sich die Argumente leicht auf den politikwissenschaftlichen 
Bereich übertragen. 
Ein Problem bei der Kritik derartiger Modelle besteht darin, dass oft nicht 
genügend klar ist, welchen erkenntnistheoretischen Status diese Modelle haben. 
Die Modelle selber bestehen ja nur aus bestimmten Prämissen, die bewusst 
vorausgesetzt werden, sowie logischen Deduktionen aus diesen Prämissen. Es 
handelt sich also erstmal bei ihnen nur um Aussagen über gedanklich konstruierte 
Welten und nicht um Aussagen über die Wirklichkeit. Das Kriterium für solche 
konstruierten Welten wäre allein die logische Stimmigkeit, das heißt die 
Schlüssigkeit der gemachten Deduktionen. Von manchen Kritikern werden deshalb solche Modelltheorien auch nur 
als logische Spielerei und als Übung in Mathematik abgetan.
Eine Möglichkeit zur Interpretation solcher axiomatisch-deduktiv aufgebauter 
Modelle wäre die empirische Interpretation, d. h. dass die Modelle als 
Darstellung und Erklärung bestimmter Bereiche der Wirklichkeit gelten sollen. In 
diesem Falle müssten sich die Aussagen der Modelle direkt oder indirekt anhand 
der beobachtbaren Wirklichkeit überprüfen lassen, d. h. aus den theoretischen 
Modellen müssen sich Hypothesen deduzieren lassen, die empirisch falsifizierbar 
sind. Eine Schwierigkeit bei der Falsifizierung solcher Modelle besteht darin, 
dass die Interessenstruktur der Individuen empirisch schwer zu ermitteln ist.
Dies kann am obigen Beispiel zur Mehrheitsabstimmung verdeutlicht werden. 
Das Abstimmungsverhalten eines Individuums darf in diesem Fall ja nicht als 
Indikator für seine Interessenstruktur genommen werden, da die Erklärung des 
Abstimmungsverhaltens durch die Interessenstruktur sonst tautologisch wäre. Wenn 
man einen Sachverhalt durch einen anderen erklären will, so müssen beide 
Sachverhalte unabhängig voneinander definierbar sein, da der Zusammenhang sonst 
nicht empirischer sondern definitorischer Natur wäre. 
Eine Möglichkeit zur Ermittlung der Interessenstruktur ist die Befragung der 
Individuen. Man kann sie z. B. auffordern, die Alternativen a, b, c, d, e in eine Rangfolge gemäß ihren Interessen zu bringen, also eine 
so genannte "Präferenzordnung"   der zur Entscheidung stehenden Alternativen zu 
bilden. (Dies wäre natürlich nur eine vereinfachte Darstellung der 
Interessenstruktur, da theoretisch alle Punkte auf der Rechts-Links-Skala 
Alternativen darstellen und in eine Präferenzordnung gebracht werden müssten.) 
Dann würden sich folgende Präferenzordnungen für die 5 Individuen ergeben:
 
         Präferenzordnung der 
Spitzensteuersätze der Individuen A, B, C, D und E
              
(siehe Schaubild oben)
| 
	 A  | 
    
	 B  | 
    
	 C  | 
    
	 D  | 
    
	 E  | 
  |
| 
	 1.  | 
    
	 a  | 
    
	 b  | 
    
	 c  | 
    
	 d  | 
    
	 e  | 
  
| 
	 2.  | 
    
	 b  | 
    
	 c  | 
    
	 b  | 
    
	 e  | 
    
	 d  | 
  
| 
	 3.  | 
    
	 c  | 
    
	 a  | 
    
	 d  | 
    
	 c  | 
    
	 c  | 
  
| 
	 4.  | 
    
	 d  | 
    
	 d  | 
    
	 a  | 
    
	 b  | 
    
	 b  | 
  
| 
	 5.  | 
    
	 e  | 
    
	 e  | 
    
	 e  | 
    
	 a  | 
    
	 a  | 
  
Bei einer solchen Präferenzstruktur der 5 Individuen ist die Alternative c 
die Mehrheitsalternative, also diejenige Alternative, die bei einem 
Paarvergleich mit jeder anderen Alternative eine Mehrheit der Stimmen bekommt. 
Anhand der Präferenz-Tabelle sieht man leicht, dass von den Alternativen a, b, d 
und e keine dreimal oder öfter über der Alternative c steht. 
Bei einer solchen Befragung gibt es allerdings das Problem, dass eine 
wahrheitsgemäße Beantwortung der Fragen durch die Individuen vorausgesetzt 
werden muss. Dabei sind die Möglichkeiten zur Aufdeckung bewusster 
Falschdarstellungen der eigenen Interessenstruktur begrenzt, wie aus der Theorie 
des Interviews bekannt ist. 
Weiterhin stellt sich das Problem, dass sich die Präferenzordnungen der 
Individuen in dem Zeitraum zwischen ihrer Ermittlung durch Befragung und der 
Abstimmung ändern können. Wenn es hierfür keine Kontrolle gibt (z. B. durch eine 
nachträgliche Befragung), könnte man jedes dem Modell widersprechende Ergebnis 
dadurch "erklären", dass sich inzwischen die Präferenzen geändert haben müssen. 
Damit wäre das Modell jedoch gegen jede Widerlegung immunisiert. 
Wenn man einmal voraussetzt, dass das Problem der Ermittlung der vorhandenen 
Interessen gelöst ist, so müsste das Modell rationalen Abstimmungsverhaltens 
dann als falsifiziert gelten, wenn bei Vorliegen z. B. der angenommenen 
Interessenstruktur sich bei einer einmaligen Abstimmung nach dem relativen 
Mehrheitsprinzip nicht c sondern irgendeine andere Alternative als Resultat 
ergibt. 
Wenn z. B. die Individuen A und B für b gestimmt haben, während die übrigen 
Individuen jeweils für ihr Optimum c bzw. d oder e gestimmt haben, ergibt sich 
das Abstimmungsresultat b, da diese Alternative zwei Stimmen erhalten hat, 
während alle übrigen Alternativen nur jeweils eine Stimme oder gar keine Stimme 
erhalten haben. In diesem Fall hätten sich C, D und E zusammentun können, um 
gemeinsam für c zu stimmen. Da c für alle drei Individuen besser ist als b, wäre 
ein solches Handeln in ihrem Interesse, d. h. "rational"   gewesen. 
Hier wird jedoch deutlich, dass für die Durchführung eines solchen rationalen 
kollektiven Abstimmungsverhaltens weitere, im Modell nicht genannte 
Voraussetzungen erforderlich sind. Zum einen müssen C, D und E wissen, dass die 
Alternative c 
für alle drei höher in ihrer Präferenzordnung rangiert als b. Bei den 
Beteiligten wird also Kenntnis der Präferenzordnungen 
der andern vorausgesetzt. Wo diese Informationen nicht verfügbar sind oder wo 
ihre Beschaffung mit bestimmten Kosten (z. B. Zeitaufwand) verbunden ist, ist das 
obige einfache Modell also nicht anwendbar. 
Außerdem wird an dem obigen Beispiel deutlich, dass eine weitere Voraussetzung des Modells die Information über sich anbahnende Koalitionen ist, 
denn wenn im C, D und E gar nichts von der sich anbahnenden Koalition zwischen 
A und B auf der Basis der Alternative b wüssten, so gibt es u. U. für sie keinen Grund zu einer 
Koalition auf der Basis c. 
Eine weitere Voraussetzung des Modells ist die Möglichkeit zu Kommunikation 
und Kooperation zwischen allen Individuen, denn wenn zu erwarten ist, dass A und 
B sich zusammentun, müssen C, D und E miteinander koalieren, da sie nur 
geschlossen die Alternative b verhindern können. Das Modell ist also in der 
einfachen Form nicht anwendbar, wenn Koalitionshindernisse bestehen, sei es, 
dass bestimmte Individuen "prinzipiell"   nicht miteinander koalieren wollen, sei 
es, dass die Bildung von Koalitionen und die dazu notwendigen Verhandlungen aus 
Zeitmangel nicht durchgeführt werden können oder dass sich dieser Aufwand für 
einzelne Individuen im Verhältnis zur erreichbaren Verbesserung des 
Abstimmungsresultates nicht lohnt. 
Die Aussage des Modells, dass bei rationalem Handeln aller Beteiligten die 
Alternative C das Abstimmungsresultat bilden muss, setzt weiterhin voraus, dass 
es den Individuen bei ihrer Abstimmung allein auf das Resultat ankommt. Denkbar 
wäre jedoch, dass die Individuen bei der Abstimmung noch weitere Ziele 
verfolgen. So mag ein Individuum aufgrund langfristiger Überlegungen auf die 
Realisierung der in diesem Fall individuell günstigsten Koalition verzichten, 
um andere Beteiligte nicht zu verprellen, von denen es sich umgekehrt 
Unterstützung bei späteren Abstimmungen erhofft. Auch von der Möglichkeit 
solchen "Stimmentauschs"   bzw. von Abstimmungskoalitionen über ganze 
Abstimmungsserien abstrahiert das einfache Modell. 
Ein weiterer Gesichtspunkt, der für ein Individuum neben dem 
Abstimmungsresultat eine Rolle spielen kann, ist der Eindruck, den jemand mit 
seinem Abstimmungsverhalten auf Dritte macht. So mag jemand auf eigentlich 
vorteilhafte Kompromisse verzichten, um unter dem Gesichtspunkt langfristiger 
Interessen "sein Gesicht nicht zu verlieren". Die Abstimmung hat dann für ihn 
eher den Charakter eines Bekenntnisses seiner Meinung nach außen als den eines 
zweckrationalen Verhaltens in Bezug auf das Abstimmungsergebnis. 
Aus all diesen Überlegungen wird deutlich, dass das einfache Modell 
rationalen Abstimmungsverhaltens der Individuen entsprechend einer 
Präferenzordnung der zur Abstimmung stehenden Alternativen eine Reihe von 
Annahmen enthält, die durch die Voraussetzung des Rationalverhaltens noch nicht 
abgedeckt sind. Insbesondere dürfen keine relevanten Informations-, 
Kommunikations- und Verhandlungskosten entstehen und es dürfen keine über die 
Abstimmungsthematik hinausgehenden sonstigen Interessen eine Rolle spielen. 
Damit das Modell rationalen Abstimmungsverhaltens als Erklärungsmodell für 
tatsächliches Abstimmungsverhalten brauchbar bleibt, müsste es um die genannten 
Aspekte erweitert werden. 
Aber selbst wenn das gelungen ist, bleibt als grundlegendes Problem, ob die 
Annahme des Rationalverhaltens aufrechterhalten werden kann. Eine Möglichkeit, 
diesem Problem zu entgehen, könnte darin bestehen, dass man den 
Anwendungsbereich des Modells auf solche Fälle beschränkt, in denen 
Rationalverhalten gegeben ist. Wenn man diese Modellprämissen jedoch als 
Festlegung des Anwendungsbereichs für das Modell interpretiert, so wird das 
Modell tautologisch und für empirische Erklärungen unbrauchbar: denn die 
zentrale Frage, ob für einen konkreten Fall die Prämissen erfüllt sind oder 
nicht, bleibt unbeantwortet.
Konzeptionen einer verstehenden Sozialwissenschaft
Gegen das Konzept einer erklärenden Sozialwissenschaft, die auf die 
Aufstellung beobachtbarer empirischer Regelmäßigkeiten bzw. Gesetzmäßigkeiten 
nach Art der Naturwissenschaften ausgerichtet ist, gab es beständig Einwände. Diese Einwände bezogen sich vor allem darauf, 
dass es die Sozialwissenschaften einschließlich der Geschichtswissenschaften mit 
menschlichem Handeln zu tun haben, das nicht in der gleichen Weise "erklärt"   
werden könne, wie z. B. Phänomene der unbelebten Natur. 
Die Positionen, von denen aus die Idee einer empirischen Gesetzeswissenschaft 
in Bezug auf soziale Phänomene kritisiert wird, sind dabei keineswegs 
einheitlich. Einen historischen Überblick über die Kontroversen vermittelt z. B. 
Jürgen Habermas, Zur Logik der Sozialwissenschaften. Materialien. Frankfurt a. 
M. 1970, insbesondere der darin wieder abgedruckte 
Literaturbericht aus dem Jahre 1967. Zu nennen wäre weiterhin G. H. von Wright, 
Erklären und Verstehen. Frankfurt a. M. 1974. 
Abgesehen von dieser inneren Uneinheitlichkeit haben die alternativen 
Konzeptionen sozialwissenschaftlicher Theoriebildung zwar eine Kritik der 
empiristischen Ansätze geleistet, haben aber selber keine ausgearbeitete 
Methodologie vorgelegt. Dies gilt insbesondere für die dialektische Philosophie, 
die sich von Hegel herleitet. 
Von gewisser Bedeutung sind hermeneutische Ansätze einer "verstehenden"   
Sozialwissenschaft, für die Namen wie Droysen, Dilthey, Rickert, Max Weber, 
Alfred Schütz und Peter Winch stehen. Ohne den Anspruch zu haben, diesen 
Theoretikern gerecht werden zu können, sollen hier ansatzweise die Einwände der 
verstehenden Sozialwissenschaften skizziert werden. 
Gegen eine Anwendung der aus empirischen Regelmäßigkeiten deduzierten 
Erklärungen in der Geschichtswissenschaft hat sich vor der englische Historiker 
William DRAY in seinem 1957 erschienenen Buch: "Laws and Explanation in History"   
ausgesprochen. "Der Grund, warum historische Erklärungen normalerweise keinen 
Bezug auf Gesetze enthalten, ist danach nicht, dass die Gesetze so komplex und 
unbekannt sind, dass wir mit einer bloßen Skizze zufrieden sein müssen (wie 
HEMPEL meinte, E.W.), auch nicht, dass sie zu trivial sind, eigens erwähnt zu 
werden (wie Popper meinte, E.W.). 
Nach DRAY liegt der Grund einfach darin, dass 
sich historische Erklärungen überhaupt nicht auf allgemeine Gesetze stützen."   
(WRIGHT, Erklären und Verstehen, S. 34). Stattdessen meint DRAY, dass menschliche 
Handlungen eines spezifischen Erklärungsschemas bedürfen und nicht nach dem 
Gesetzesschema erklärt werden können. "Eine Handlung erklären"   heißt nach DRAYs Auffassung: zeigen, dass es unter den gegebenen Umständen angemessen und 
rational war, diese Handlung zu vollziehen. Er nennt dies "rationale Erklärung."   
(WRIGHT S. 35). 
Wright arbeitet diesen Gedanken weiter aus. Er schließt dabei an die Idee 
eines "praktischen Syllogismus"   an, der bereits bei Aristoteles entwickelt ist: "Der Ausgangspunkt oder Obersatz des Syllogismus erwähnt irgendeinen 
Wunschgegenstand oder ein Handlungsziel; der Untersatz setzt eine bestimmte 
Handlung quasi als Mittel zum Zweck mit diesem Gegenstand in Beziehung; die 
Conclusio besteht schließlich in der Verwendung dieses Mittels zur Erreichung 
jenes Zweckes. 
Wie in einem theoretischen Schluss die Behauptung der Prämissen 
notwendigerweise zur Behauptung der Conclusio führt, folgt somit in einem 
praktischen Schluss aus der Bejahung der Prämissen die ihnen entsprechende 
Handlung. 
Praktische Begründungen sind von großer Bedeutung für das Erklären und 
Verstehen von Handlungen. Es ist eine Grundannahme der vorliegenden Arbeit, dass 
der praktische Syllogismus eine seit langem bestehende methodologische Lücke der 
Humanwissenschaften schließt: Er liefert ein eigenes Erklärungsschema, das eine 
deutliche Alternative zum subsumptionstheoretischen Schema darstellt. 
Allgemein 
gesagt: Was das subsumptionstheoretische Schema für Kausalerklärungen und 
Erklärungen in den Naturwissenschaften ist, ist der praktische Syllogismus für 
teleologische Erklärungen und Erklärungen in den Geschichts- und 
Sozialwissenschaften."   (WRIGHT, S. 36f.) 
Das einfache Schema eines praktischen Schlusses wäre folgendes: "A beabsichtigt, p herbeizuführen." "A glaubt, dass er p nur dann herbeiführen kann, wenn er x tut." "Folglich macht sich A daran, x zu tun."   
Kern dieses Erklärungsschemas ist, dass eine Handlung x erklärt bzw. 
verständlich gemacht wird einerseits aus den Absichten (Intentionen, Zielen) des 
Handelnden und andererseits aus den Handlungsmöglichkeiten, die dem Handelnden 
seiner eigenen Meinung nach zur Verwirklichung dieser Absichten zur Verfügung 
stehen. 
Was leistet ein solches Schema rationaler Erklärung menschlicher Handlungen? 
Unstreitig ist, dass im Alltagsleben derartige teleologische "Erklärungen"   von 
Handlungen aus Absichten außerordentlich verbreitet sind. Man sagt etwa "Er 
läuft, um noch den Zug zu erreichen"   oder "Er öffnet das Fenster, um frische 
Luft hereinzulassen."   Allerdings weist Wright bereits selber darauf hin, "dass 
der praktische Syllogismus keine Beweisform darstellt, sondern eine 
Begründungsform, die von anderer Art als der Beweis-Syllogismus ist."   (WRIGHT S. 
36.) Das heißt, die Aussage "A tut x"   folgt nicht logisch aus den Sätzen "A hat 
die Absicht, p herbeizuführen"   und "A glaubt, dass er p nur dann herbeiführen 
kann, wenn er x tut". Allerdings ergeben die beiden Sätze eine zweckrationale 
Begründung oder Rechtfertigung dafür, dass A x tut. Eine logische Folge ergäbe 
sich erst dann, wenn man die zusätzliche Annahme macht, dass sich A 
zweckrational verhält. Ergänzt man den praktischen Syllogismus um die Annahme 
zweckrationalen Handelns beim Akteur, so ergibt sich auch hier ein deduktives 
Erklärungsschema. Ob sich dieses im Sinne des Hempel-Oppenheim-Schemas 
interpretieren lässt, muss hier offen bleiben. 
Ein weiterer Kritikpunkt von Seiten der hermeneutischen Richtungen bezieht 
sich auf die Gewinnung der Erfahrungsdaten. Gegen die Vorstellung, es ginge in 
den Sozialwissenschaften um die Aufdeckung beobachtbarer Regelmäßigkeiten, wird 
eingewandt, dass menschliche Handlungen nicht einfach nur beobachtet werden 
können, wie physikalische Daten, sondern dass sie immer interpretiert, also in 
ihrem Sinn verstanden werden müssen. 
Ein Beispiel mag dies verdeutlichen. So setzt zum Beispiel Wahlforschung 
voraus, dass man die institutionellen Normen kennt, die einem bestimmten 
Verhalten die Bedeutung des "Wählens"   gibt. Durch die bloße 
Beobachtung menschlichen Verhaltens käme man niemals dazu, dass drei völlig verschiedene 
Vorgänge wie "jemand hebt seinen Arm", "jemand verlässt den Raum durch die 
linke Tür", "jemand schreibt einen Namen auf einen Zettel"   die
gleiche Handlung des "Wählens"   darstellen. 
Insofern nun die Politikwissenschaft nicht ohne derartige Handlungsbegriffe 
auskommt, die ein beobachtbares Verhalten zugleich unter dem Gesichtspunkt "bedeutungskonstituierender"   
Regeln interpretieren, ergeben sich hier Probleme, die über 
naturwissenschaftliche Fragestellungen hinausgehen und hermeneutische 
Fragestellungen aufwerfen. (S. dazu P. WINCH: Die Idee der Sozialwissenschaft. 
Frankfurt a. M.: Suhrkamp.) 
Allerdings scheinen diese Grundlagenprobleme für die 
praktische Forschungsarbeit keine großen Schwierigkeiten darzustellen, insofern 
die Interpretationen des Verhaltens unproblematisch sind.
Siehe auch 
die folgenden thematisch verwandten Texte in der Ethik-Werkstatt:
   
   
Allgemeine Methodologie der Wissenschaft
   
Methodologie der normativen Politikwissenschaft
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empirischen 
 
Politikwissenschaft"  
Letzte Bearbeitung 24.11.2005 / Eberhard Wesche
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