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Aus meinen Notizb�chern: Heft V
Vorbemerkung: 
*V - 1* 
Normative
Leerformeln werden durch Institutionen 
interpretiert, die dazu erm�chtigt werden, z. B. durch Gerichte.  
b) "... weil du überfahren werden kannst." Damit wird an mein eigenes Interesse 
appelliert. Der Imperativ war Ausdruck eines Ratschlags. 
____Aus meinen Notizb�chern Heft I  
	II  
	III  
	IV  
	V   
	VI   VII  
	VIII  
	IX  
X   XI  
XII. 
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Hier geht die inhaltliche Normierung des Handelns 
in die Normierung durch Schiedsinstanzen über. Diese Schiedsinstanzen sind in 
ihren Entscheidungen nicht inhaltlich festgelegt. Durch die 
Konstruktion der Institution � (Unabh�ngigkeit, Neutralit�t, Unbefangenheit, keine 
Beeinflussung durch die streitenden Parteien etc. � soll Gerechtigkeit prozedural erzeugt werden.) 
*V - 2*
'Common interest'-Konzepte spielen auch innerhalb von 
Organisationen eine gro�e legitimatorische Rolle, z. B. der Appell an das 
"gewerkschaftliche Interesse", "die St�rkung der eigenen Organisation" etc. 
Dies ist 
wohl ein minimales gemeinsames Interesse, innerhalb dessen dann verschiedene 
Vorstellungen Platz haben. Es wäre ein Konzept, das bestimmte Vorstellungen als 
"gewerkschaftssch�digend" oder "anti-gewerkschaftlich" ausschlie�en kann, das 
aber für eine Entscheidung allein nicht hinreichend ist.
*V - 3*
Toleranz: Ausschluss aus der Gewerkschaft wegen "gewerkschaftssch�digenden 
Verhaltens"... Nur, wer definiert dies? Die Schiedskommission? Der Vorstand?
*V - 4*
Ich sollte mich mit der Unterscheidung in Verfassungsfragen und Gesetzgebungsfragen befassen (MUELLER, BUCHANAN) 
sowie mit der analogen Bestimmung der Kriterien "Konsens" und "Mehrheitsprinzip".
*V - 5*
Intersubjektiver 
Nutzenvergleich: Man k�nnte durch Umfragen herausbekommen, welches 
Wohlfahrtsniveau die Individuen bzw. Gruppenmitglieder haben, z. B. 
durch die Frage: "W�rden Sie mit dem Individuum X (bzw. mit einem Mitglied der 
Gruppe A) die Lage tauschen?"
Oder auch: "Mit welchem Individuum (bzw. 
Mit einem Mitglied welcher Gruppe) w�rden Sie am liebsten, am zweitliebsten ... die 
Lage tauschen?"
Oder: "Welchen Individuen geht es Ihrer Meinung 
nach am 
besten, am zweitbesten ... ?"
Solche Befragungen werfen natürlich die 
�blichen Probleme auf, die mit der Interviewtechnik verbunden sind. Wichtig ist 
darüber hinaus: In solche Bewertungen gehen unkontrolliert die Annahmen der 
Befragten über die tats�chliche Lage der betreffenden Individuen (bzw. Gruppen) ein. 
Bewertungen, die auf falschen Fakten beruhen, sind aber unbrauchbar. 
Man m�sste deswegen entweder den Befragten eine wahre Information über die 
tats�chliche Lebenslage geben, die man dann bewerten lässt, oder man verzichtet 
ganz auf den konkreten Bezug und fragt hypothetisch: "Angenommen die 
tats�chliche Lebenslage ist so-und-so ...", oder man kontrolliert 
gleichzeitig den 
Informationsstand durch Wissensfragen wie: "Wie hoch sch�tzen Sie das Einkommen, 
die Lebenserwartung etc. der Mitglieder dieser Gruppe?"
Ein weiteres Problem bei 
solchen Befragungen liegt darin, dass in der Formulierung "W�rden Sie tauschen 
wollen?" immer auch die Frage nach der F�higkeit mitschwingt, die Funktion des 
andern auszuf�llen. Dies sollte aber bei der Bewertung des 
Wohlfahrtsniveaus keine Rolle spielen. Es muss also z. B. dadurch 
ausgeschaltet werden, dass man den Zusatz gibt: "Angenommen, Sie h�tten die 
erforderlichen F�higkeiten ..." bzw. durch entsprechende Kontrollfragen.
Weitere Probleme: Was macht man bei Inkonsistenz? Wie filtert man eine 
kollektive Bewertung heraus? Wie kommt man zu einer metrischen Skala? Oder ist dies nicht notwendig?
*V - 6*
Vielleicht 
wäre die folgende Terminologie am besten geeignet: "informative Theorien" (empirisch�faktisch) im Unterschied zu "normativen Theorien".
*V - 7*
Terminologisches: Kann man den 
bereits eingef�hrten Begriff "indiskutabel" auf solche Theorien 
anwenden, die das 
Intersubjektivit�tsgebot verletzen? (Allerdings hat der Begriff bereits eine stark pejorative Bedeutung.)
*V - 8*
M�glichkeit: Unterscheiden zwischen "m�glich, wenn der 
Handelnde es will" und 
"m�glich, wenn bestimmte Ereignisse eintreten".
*V - 9*
Die Frage: "Was soll ich 
tun?" kann moralisch oder eigeninteressiert gemeint sein. Im ersteren Falle strebe ich 
die 
Anerkennung meines Handelns durch alle an, im letzteren suche ich dauerhafte Anerkennung 
meines Handelns durch mich selber.
*V - 10*
Wer die Auffassung vertritt, die 
Normen und Wertvorstellungen der Menschen seien nicht diskutierbar, weil sie 
sozial determiniert sind (z. B. durch die Klassenzugeh�rigkeit), der muss 
dasselbe dann auch für die anderen Bewusstseinsformen und damit auch für die 
Theorie vertreten, der er selber anh�ngt. Er muss konsequenterweise letztlich aufh�ren zu 
diskutieren.
*V - 11*
Die besondere Funktion der �ffentlichkeit bei der 
argumentativen Konsensbildung herausarbeiten: "�ffentlichkeit" bedeutet, dass 
dieser Bereich im Prinzip für jedes Individuum offen ist. An einer �ffentlichen 
Diskussion kann im Prinzip jeder teilnehmen (die faktischen Hemmnisse des 
Zugangs, die u. U. die �ffentlichkeit beschneiden können, und deren 
Zul�ssigkeit sollen hier nicht diskutiert werden). Durch diese 
Zugangsm�glichkeit für jeden ist in gewisser Weise gew�hrleistet, dass gegenüber 
einer �ffentlich zur Diskussion gestellten Positionen alle vorhandenen 
relevanten Argumente und Gegenargumente erfasst werden, ohne dass an der Diskussion alle 
Individuen aktiv beteiligt waren. Im Extremfall kann sogar eine monologische 
Darstellung der eigenen Position, die ohne Widerspruch bleibt, als bew�hrt und 
als Konsens gelten (es sei denn, die Position w�rde als so irrelevant erachtet, 
dass trotz vorhandener Kritik diese nicht artikuliert wurde).
*V - 12*
Einmal 
die Voraussetzungen einer funktionierenden �ffentlichkeit untersuchen: 
Informationsfluss, R�ckkopplung, Selektionsmechanismen, Teilnehmer etc. 
Das Medium der �ffentlichkeit erm�glicht es, von der intersubjektiven G�ltigkeit 
einer personell beschr�nkten Diskussion auf die Allgemeing�ltigkeit der hier 
erzielten Ergebnisse zu schlie�en. (Hier kommt man zu den organisatorischen und 
institutionellen Bedingungen von Wissenschaft.)
*V - 13*
Den Zusammenhang 
zwischen M�glichkeit und Zeithorizont herausarbeiten. Kurzfristig ist manches 
unm�glich, was langfristig m�glich ist: "Unm�gliches wird sofort erledigt, 
Wunder dauern etwas l�nger."
*V - 14*
KUTSCHERA 1973, S. 12-13, unterscheidet 
zwischen NormSätzen und Imperativen. "Ein Normsatz 
behauptet, dass eine Norm gilt. Solche Norms�tze sind als Behauptungen wahr oder falsch." 
"Imperative stellen Handlungen dar, die sich in sprachlichen �u�erungen vollziehen. Sie sind 
als Handlungen weder wahr oder falsch." "Ein Imperativ setzt eine Norm". Diese 
Unterscheidung zwischen dem Behaupten und dem Setzen von Normen einmal klären, indem man einen argumentativen Streit um 
NormSätzen bzw. Imperative rekonstruiert.
*V - 15*
Begr�ndung von Normen. Gegen den 
Satz: "Es ist 
verboten, bei 'rot' die Stra�e zu überqueren" kann man 
einwenden: "Nein, es ist nicht verboten, bei 'rot' über die Stra�e zu 
gehen" oder: "Es ist zwar verboten, aber ich finde das Verbot 
nicht gerechtfertigt."
 
Gegen den Imperativ: "Gehe nicht 
bei 'rot' über die Stra�e!" k�nnte 
man sagen: "Du hast mir gar nichts zu befehlen" und damit ausdr�cken, dass es sich 
um einen Imperativ handelt, der durch keine geltende Kompetenznorm gest�tzt 
wird. 
Man k�nnte auch 
fragen: "Warum soll ich nicht bei 'rot' über die Stra�e gehen?" 
Der andere k�nnte 
antworten:
a) "... weil die Ampel rot ist" und mich dann an den Normsatz erinnern: "Es ist 
verboten, bei 'rot' die Stra�e zu überqueren."
c) "... weil 
ich dies so will". Hier wird der Imperativ damit begr�ndet, dass das 
befohlene Verhalten dem Wollen des Befehlenden entspricht.
d) "... weil ich 
dein Vater bin". Hier wird auf ein institutionalisiertes elterliches 
Befehlsrecht verwiesen (bzw. eine kindliche Gehorsamspflicht), also auf die 
Kompetenz zur Anwendung des Imperativs. 
*V - 16*
Es gibt zwei Fixpunkte für die 
G�ltigkeit von Normen (richtiger: von NormSätzen): 1. das Intersubjektivit�tsgebot, 
2. den Willen der Individuen.
*V - 17*
Was sind Argumente? Gr�nde, die zul�ssig 
sind? Warum sind bestimmte Mittel der Beeinflussung bei einer 
wahrheitsorientierten Diskussion unzul�ssig?
*V - 18*
Jemand, der die Diskussion 
über die von ihm durchgesetzten Normen ablehnt, hat damit das 
Intersubjektivit�tsgebot verletzt ("Darüber wird nicht diskutiert!", "Hierüber 
lasse ich nicht mit mir diskutieren!")
*V - 19*
Zum Intersubjektivit�tsgebot: 
Verletzt jemand das Intersubjektivit�tsgebot, wenn er von der Position her 
argumentiert, dass es keine intersubjektiv g�ltigen Normen geben kann? Die Frage 
ist, wie er argumentiert. Es bleibt ihm ja nichts anderes �brig, als jeden 
Versuch einer intersubjektiven Normenbegr�ndung konkret als ung�ltig zu 
widerlegen. Damit misst er diese Versuche an einem 
G�ltigkeitskriterium, das er insofern intersubjektiv teilen muss. (Frage: Was ist bei einer 
rein immanenten Kritik durch Aufdeckung logischer Fehler etc.?)
*V - 20*
Welche Macht verschafft der Reichtum? Man sagt: "Ein mit Gold beladener Esel 
übersteigt jede Mauer." für Geld bekommt man fast alles: Manche Leute "dingen" sich sogar M�rder, manche kaufen sich sch�ne Frauen (als Geliebte 
oder auch als Ehefrauen).
*V - 21*
Zum Verhältnis von normativer Methodologie 
und inhaltlicher normativer Theorie: Die inhaltliche normative Theorie folgt nicht 
logisch aus der 
Methodologie, so wie auch die inhaltlichen empirischen Theorien nicht deduktiv 
aus der empirischen Methodologie folgen. Die empirische Methodologie gibt z. B. an, 
wie ein Experiment durchgef�hrt werden muss, sie gibt aber nicht das Ergebnis des 
Experimentes an. Ebenso gibt die normative Methodologie an, welche Verfahren zu 
g�ltigen bzw. verbindlichen Normen f�hren, aber nicht, welche inhaltlichen Normen im Einzelnen dabei herauskommen.
*V - 22*
Warum setzen g�ltige Theorien g�ltige Begr�ndungen voraus? Es 
k�nnte ja jemand die richtige Formel tr�umen, ohne sie begr�nden zu 
können. Allerdings k�nnte man über die G�ltigkeit der Theorie erst dann etwas 
aussagen, wenn man g�ltige Gr�nde gefunden h�tte. Solange wäre es auch 
unzul�ssig, die Theorie für g�ltig zu erklären, (obwohl sie bereits 
g�ltig sein kann).
*V - 23*
Terminologisches: Soll man das Begriffspaar w�hlen: 
'g�ltig 
� ung�ltig' oder 'g�ltig � falsch'? Es gibt ja auch noch: 'richtig � falsch' und 
'wahr � 
falsch'. Warum eigentlich nicht den Begriff "Wahrheit" nehmen? Man sagt 
ja auch differenzierend: 
"logisch wahr" und "empirisch wahr". Warum also nicht auch "normativ wahr"?
*V - 24*
"Geltung" und "G�ltigkeit": 
Muss jemand, der fordert: "Du sollst mir gehorchen!" die G�ltigkeit des Befehls 
(dessen Anerkennbarkeit) für den Adressaten voraussetzen? Nein, es handelt sich 
um einen rein subjektiven Willensausdruck. Es reicht, wenn der andere gehorcht, 
weil er bei Normverletzung Sanktionen befürchtet. Aber das bedeutet nicht Anerkennung der 
G�ltigkeit des Befehls durch den Adressaten sondern nur Anerkennung der Existenz 
des Befehls.
*V - 25*
Auch in der empirischen Methodologie gibt es den 
Unterschied zwischen 
dem Geltungsanspruch einer Aussage und ihrer G�ltigkeit. Es muss unterschieden 
werden zwischen dem Wahrheitsanspruch einerseits und der Wahrheit andererseits. Wahrheitsanspr�che können durchgesetzt werden, notfalls mit dem Scheiterhaufen, auf 
dem der Dissident sich dem Geltungsanspruch einer Theorie beugt. Aber das �ndert 
nichts an der Wahrheit einer Aussage.
*V - 26*
Immunisierung durch Unverst�ndlichkeit hat für die betreffende Theorie den 
Nachteil eingeschr�nkter Wirksamkeit. Aber dies können Theorien in Kauf nehmen, 
die sowieso nur ein weltanschauliches Rechtfertigungsm�ntelchen sind, das vor 
allem Phrasen für Sonntagsreden liefert soll.
*V - 27*
Immunisierung in 
eschatologischen Theorien: "Der Messias (das J�ngste Gericht, der Kommunismus 
usw.) wird kommen." Da kein Zeitpunkt angegeben wird, kann man Einw�nden 
immer dadurch begegnen, dass man sagt: "Warte nur ab, es wird noch kommen." So 
kann man bis in alle Ewigkeit Recht behalten, ohne jemals widerlegt werden zu 
können.
*V - 28*
Kann ich eine Norm für g�ltig halten und mich trotzdem nicht 
danach richten? Oder bedeutet Letzteres, dass ich die Norm "eigentlich" nicht für g�ltig 
halte? Keineswegs, denn ich kann eine Norm ohne weiteres für g�ltig halten 
und doch der Meinung sein, dass in einer bestimmten Situation ein Versto� 
dagegen für mich von Vorteil sein w�rde (z. B., wenn kein Risiko besteht, 
dass mein Versto� entdeckt wird, so dass ich keine Sanktionen befürchten muss). 
Dass ich eine Norm für ung�ltig halte, m�sste sich darin ausdr�cken, dass ich 
die Norm ablehne und kritisiere, und nicht darin, dass ich sie in 
einem bestimmten Fall nicht befolge.
*V - 29*
Alltagsformulierungen, die 
interpersonelle Unterschiede in der Betroffenheit von einem Ereignis ausdr�cken:
"Das geht mich auch an!"
"Das geht mich nichts an."
(Dies kann sich auch 
auf bereits normativ gesetzte Verf�gungsbereiche beziehen). 
"Das betrifft 
mich .. (sehr, unmittelbar, stark, kaum, existenziell, st�rker als dich, gar 
nicht etc.)
*V - 30*
Bei BRANDT (?) findet sich ein Kriterium des 
Betroffenen-Seins: Jemand gilt nur dann als von einem Ereignis betroffen, 
wenn ein Vorteil oder Nachteil aufgrund dieses Ereignisses für ihn auch dann 
feststellbar wäre, wenn er von dem Ereignis nichts w�sste. Aber dies kann Jahre 
sp�ter erst sein, dass ich von dem Ereignis erfahre.
*V - 31*
Das Intersubjektivit�tsgebot: "Suche nach intersubjektiv g�ltigen Normen!" 
bedeutet, dass ich die G�ltigkeit von Normen durch ihre Konsensf�higkeit 
bestimme. Ich vertrete insofern eine Konsenstheorie der Wahrheit. Aber 
was hei�t "konsensf�hig"? Ist eine Theorie 
konsensf�hig, wenn sich einige oder auch sehr viele Individuen darauf geeinigt 
haben? Nein, solange die Theorie nicht auch für alle anderen  konsensf�hig 
ist. Wie viele Individuen einen tats�chlichen Konsens erzielen, ist irrelevant. 
Relevant ist allein, dass für alle der Konsens m�glich sein muss. Im Prinzip kann deshalb 
eine theoretische Position g�ltig sein, die ein einziges Individuum vertritt, n�mlich 
dann, wenn sie gleichzeitig für alle konsensf�hig ist.
*V - 32*
Wie bestimmt man 
nun, ob eine Theorie für alle konsensf�hig ist? Man muss sich methodologisch 
über die Bedingungen einigen, denen eine Theorie gen�gen muss, die konsensf�hig 
sein soll. Damit wird die Frage der Konsensf�higkeit für jede einzelne Theorie 
zum Problem der Konsensf�higkeit in Bezug auf die Methodologie. Ob eine Theorie "wissenschaftlich" ist, wird durch die Wissenschaftstheorie (und ihre Anwendung 
auf die einzelnen Theorien) bestimmt. Hier ist also wiederum ein Konsens 
erforderlich, aber dieser Konsens wird durch die für jeden Diskussionsteilnehmer 
verbindliche Norm geleitet, zu einem Konsens kommen zu wollen. 
Wenn 
nachgewiesen werden kann, dass ein bestimmtes Merkmal einer Theorie mit dem Willen zum Konsensus 
nicht vereinbar ist, so werden Theorien 
mit diesem Merkmal ausgeschieden. 
Theorien, die solche Merkmale nicht besitzen und über die man sich trotzdem 
nicht einigen kann, bleiben wissenschaftlich umstritten. Sie bleiben also in der 
Diskussion und sind wissenschaftlich vertretbar.
*V - 32*
Man kann G�ltigkeit (Wahrheit) 
von Theorien als ein zweiwertiges Merkmal konstruieren (g�ltig � ung�ltig / wahr 
� falsch). Aber in dem Augenblick, wo man sich für die Annahme einer Theorie 
entscheiden muss (z. B. wenn man handeln muss), so hat man dafür vielleicht keine Theorie 
verf�gbar, die nach der dichotomischen Einteilung "g�ltig" (bzw. "wahr") ist. 
Dann muss man sich unter den vorhandenen Theorien die relativ beste aussuchen. 
Aber wie bestimmt man diese? Ist es die relativ "g�ltigste"?
*V - 33*
Methodologische Normen haben ähnlichkeit mit inhaltlichen Normen. Wenn jemand 
ein G�ltigkeitskriterium für die eigenen Ansichten heranzieht, so muss er auch 
anerkennen, dass der andere das gleiche Kriterium für seine Ansichten heranzieht. 
Sonst ist das Intersubjektivit�tsgebot verletzt. Denn entweder das Kriterium ist 
für beide g�ltig oder aber für keinen von beiden. Sonst wäre es nicht 
intersubjektiv g�ltig.
Hieraus ergibt sich auch der Grundsatz: 
"Gleiches 
Recht für alle!", allerdings schlie�t dies Prinzip nicht aus, dass nicht im 
Rahmen des Rechtssystems für bestimmte Arten von Individuen andere Regelungen zur 
Anwendung kommen können als für andere Arten von Individuen. Es gilt zwar für alle das gleiche 
Rechtssystem, aber für verschiedene Individuen können verschiedene Normen 
zur Anwendung kommen. (RAWLS bezeichnet das Prinzip: "Gleiches Recht für alle!" 
wohl als "formale Gerechtigkeit".)
*V - 34*
Wenn widersprüchliche Normen 
zugelassen wären, so k�nnte sich A nach der einen Norm richten, und B nach der 
dazu im Widerspruch stehenden anderen Norm. Damit wäre aber der 
Konflikt zwischen A  
und B überhaupt nicht gel�st, sondern nur in Form von Normen wiederholt. Hierbei muss allerdings vorausgesetzt werden, dass die Normen für beide 
überhaupt relevant waren � und nicht "gleichg�ltig". Relevant sind Normen nur, 
wenn sie Konflikte zwischen Individuen regeln. Wo kein Konflikt besteht, bedarf 
es auch keiner normativen Regelung. Wenn das, was A tun will, nicht im Konflikt 
steht mit dem, was B tun will, so ist eine Norm von beiden Individuen her 
überfl�ssig.
Anders ausgedr�ckt: Wenn niemand die Norm X übertreten will und 
wenn zugleich niemand die Norm x durchsetzen will,  so ist x überfl�ssig. 
Eine solche irrelevante Norm wäre etwa: "Halte nicht l�nger als 10 Minuten die Luft 
an!" Es gibt niemanden, der diese Handlung ausf�hren will und es gibt niemanden, der die Handlung verhindern will. 
Man m�sste die überlegungen allerdings noch um die potentiellen Konflikte 
erweitern. Man k�nnte n�mlich sagen: "Es gen�gt u. U. bereits, dass 
jemand eine bestimmte Handlung nicht will, um eine entsprechende Norm 
zu rechtfertigen. Denn selbst wenn gegenw�rtig noch niemand diese Handlung 
ausf�hren will, so k�nnte doch in Zukunft dieser Fall eintreten. Um solche 
potentiellen Konflikte zu vermeiden, lassen sich pr�ventive Normen denken (In 
der Praxis kann man beobachten, dass neue Normen erst eingef�hrt werden, wenn 
bestimmte Handlungen tats�chlich einmal begangen werden � obwohl diese 
Handlungen auch vorher als negativ oder gar abscheulich galten. Es hatte eben 
niemand gedacht, dass einmal jemand auf die Idee kommen w�rde, so etwas zu tun.)
*V - 35*
Aus der Konfliktbedingung für Normen erkl�rt sich auch, weshalb Normen, die 
Unm�gliches verbieten (gebieten, erlauben), irrelevant sind, denn 
Unm�gliches 
kann niemand tun. Um unm�gliche Handlungen zu bek�mpfen, muss man sie nicht verbieten. Eine unm�gliche Handlung zu fordern, ist genauso sinnlos. Ich kann 
sie w�nschen, aber kein Gebot kann sie realisieren. Allerdings können solche 
Normen u. U. zu anderen Zwecken dienen, z. B. können 
unerf�llbare Normen den Zweck haben, bei den Normadressaten Schuldgef�hle und 
Straf�ngste auszul�sen, d.h. es geht gar nicht um die geforderten Norminhalte 
sondern um bestimmte Nebenwirkungen. Wenn die übertretungen dann nur willk�rlich 
und zuf�llig geahndet werden, stehen alle unter der st�ndigen Drohung einer 
Bestrafung. Dadurch kann ihre Gef�gigkeit gegenüber anderen Normen erh�ht 
werden.
*V - 36*
Was sind "unerf�llbare Normen"? Sind Normen dann 
unerf�llbar, wenn übertretungen vorkommen? Andererseits konnten Sie hier 
gleichzeitig in vielen anderen F�llen eingehalten werden, waren also dort 
erf�llbar. Au�erdem verlieren Normen ja nicht dadurch ihren Sinn, dass sie 
übertreten werden. Denen, die diese Norm vertreten, kommt es ja meist darauf an, 
dass die normativ gebotene Handlung m�glichst oft getan wird bzw. dass die 
normativ verbotene Handlung m�glichst selten ausgef�hrt wird. Wenn eine Norm in diese 
Richtung wirkt, hat sie für diese Individuen bereits einen Zweck erf�llt. (Im 
Strafprozess w�rde die Erf�llung einer Norm je nach der besonderen Situation 
ber�cksichtigt. Je unerf�llbarer die Norm für das Individuum war, desto mehr 
Strafmilderung wird gegeben. In extremen Notlagen oder Zwangssituationen, z. B. in Notwehr, wird sogar v�llige Strafffreiheit gew�hrt. Man denke etwa 
auch an Situationen, wo jemand entweder den Tod der einen oder den Tod der 
anderen bewirken muss.)
*V - 37*
Wie wird nun über die Verf�gbarkeit entschieden? In 
der Rechtsprechung gibt es offensichtlich eine Einteilung der zwingenden 
Beweggr�nde in "anerkennbare"und "nicht anerkennbare". Es ist 
definiert, was man von jemandem verlangen kann und was nicht. 
z. B. kann 
von niemandem verlangt werden, dass er zur Einhaltung einer Norm sein eigenes 
Leben opfert. (Vielleicht mit Ausnahme des Soldaten. Obwohl auch dieser sich 
vielleicht Befehlen zu 100-prozentigen Himmelsfahrtkommandos straffrei widersetzen 
kann.) Ebenso kann z. B. von niemandem verlangt werden, dass er nach 
l�ngerer Schlaflosigkeit noch eine Aufgabe fehlerfrei ausf�hrt, die gro�e 
Aufmerksamkeit und Konzentration erfordert. (Allerdings kann der Versto� bereits 
darin liegen, dass sich jemand in eine Situation bringt, in der eine Norm für 
ihn unerf�llbar wird, z. B. durch Alkoholgenuss. Er kann dann deswegen 
bestraft werden.)
*V - 38*
Entschuldigungen: "Ich war es nicht."  
"Ich wollte es 
nicht." "Ich habe es unabsichtlich getan." "Ich konnte nicht anders handeln." "Ich war 
unzurechnungsf�hig."
*V - 39*
Insofern Normen immer Konfliktregelungen 
darstellen, ihnen also unvereinbare Willensinhalte zugrundeliegen, kommen  
bei allen Konfliktregelungen intersubjektive Nutzenabw�gungen zur Anwendung. 
Wessen Wille setzt sich inwieweit durch? Allerdings spielen dabei auch 
intrasubjektive Nutzenerw�gungen eine Rolle, weil eine Norm für dieselbe Person 
sowohl vorteilhafte wie nachteilige Aspekte haben kann. Dies verkompliziert den 
Versuch, ähnlich wie der Utilitarist, Normen durch Nutzenkalkulationen zu 
rechtfertigen.
*V - 40*
Geltung einer Norm: "Das gilt auch für dich!" 
sagt man 
zu jemandem, der sich nicht angesprochen f�hlt, der die Norm nicht auf sich 
anwendet hat. 
*V - 41*
Potentieller Konflikt: gibt es auch potentielle Konflikte der Art, dass 
bestimmte Handlungen gegenw�rtig get�tigt werden und heute niemand etwas dagegen 
hat, dass aber in Zukunft vielleicht jemand etwas dagegen haben k�nnte? wären 
dann heute schon entsprechende Normierungen sinnvoll? Wohl kaum, denn dann 
m�sste man praktisch alles verbieten.
*V - 42*
Lorenzen postuliert für 
normative Theorien analog zur axiomatisch-deduktiven empirischen Theorie: 
Widerspruchsfreiheit, Vollst�ndigkeit und Unabh�ngigkeit. Wie sinnvoll sind die 
beiden Letzteren? Und wie sind sie zu begr�nden?
*V - 43*
M�glichkeit: Zur M�glichkeit eines bestimmten Ereignisses, 
z. B. dass 
Berlin dieses Jahr von einem Erdbeben ersch�ttert wird. Man kann fragen: "Ist dies m�glich?" Man k�nnte 
antworten: "Unter bestimmten angebbaren geophysikalischen Bedingungen ist dies 
m�glich." Diese Bedingungen m�ssten hinreichende Bedingungen für das Auftreten 
eines Erdbebens sein. (K�nnten es auch hinreichende Bedingungen für ein mit 
bestimmter Wahrscheinlichkeit auftretendes Erdbeben sein, sofern hier keine 
deterministischen sondern nur stochastische Gesetzm��igkeiten bekannt 
sind?)
Man k�nnte nun weiter fragen, ob es m�glich ist, dass solche 
hinreichenden Bedingungen für ein Erdbeben gegeben sind. Man k�nnte darauf gem�� 
der vorhandenen Kenntnisse über diese Bedingungen antworten. Angenommen keine 
dieser Bedingungen wäre gegenw�rtig gegeben. Dann m�sste man noch den Fall 
ber�cksichtigen, dass diese Bedingungen erst zuk�nftig eintreten. (Hier wäre der 
Zeitraum wichtig: Es ging um die M�glichkeit eines Erdbebens in diesem Jahr.) 
Nun m�sste man Bedingungen und Gesetzm��igkeiten angeben, die den gegenw�rtigen 
Zustand in diesem Zeitraum so ver�ndern, dass hinreichende Bedingungen für ein 
Erdbeben entstehen. Vielleicht kann die M�glichkeit eines Ereignisses nie ganz 
ausgeschlossen werden, aber die Wahrscheinlichkeit geht gegen Null, wenn die 
Bedingungen jeweils nicht gegeben sind und die Kette der Bedingungen immer weiter 
zur�ck verfolgt werden muss. Das Ergebnis kann dann "mit an Sicherheit 
grenzender Wahrscheinlichkeit" ausgeschlossen werden: Es erscheint unm�glich.
Man benutzt auch die Klausel: "Sofern keine unvorhergesehenen Ereignisse 
eintreten". Au�erdem bleibt natürlich immer noch die M�glichkeit (!), dass die 
Theorie bzw. die Beschreibung der gegebenen Randbedingungen falsch waren.
*V - 44*
Den Zusammenhang zwischen Existenz, G�ltigkeit und Geltung einer Norm 
klären. Terminologisch wird z. B. bei der Unterscheidung von 
Genese und 
Geltung einer Theorie der Terminus "Geltung" in derselben Weise benutzt, wie ich "G�ltigkeit" benutze. 
(?)
Als Anh�nger des Mehrheitsprinzips kann ich z. B. eine bestimmte Mehrheitsentscheidung 
für falsch halten, sie aber trotzdem als für mich verbindlich anerkennen oder 
"respektieren", wie man auch sagt. Ich werde mich an diese falsche Entscheidung 
halten, nicht nur aufgrund von drohenden Sanktionen, sondern weil ich dies als Anh�nger 
des Mehrheitsprinzips selber will. Durch eine falsche Mehrheitsentscheidung wird noch 
nicht das Mehrheitsprinzip falsch.
Wenn ich aber eine Norm aus freien 
St�cken als für mich verbindlich ansehe und mich an sie halten will, ist sie 
dann nicht doch für mich g�ltig? Dann wäre sie für mich gleichzeitig g�ltig und 
falsch. Es gibt hier offensichtlich zwei Ebenen von G�ltigkeit:
1.) Normen 
sind g�ltig, insofern ich sie als formal g�ltig zu Stande gekommen und für mich 
verbindlich anerkenne (auch ohne die Befürchtung von Sanktionen)
2. Normen 
sind g�ltig, insofern ich sie als solche inhaltlich für richtig halte.
Die erste Form der G�ltigkeit kann nur für geltende Normen zutreffen, die "in 
Kraft" sind. (Allerdings kann man auch im Konjunktiv die M�glichkeiten noch nicht in 
Kraft gesetzter Normen durchdenken: "Wenn die Mehrheit x 
beschlie�en w�rde, wäre x für mich verbindlich.") Diese Form der G�ltigkeit 
bezieht sich immer auf eine prozedurale Form der Normbestimmung und sieht von 
den Inhalten ab. Sie wird deshalb notwendig, weil irgendeine 
verbindliche Norm für das Handeln gesetzt werden muss, wenn es nicht aufgrund 
von Meinungsunterschieden zu realen Konflikten - also im wahrsten Sinne 
zu "Zusammenst��en" - kommen soll. Eine solche prozedurale Form der G�ltigkeit dient 
der "Friedenssicherung" (Kelsen sieht hierin die eigentliche Funktion des 
Rechts.) Ohne solche verbindlichen Normen w�rde es zu Konflikten kommen, die im 
allgemeinen zu schweren Sch�digungen f�hren w�rden. Jede normative 
Meinungsverschiedenheit w�rde zu einer Art "Kriegszustand" f�hren.
*V - 45*
für 
Meinungsunterschiede besteht die Gefahr des realen Zusammensto�es nicht. 
Meinungsunterschiede können durch Kommunikation ausgetragen und auch 
aufgel�st werden. Sie brauchen deshalb nicht durch verbindliche Entscheidungen 
beendet zu werden. Es wäre im Interesse einer m�glichen Kl�rung und Aufl�sung der 
Meinungsunterschiede auch gar nicht w�nschenswert, auch die Diskussion durch 
eine Festlegung der verbindlichen Meinung zu beenden. In den heimlichen Gedanken 
der Individuen w�rden die Meinungen letztlich nicht normierbar weil nicht 
kontrollierbar sein.
*V - 46*
Man k�nnte zwischen Existenz, Verbindlichkeit 
und G�ltigkeit von Normen unterscheiden. Damit eine Norm existent
ist, gen�gt, 
dass sie mit dem Anspruch auf Befolgung verk�ndet wird. Selbst wenn ich sie nicht für 
verbindlich und auch nicht für g�ltig halte, so werde ich sie oft aus Klugheit trotzdem 
befolgen, um negativen Sanktionen zu entgehen.
*V - 47*
Damit eine Norm für mein 
Handeln verbindlich ist, muss sie zum einen 
existent sein. 
Zum anderen muss sie nach 
normativen Prozeduren entstanden sein, die für mich g�ltig sind. Sie 
braucht aber nicht selber für mich g�ltig zu sein, kann es aber sein.
*V - 48*
Damit eine Norm für mich g�ltig ist, muss sie nicht existent sein. Sie kann es 
aber. Sie muss ebenfalls nicht für mein Handeln verbindlich sein, kann es 
aber sein. Hier ergeben sich bereits neue Probleme: Sind die Pr�dikate für 
Normen (existent, verbindlich, g�ltig) einstellige Pr�dikate oder sind sie 
zweistellig? Muss man sagen: existent für Personen A, verbindlich für 
Personen A, g�ltig für Personen?
*V - 49*
Zue Existenz einer Norm: 
z. B. "Alle Frauen sollen in der �ffentlichkeit Schleier tragen." Durch 
empirische Forschung kann man feststellen, ob diese Norm heute in �gypten 
existiert und ob sie es bereits vor 100 Jahren war. Dazu m�sste man herausfinden, ob 
sie mit dem Anspruch auf Befolgung zu diesem Zeitpunkt in �gypten verk�ndet 
worden war. Man k�nnte sich darüber streiten, ob Existenz einer Norm zus�tzlich 
zur Verk�ndung auch noch die Sanktionierung (Anwendung, Durchsetzung) der Norm 
verlangt. Es gibt ja Normen, die offiziell immer noch in Kraft sind, aber nicht 
mehr angewendet und sanktioniert werden. Au�erdem k�nnte man sich darüber 
streiten,  welche Art von Verk�ndung der Norm n�tig ist. So werden u. U. 
entgegen dem Prinzip "Keine Strafe ohne Gesetz" nach Kriegsende oder nach dem 
Ende eines Regimes die Kollaborateure bestraft, also nach einer Norm, die 
h�chstens insgeheim verk�ndet worden ist.
*V - 50*
Die Existenz einer Norm wäre dann eine für alle empirisch 
feststellbare r�umliche und zeitliche Tatsache. Allerdings ist es sinnvoll zu 
sagen: "Individuum A h�lt die Norm N1 für existent, Individuum B h�lt sie nicht für 
existent." Man kann dann abgek�rzt davon sprechen, dass die Norm N1 für A existent 
ist, dagegen für B nicht existent ist. A und B können irgendwelche Individuen 
sein, es m�ssen nicht nur Normadressaten 
sein. Man sagt manchmal auch, "dass für die Frauen 
in �gypten das Gebot existierte, in der �ffentlichkeit einen Schleier zu tragen." 
Damit sind die Normadressaten gemeint. Wenn eine Norm für bestimmte Individuen 
existiert, so bedeutet das hier, dass sich die Norm an diese Individuen 
richtet, dass sie für diese Individuen gilt. ("Das Gebot gilt 
auch für dich!") In diesem Sinne von "existieren von Normen" ist es sinnvoll zu 
sagen: "Die Norm gab es nur für die Frauen jedoch nicht für die M�nner." 
Dieser Sprachgebrauch ist hier jedoch nicht gemeint. Um Verwechslungen zu 
vermeiden, sollte man ihn ganz vermeiden und nur die Begriffe: "ist adressiert an 
..." bzw. "Normadressaten" verwenden.
*V - 51*
Verbindlichkeit einer Norm: Eine Norm 
besitzt dann Verbindlichkeit, wenn sie, obwohl sie selber inhaltlich falsch sein kann, doch 
befolgt werden sollte (unabh�ngig von Sanktionsdrohungen). Wieso kann man 
berechtigterweise für eine falsche Norm Verbindlichkeit fordern? Dies ist dann 
m�glich, wenn irgendeine Instanz berechtigterweise die Kompetenz besitzt, 
verbindliche Normen zu setzen - unabh�ngig vom Inhalt. (Diese Instanz kann im 
Prinzip ein Kollektiv von Individuen sein, die Normen für sich nach dem 
Mehrheitsprinzip setzen. Es können aber auch Gerichte, Parlamente, Gremien, 
Amtstr�ger, Einzelvorgesetzte usw. sein). Es existiert dann immer eine andere 
Norm, die der betreffenden Instanz ein Kompetenzrecht einr�umt, (im Rahmen 
bestimmter  normativer Einschr�nkungen) verbindliche Normen zu setzen bzw. 
Entscheidungen zu treffen. Diese Instanzen können dabei jeweils unter 
verschiedenen Normen ausw�hlen und sie können dabei dann m�glicherweise auch 
eine falsche bzw. schlechtere Wahl treffen. Insofern beinhalten Kompetenzrechte 
ihrer Struktur nach die M�glichkeit der Fehlentscheidung. Bei Anerkennung des 
Kompetenzrechtes kann eine Entscheidung dann sowohl verbindlich als auch falsch 
zugleich sein.
*V - 52"
In diesen Kompetenzrechten liegt ein entscheidender 
Unterschied zwischen normativen Systemen und empirischen Theorien. Empirische 
Theorien können axiomatisch-deduktiv aufgebaut sein, d.h., dass die einzelnen 
Hypothesen aus den allgemeinen Gesetzm��igkeiten durch Deduktion gewonnen 
werden können. Ich kann aber eine Einzelnorm, die eine dazu berechtigte 
Instanz setzt, nicht deduktiv aus dem Kompetenzrecht dieser Instanz ableiten, 
denn im Rahmen ihrer Kompetenz darf diese Instanz eben jede beliebige Norm 
setzen. Man kann nur fragen, ob die gesetzte Norm mit der Kompetenznorm in 
Einklang steht. Sie tut dies z. B. nicht, wenn die Instanz mit der 
gesetzten Norm ihre Kompetenz überschreitet. U. U. gibt es auch meist 
sehr allgemein gehaltene inhaltliche "Richtlinien" für die Entscheidungen der 
Instanz, denen eine einzelne Norm ebenfalls widersprechen kann. Aber diese 
Richtlinien, etwa dass die Entscheidung das Allgemeinwohl zu fürdern h�tten, 
dass sie (bei Gerichten) nur im Rahmen eines übergeordneten inhaltlichen 
Normensystems (den Gesetzen) liegen d�rfen (als dessen Auslegung).
*V - 
53*
Um diesem Problem 
m�glicher Fehlentscheidungen und ihrem Verbindlich-werden zu begegnen, gibt es 
h�ufig normativ geregelte Einspruchsrechte der Adressaten 
gegen gesetzte Normen. So gibt es gegen Gerichtsentscheidungen die M�glichkeit 
der Berufung (Revision), was das Verbindlich-werden bis zur endg�ltigen 
Entscheidung aussetzt (dies kann über mehrere Instanzen bis zur h�chsten Instanz 
gehen). Au�erdem kann es die M�glichkeit der Wiederaufnahme eines Verfahrens 
geben (bei Vorliegen bestimmter Bedingungen). Gegen Parlamentsentscheidungen 
kann man das Verfassungsgericht anrufen, oder aber eine zweite Kammer, oder das Staatsoberhaupt, 
das Vetorecht besitzt (mit oder ohne aufschiebende Wirkung).
*V - 54*
Gegen Regierungsentscheidungen kann man Gerichte anrufen, gegen Vorstandsbeschl�sse 
kann man in Organisationen Satzungsaussch�sse oder Schiedskommissionen anrufen. 
Aber selbst solche bei Einschaltung von Revisionsinstanzen, bei denen man seine 
inhaltliche Kritik an einer 
Entscheidung vorbringen kann, können Fehler unaufgedeckt bleiben, so dass eine 
letztlich verbindliche Entscheidung doch falsch sein kann. (Der Grund dafür, dass trotz 
fortbestehender Meinungsverschiedenheiten und m�glicher Zweifel eine letztliche 
Entscheidung für verbindlich erkl�rt werden muss, liegt in der Vermeidung von 
realen Auseinandersetzungen bzw. Koordinationsproblemen, zu denen es kommen 
w�rde, wenn jeder nach den von ihm für richtig gehaltenen Normen handeln w�rde. 
Im Hintergrund steht wohl die Pr�misse: "Irgendeine verbindliche Regelung ist 
besser als gar keine". Gar keine Regelung w�rde den Kriegszustand bedeuten oder 
einen erb�rmlichen Zustand der Koordinierung.
*V - 55*
Die n�chste Frage ist nun, 
ob ich 
die Kompetenznorm für g�ltig halten muss, damit eine Entscheidung für mich 
verbindlich ist. Oder gen�gt es, dass ich sie als für mich verbindlich erachte? Es 
reicht wohl die Verbindlichkeit. Ich k�nnte z. B. der Meinung sein, dass 
eine bestimmte Instanz nicht befugt sein sollte, auf einem bestimtmen Gebiet Entscheidungen zu 
f�llen. Dann kommt es darauf an, ob diese Instanz ihrerseits durch eine h�here Instanz 
eingesetzt wurde, die dazu befugt war und dies nach meiner Meinung auch 
sein sollte. Die Entscheidungen bleiben so lange für mich verbindlich, wie sie 
sich letztlich aus einer Norm verbindlich ableiten, die für mich G�ltigkeit 
besitzt. Gibt es keine solche für mich g�ltige übergeordnete Norm, so verlieren 
damit 
auch die nachgeordneten Normen für mich ihre Verbindlichkeit. Sie werden 
damit zu existierenden Normen, denen gegenüber ich mich nach individuellen 
Klugheitsregeln verhalten, die ich also durchbreche, sofern es mir vorteilhaft 
erscheint. 
*V - 56*
Die Frage ist, ob man partiell bestimmte Teilsysteme des Gesamtnormensystems für 
nicht verbindlich halten kann, oder ob man damit notwendigerweise 
die gesamte "Verfassung" für nicht verbindlich halten muss. Letzteres 
wohl 
nicht, ich kann z. B. nur einen einzelnen Paragraphen der Verfassung für 
ung�ltig halten, womit alle Normen unverbindlich werden, die darauf beruhen. 
Damit wäre ich ein (partieller) Verfassungskritiker. 
Wenn man sich über 
die betreffenden Normen hinwegsetzen w�rde, wäre man ein "Gesetzesbrecher" (und 
damit automatisch auch ein Verfassungsgegner?) � hier allerdings ein 
"überzeugungst�ter". Wenn man auf verfassungsm��ig vorgeschriebenem Wege eine 
�nderung der für ung�ltig gehaltenen Verfassungsnorm herbeizuf�hren sucht, ist 
man ein "Verfassungsreformer". Wenn man die Existenz dieser Normen auf anderen � nicht 
zugelassenen Wegen � versucht, ist man ein Revolution�r (Verfassungsgegner). In 
diesem Fall h�lt man nicht nur die betreffende Norm für ung�ltig, sondern 
ebenfalls die Normen, die die Verfassungs�nderung regeln. über die 
Verbindlichkeit einer Norm kann man also verschiedener Meinung sein., wenn man über die 
G�ltigkeit einer übergeordneten Norm verschiedener Meinung ist. 
Allerdings kann 
man unter der Voraussetzung der G�ltigkeit (reicht auch schon die Voraussetzung 
der Verbindlichkeit?) bestimmter Normen allein durch logische, empirische und 
hermeneutische Untersuchungen "juristisch" feststellen, ob eine bestimmte Norm 
verbindlich ist oder nicht. Diese Aufgabe erf�llt wohl nach Kelsen auch die Reine 
Rechtslehre). Man braucht dazu dann keine Normen mehr zu begr�nden.
*V - 
57*
G�ltigkeit: Hierunter wäre zu verstehen, ob eine Norm inhaltlich als solche 
richtig ist. Sie muss intersubjektiv zu rechtfertigen sein und der Kritik 
standhalten.
*V - 58*
Marxisten argumentieren 
h�ufig partikularistisch, also 
nur auf die Mitglieder der Arbeiterklasse und deren Interesse bezogen. Es wird argumentiert: "Es 
ist in eurem eigenen Interesse, den Kapitalismus zu beseitigen." Allerdings ist 
es nur im kollektiven Interesse der Arbeiterklasse, denn der Kampf um die 
Beseitigung des Kapitalismus kann für Einzelne gr��ere Opfer fordern als das 
weitere Ertragen des Kapitalismus. Es entsteht also das Trittbrettfahrerproblem: 
Der einzelne Arbeiter lässt die andern Arbeiter die Kastanien aus dem Feuer holen, denn 
am 
Sozialismus als einem unteilbaren kollektiven Gut kann er sp�ter genauso 
teilhaben diejenigen, die dafür individuell gro�e Opfer und Leistungen vollbracht haben 
(hierzu L. Nelson ...). Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit einer normativen 
Regelung, denn die individuellen Klugheitsregeln des Rationalverhaltens reichen nicht aus 
zur Motivation. So kommt es zur Moral der Klassensolidarit�t, die u. U. durch bestimmte soziale Sanktionen und innerhalb von formalen 
Organisationen durch ein System von Pflichten (Beitr�gen, 
Arbeit für die Organisation) und Sanktionen (Ausschluss, Diskriminierung, Nichtber�cksichtigung bei �mtern und Ehrungen etc.) unterst�tzt wird. 
Allerdings sind diese Sanktionen begrenzt wegen der Freiwilligkeit der 
Mitgliedschaft. 
Die proletarische Klassensolidarit�t wäre ein partikulares 
Normensystem, das nur für Arbeiter g�ltig sein soll. Die Kapitalisten 
treten hier nur als Gefahr auf, so wie die Bedrohung durch eine 
Sturmflut.
*V - 59*
Gegen Holismus: "Wenn die Individuen historisch keine 
Rolle spielen sondern nur die überindividuellen Wesenheiten, so frage ich mich, 
warum Du mir als Individuum Vorschriften machst und mich als Individuum kritisierst. 
Warum wendest du dich nicht an die angeblich allein relevanten 
überindividuellen Wesenheiten?
 
*V - 60 *
Man muss zwischen dem 
methodologischen Intersubjektivit�tsgebot und dem Konsens als verbindlicher 
Entscheidungsregel unterscheiden. Das Erstere liegt wohl auf der 
Ebene der 
G�ltigkeit (?), das Letztere auf der Ebene der Verbindlichkeit (?). Der Konsens 
als Entscheidungsregel kommt zu definitiven, verbindlichen Normen. Das 
Intersubjektivit�tsgebot f�hrt dagegen nur zu vorl�ufigen G�ltigkeitsannahmen, denn die 
Diskussion der 
argumentierenden �ffentlichkeit ist ja niemals endg�ltig abgeschlossen, amdere und 
ver�nderte Subjekte können neue Argumente vorbringen und damit zu neuen Ansichten 
über die G�ltigkeit bestimmter Normen f�hren.
*V - 61*
Definition von "g�ltiger 
Norm": "Eine Norm ist g�ltig, wenn alle wollen können, dass sie allgemein 
verbindlich ist (dass sie gilt)." Eine Norm ist für jemanden subjektiv g�ltig, 
wenn er wollen kann, dass sie allgemein verbindlich ist. (Dies w�rde sich auf 
universale G�ltigkeit beziehen.) für partikulare Normen, also rationale 
Entscheidungen, m�sste gelten: "Eine Norm ist für eine Anzahl von Individuen 
partikular g�ltig, wenn diese Individuen wollen können, dass sie für jedes von 
ihnen verbindlich ist."
Statt zu sagen: ".. dass sie für jedes Individuum 
verbindlich ist" sagen: "� dass jedes Individuum danach handelt" also: 
"Universale G�ltigkeit einer Norm bedeutet, dass jedes beliebige Individuum 
wollen kann, dass gem�� dieser Norm gehandelt wird.
Partikulare G�ltigkeit 
einer Norm bedeutet, dass jedes Individuum einer bestimmten Gruppe wollen kann, 
dass gem�� dieser Norm gehandelt wird."
*V - 62*
Diese Definitionen von G�ltigkeit 
�hneln dem kategorischen Imperativ : "Handle so, dass du zugleich wollen kannst, 
dass die Maxime deines Willens jederzeit zur Grundlage einer allgemeinen 
Gesetzgebung genommen wird". Die Schw�che des kategorischen Imperativs liegt 
darin, dass ich als Sklavenhalter ohne weiteres wollen kann, dass die Sklaverei 
als Maxime meines Willens jederzeit zur Grundlage einer allgemeinen Gesetzgebung 
genommen wird.
Demgegenüber w�rde das ausgef�hrte Intersubjektivit�tsgebot 
entsprechend formuliert lauten: "Suche nach Maximen deines Willens, von denen 
jeder Beliebige wollen kann, dass sie zur Grundlage einer allgemeinen 
Gesetzgebung genommen werden".
Der Unterschied liegt darin, dass nicht nur 
ich selber, sondern jedes beliebige Individuum die Normen als allgemein 
verbindlich wollen können muss. Es geht zwar auch beim kategorischen Imperativ 
um allgemeine Normen, die an alle adressiert werden sollen (und nicht nur um 
besondere Normen, die nur an besondere Individuen bzw. Gruppen adressiert sind). 
Allerdings wird das G�ltigkeitsproblem nur partikular (sogar nur individuell) 
formuliert und nicht universal. Hieraus erklären sich die oben erw�hnten 
Schwierigkeiten, z. B. wenn man damit die Sklaverei kritisieren will. Auch wenn man 
den kategorischen Imperativ so versteht, dass die Normen keine Eigennamen 
enthalten d�rfen, so können die allgemeinen Pr�dikate doch immer so formuliert 
werden, dass die Normen dadurch auf bestimmte Gruppen von Individuen 
zugeschnitten sind (siehe hierzu Gellner und Hare).
*V - 63*
Versteht man den 
kategorischen Imperativ dagegen so, dass die Normen nur allgemein für Menschen 
und nicht für Menschen mit bestimmten Merkmalen formuliert werden d�rfen, so 
werden viele offenkundig sinnvolle Normen unm�glich, wie z. B., dass 
man Schwerbehinderten bei Bedarf seinen Sitzplatz überlassen soll. (Allerdings 
wären hier alle Menschen
die Adressaten.) Oder dass Leuten mit ansteckenden 
Hautkrankheiten die Benutzung �ffentlicher Badeanstalten verboten ist.
Ein 
weiterer Unterschied liegt in der Forderung des kategorischen Imperativs, dass 
entsprechend der g�ltigen Maxime (bzw. Norm) zu handeln ist. Dass ich eine Norm 
für g�ltig halte, bedeutet aber keineswegs, dass ich als Einzelner danach 
handeln soll, unabh�ngig von dem, was die anderen Individuen tun. So kann ich 
z. B. die Norm für g�ltig halten, dass in einem Laden nach der 
Reihenfolge der Ankunft abgefertigt werden soll und sich niemand vordr�ngeln 
soll. Wenn sich jedoch niemand daran h�lt und jeder versucht, so schnell wie 
m�glich abgefertigt zu werden, gleichg�ltig ob jemand anders vor ihm gekommen 
war oder nicht, so w�rde jemand, der sich als einziger gem�� der g�ltigen Maxime "Der Reihe 
nach!" verh�lt, u. U. niemals abgefertigt wird. Gem�� einer g�ltigen Norm 
handeln zu sollen, setzt voraus, dass diese Norm tats�chlich eine für alle 
existierende und sanktionierte Norm ist (siehe hierzu BAIER und 
GAUTHIER)
*V - 64*
Man kann unterscheiden zwischen:
 - universaler und 
partikularer G�ltigkeit von Normen, 
 - zwischen allgemeinen und besonderen 
Normen und 
 - zwischen generellen und singul�ren Normen, 
 - zwischen Existenz, 
Verbindlichkeit, G�ltigkeit von Normen. 
Universale Normen sind g�ltig 
für alle. Partikulare Normen sind g�ltig für bestimmte Individuen. 
Allgemeine 
Normen sind an alle adressiert, w�hrend besondere Normen nur an bestimmte 
Individuen adressiert sind.
Generelle Normen werden unabh�ngig von Raum und 
Zeit formuliert. Singul�re Normen sind r�umlich und zeitlich bestimmte 
Normen.
*V - 65*
Ich halte eine Norm für g�ltig (Eine Norm ist für mich g�ltig), 
wenn ich der Meinung bin, dass jeder Beliebige wollen kann, dass gem�� dieser 
Norm gehandelt wird. 
Ich halte eine Norm als die für mich beste (Eine 
Norm ist die für mich beste), wenn ich der Meinung bin, dass ein Handeln gem�� 
dieser Norm für mich am besten wäre. Die letztere Relation k�nnte man als die 
(subjektive) Vorteilhaftigkeit einer Norm bezeichnen. Dabei werden die Normen 
danach beurteilt, wie vorteilhaft ihre Verbindlichkeit für mich wäre. 
*V - 66*
Zur Definition der "G�ltigkeit": "Eine Norm ist g�ltig, wenn jeder wollen kann, 
dass gem�� dieser Norm gehandelt wird." Dies ist insofern problematisch, als 
hierbei das Problem der Durchsetzbarkeit der Norm v�llig ausgeklammert wird. Was 
ist, wenn zwar jeder wollen kann, dass gem�� der Norm gehandelt wird, aber wenn 
dies trotzdem keiner tut bzw. wenn dies auch mit einem aufw�ndigen 
Sanktionssystem nur h�chst unvollkommen durchgesetzt werden kann? Soll eine 
solche Norm als 'g�ltig' bezeichnet werden?
Ein Beispiel hierfür wäre die 
geldlose Wirtschaft ohne Einkommen und ohne Preise. So k�nnte man sich 
sicherlich die folgende Norm als g�ltig vorstellen: "Jeder soll sich 
bem�hen, m�glichst viel zur Produktion der von den Konsumenten gew�nschten G�ter 
beizutragen" oder "Niemand soll Konsumg�ter verbrauchen, die jemand anders 
dringender braucht (keine Verschwendung von Konsumg�tern)". 
Wenn man nun 
au�erdem annimmt, dass es kaum festzustellen (und noch schwieriger 
durchzusetzen) ist, dass sich jemand um h�chste Produktionsleistungen bem�ht und dass es 
ebenfalls kaum festzustellen (Und noch schwieriger durchzusetzen) ist, dass 
jemand unn�tig viel konsumiert, so wäre für die Gesamtgesellschaft ein derart riesiger 
Kontroll- und Sanktionsapparat notwendig, dass eine 
geldlose Wirtschaft u. U. nicht mehr w�nschbar erscheint. Aber g�ltige 
Normen, deren verbindliche Einf�hrung nicht w�nschbar ist, sind paradox. 
Deshalb sollte 'G�ltigkeit' definiert werden: "Eine Norm ist g�ltig, wenn jedes 
beliebige Individuum die Existenz dieser Norm wollen kann." (Hier ist unter 
'Existenz' die wirksame Durchsetzung der Norm zu verstehen.)
*V - 67*
Terminologisches: "
"Eine Norm ist g�ltig, wenn jeder ihre 
Existenz wollen kann." Stattdessen k�nnte man auch sagen:" anerkennen kann", 
"annehmen kann", "akzeptieren kann" etc. Allerdings haben diese Ausdr�cke 
einen passiv-inaktiven Beiklang.
*V - 68*
Empirisch-normativer Doppelsinn: 
"eine Sache anerkennen". Ich kann damit meinen: "die Existenz der Sache 
anerkennen" oder aber auch "die Existenzberechtigung einer Sache anerkennen".
Wenn jemand die Existenzberechtigung einer Sache nicht anerkennen will und 
sagt: "Ich erkenne x (diese Regierung, diesen Staat, diesen Zustand) nicht an", 
so wird er oft so kritisiert, als sei er realit�tsblind, denn x sei doch auch ein Faktum, 
dass man anerkennen m�sse. Aber dies ist nur scheinbar ein Argument gegen dessen 
Position. Es handelt sich in Wirklichkeit um eine ganz andere Frage.
*V - 
69"
Eine Norm besitzt eine universale G�ltigkeit, wenn jedes Individuum, demgegenüber der 
G�ltigkeitsanspruch erhoben wird, die Existenz dieser Norm wollen kann.
*V - 70*
Normen, deren Realit�tsbezug nicht gegeben ist, sind 
irrelevant. Ohne Realit�tsbezug sind z. B. Normen 
... 
 - deren Anwendungsbedingungen 
real 
nicht gegeben sind (z. B. "Wenn Ostern und Pfingsten auf einen Tag 
fallen, sollst Du mir 1.000 DM geben"), 
 - deren Adressaten real 
nicht gegeben sind (z.B. "Alle Menschen mit vier Beinen sollen von der Steuer 
befreit werden.")
 - deren Normgehalt nicht zu realisieren ist 
oder bereits realisiert ist (z. B. Herr X soll mit seinen Armen 
fliegen" oder  "Kein Mensch soll l�nger als 1000 Jahre leben" oder "Jeder Mensch soll 
eine Massenanziehung aus�ben" oder "Jeder Mensch soll einmal sterben."
*V - 71*
Aus dem Intersubjektivit�tsgebot: "Suche nach intersubjektiv g�ltigen Normen!" 
lässt sich ableiten, dass die einfache Befürwortung oder Ablehnung von Normen 
durch ein Individuum A nicht zul�ssig ist, wenn Meinungsverschiedenheiten 
bestehen. A w�rde bei einem solchen Verhalten h�chstens nach Normen suchen, die für es selber am 
vorteilhaftesten sind. Es soll aber nach solchen Normen suchen, die auch das 
andere Individuum befürworten kann. Jeder ist deshalb verpflichtet, dem anderen 
eine Begr�ndung für die Annahme zu geben, dass die von ihm selbst befürworteten 
Normen von jedem gewollt werden können. Aus dem Intersubjektivit�tsgebot leitet 
sich also ein Begr�ndungsgebot (oder 
Argumentationsgebot) ab und das Verbot einer unbegr�ndeten Ablehnung der Norm.
*V - 72*
Mill begr�ndet die 
Meinungsfreiheit 
damit, dass dadurch m�gliche Fehler in den für wahr gehaltenen Auffassungen 
aufgedeckt werden können. Er scheint dabei auf die subjektive Vorteilhaftigkeit 
hin zu 
argumentieren: Jeder hat ein Eigeninteresse an der Eliminierung von Fehlern in 
seiner Auffassung, denn niemand will sich irren. 
Demgegenüber begr�nde ich 
die �ffentlichkeit der Argumentation (und das bedeutet Meinungsfreiheit) mit dem 
Universalit�tsanspruch der G�ltigkeit bzw. dem Intersubjektivit�tsgebot. Da 
Allgemeing�ltigkeit die Anerkennbarkeit durch jeden impliziert, kann sie nur dann 
behauptet werden, wenn auch jeder seine Meinung dazu vortragen und begr�nden 
konnte. Aufdeckung von Fehlern hie�e hier: Aufdeckung mangelnder Intersubjektivit�t und nicht mangelnde Ber�cksichtigung des Eigeninteresses.
*V - 73"
Warum 
ist es unzul�ssig, Normen nicht im Zusammenhang mit den darin geregelten 
Handlungen zu rechtfertigen, sondern mit "sachfremden" Erw�gungen zu 
Nebenwirkungen, etwa 
Interesse an allgemeiner Einsch�chterung, Unterdr�ckung, Qu�lerei der 
Normadressaten?
*V - 74*
Gibt es auch in der empirischen Methodologie eine 
partikulare G�ltigkeit, insofern eine Hypothese nur für bestimmte Individuen Wahrheit 
beansprucht, z. B. "wahr nur für die Arbeiterklasse "? Hat so etwas 
Sinn oder 
impliziert das die Annahme, dass jeder in einer anderen Welt lebt, also die 
Existenz einer Pluralit�t von Welt? (Siehe die Hinweise von MACKIE in POTHAST zur 
Relativit�tstheorie) 
*V - 75*
Eine Norm kann zugleich partikular 
g�ltig und universal ung�ltig sein. Ein Beispiel wäre etwa die ungeschriebene 
Satzung eines Verbrechersyndikats. Vielleicht sollte ich mich ganz auf die 
universale G�ltigkeitsproblematik konzentrieren und die partikulare G�ltigkeit 
herauslassen, weil sie die Sache nur kompliziert. Man k�nnte bei G�ltigkeit für 
ein Subjekt vielleicht sinnvoller von "Rationalit�t" sprechen. Von Rationalit�t 
lässt sich dann nur sinnvoll in Bezug auf ein bestimmtes Objekt sprechen.
*V - 76*
Bei Normen für begrenzte Kollektive 
z. B. ein Verbrechersyndikat, Vereine etc. ist das Problem strukturgleich, unter der Annahme, dass die nicht zum 
Kollektiv geh�renden Individuen nur als Umweltbedingung in Betracht zu ziehen 
sind, so wie andere natürliche Bedingungen. Insofern stellen sich hier keine 
besonderen Probleme, sondern die Ergebnisse aus der universalen 
G�ltigkeitsproblematik können übernommen werden. Au�erdem kann kollektive 
G�ltigkeit als Teil der universalen G�ltigkeit auftreten, wenn das Kollektiv (z. 
B. ein M�nchsorden) 
innerhalb zus�tzlicher "normativer constraints" die Berechtigung besitzt, die 
partikular nur für sich g�ltigen Normen zu bestimmen, die dann automatisch auch universale 
G�ltigkeit erhalten (?) (oder muss man hier immer von "verbindlichen" 
Normen sprechen?)
*V - 77*
Wenn jemand für seine Norm 
keine G�ltigkeit beansprucht sondern nur Befolgung 
verlangt, so muss man sich nur gegen den Gehorsamsanspruch zur Wehr 
setzen, 
wenn man diese Norm nicht will. Dieses 'sich wehren' kann insofern argumentativ erfolgen, 
indem man auf das Eigeninteresse des anderen hin argumentiert (also gar nicht das 
G�ltigkeitsproblem aufwirft) und ihm nachzuweisen versucht, dass diese Norm und ihre 
Durchsetzung überhaupt nicht in seinem eigenen Interesse liegt. So kann durch geschickte 
Argumentation auch der Schwache und Unterlegene den Starken von Normen 
abbringen, die für den Schwachen sehr nachteilig wären (über diese Situation 
gibt es viele Tierlegenden.)
*V - 78*
Sollen und 
können: WRIGHT S.121 : 
"Deduction of the principle that Ought entails Can from the presuppositions of 
commanding."
*V - 79*
Zur widersprüchlichkeit von Normensystemen: 
z. B. 
werden Kompetenzüberschneidungen zweier Instanzen so lange nicht problematisch, 
wie eine der Instanzen (oder auch beide) auf dem überschneidungsgebiet gar keine 
Entscheidungen treffen. Wenn eine Instanz ihre Kompetenzen auf einem bestimmten 
Gebiet nicht wahrnimmt, so wirkt sich das praktisch so aus, als wenn sie auf 
diesem Gebiet gar keine Kompetenzen bes��e. Insofern m�ssen 
Kompetenzüberschneidungen nicht zu realen Konflikten und kollidierenden 
Entscheidungen f�hren. Allerdings machen sie solche Kollisionen im Rahmen des 
Normensystems m�glich und wahrscheinlich.
*V - 80*
Widerspr�che kann es  
zwischen einer Erlaubnis und einem Verbot geben. Etwa wenn der 
Vater (als Erziehungsberechtigte) dem Kind erlaubt, ins Kino zu gehen, w�hrend 
die Mutter (als ebenfalls Erziehungsberechtigte) dem Kind verbietet, ins Kino zu 
gehen, bzw. ihm gebietet, zuhause zu bleiben. Das Erlauben und Verbieten 
derselben Handlung ist logisch widersprüchlich. Die Erlaubnis einer Handlung und 
das Gebot einer empirisch damit inkompatiblen Handlung sind empirisch 
inkompatible Normen. (Dies einmal für alle Kombinationen von Geboten, Verboten, 
Erlaubnissen untersuchen)
können zwei Erlaubnisse logisch widersprüchlich 
sein? Eine Erlaubnis besagt, dass der Adressat aus einer bestimmten Menge von 
Entscheidungen eine Auswahl treffen darf. Zwei Erlaubnisse an denselben 
Adressaten w�rden die Auswahl aus der Vereinigungsmenge beider Mengen gestatten. 
Wenn jemand die Erlaubnis erh�lt, von den Bonbons zu nehmen und zus�tzlich die 
Erlaubnis, von den S��igkeiten zu nehmen, so ergibt sich daraus kein 
Widerspruch.
Aber wie ist es bei der Erlaubnis des Vaters an ein Kind, bis 5:00 Uhr weg zu bleiben, wenn gleichzeitig die Mutter dem Kind erlaubt, bis 
6:00 Uhr weg zu bleiben? Sind diese Erlaubnisse logisch widersprüchlich? Sie 
sind es unter der Bedingung, dass die Obernorm galt: "Was nicht erlaubt ist, ist 
verboten", wenn also für das Kind die generelle Norm bestand, dass es nur mit 
ausdr�cklicher Erlaubnis weggehen darf. Dann war in der Erlaubnis des Vaters 
das Verbot impliziert, l�nger als bis 5:00 Uhr weg zu bleiben, w�hrend die 
Mutter dies erlaubte. (Das gleiche gilt für das Bonbon-Beispiel oben, wenn die 
Obernorm bestand, dass das Kind nur mit Erlaubnis etwas nehmen darf.)
*V 
- 81*
Koordinationsprobleme tauchen bei der Verfolgung gemeinsamer Ziele auf. Zu ihrer 
(maximalen) Erreichung bedarf es aufeinander abgestimmter Handlungen der 
verschiedenen Individuen. Diese werden durch verbindliche Regelungen erreicht. 
Davon zu unterscheiden sind Normen, die bei Vorliegen unterschiedlicher Ziele 
(oder kontr�rer Ziele) einen m�glichen offenen Konflikt durch eine Norm regeln 
(z. B. durch Kompromiss, Verhandlung etc.)
*V - 82*
Pr�ferenzintensit�ten. 
"Ich habe daran 
ein starkes Interesse", 
"Ich lege gro�en Wert darauf", 
"Ich habe ein starkes 
Bed�rfnis danach", 
"Diese Sache bedeutet mir sehr viel, sie ist mir 
nicht gleichg�ltig", 
"Diese Angelegenheit betrifft mich stark" usw. 
Unsere Sprache und 
auch unser gesellschaftlicher Alltag ist voll von Situationen, in denen 
Pr�ferenzintensit�ten eine Rolle spielen. z. B. bei Verhandlungen: 
"Sie 
w�rden mir sehr entgegen kommen, wenn sie x t�ten", 
"Er zeigte gro�es 
Entgegenkommen", 
"Er machte gro�e Konzessionen" usw.
*V - 
83*
Allgemeing�ltigkeit 
von Normen. Sind für die G�ltigkeit von Normen alle Individuen zust�ndig oder 
nur die Adressaten? Oder nur die Betroffenen? Gibt es Individuen, deren Meinung 
für bestimmte Normen irrelevant ist, und deren Kritik insofern keine 
Beeintr�chtigung der G�ltigkeit bedeuten kann? Allerdings m�ssten diese 
Individuen zumindest die Gr�nde anerkennen, die ihre Zust�ndigkeit 
ausschlie�en. Angenommen auf einem fernen Stern A existiert eine Gesellschaft, von deren Beschaffenheit wir in keiner Weise 
selber betroffen sein 
k�nnten, aber über deren Zust�nde und Gesellschaftsordnung wir irgendwie 
informiert worden wären? W�rde es für die G�ltigkeit des Normensystems auf Stern 
A irgendetwas bedeuten, wenn wir dies Normensystem nicht für g�ltig halten 
w�rden? wäre es überhaupt sinnvoll, die Frage nach der G�ltigkeit zu stellen, 
oder wird dies dadurch m�glich, dass dabei immer stillschweigend die Annahme 
gemacht wird: "Angenommen, ein solches Normensystem w�rde hier gelten, w�rdest 
du es dann für g�ltig halten?" (Unter dieser Annahme kann man auch über die 
G�ltigkeit l�ngst vergangener Gesellschaftsordnungen sinnvoll diskutieren.)
Aber 
wie wäre es, wenn wir erfahren h�tten, dass dort die übergro�e Mehrzahl der 
Individuen von einigen Wenigen schrecklich gequ�lt und unterdr�ckt w�rden? Kann 
man dann dies sinnvoll verurteilen, auch ohne die Annahme, dass solche Zust�nde 
für das eigene Land infrage k�men? M�sste man das vielleicht sogar, wenn 
man für die eigene Gesellschaft ebenfalls einen solchen Zustand verurteilen 
w�rde?
*V - 84*
Terminologie. statt von der "Existenz" einer Norm k�nnte man 
vielleicht besser vom "Gehorsamsanspruch" einer Norm sprechen. (Oder von der 
"Gesetztheit" bzw. "Setzung" einer Norm.)
*V - 85*
Terminologisches: Sollte man zwischen 
"Argumentation" und "überredung" (vindication?) unterscheiden, wenn es allein 
darauf ankommt, Argumente zu benutzen, die beim anderen wirksam sind. Sollte man 
von "überzeugung" (persuasion ?) sprechen, wo nur Argumente benutzt werden, die 
man selber für g�ltig h�lt bzw. von deren G�ltigkeit man selber überzeugt ist? 
(Siehe hierzu Kambartel).
*V - 86*
Unterscheiden zwischen: 
wohlverstandenem Interesse, vermeintlichem Interesse, wahrgenommenem Interesse.
*V - 87*
Die Wichtigkeit der Ungewissheit für das reale Verhalten der Menschen kann 
man daran ermessen, dass es wahrscheinlich keine Kriege geben w�rde, wenn es 
keine Ungewissheit geben w�rde. Wenn jemand vorher w�sste, 
dass er den Krieg verlieren wird, so w�rde er sich erst gar nicht auf ihn 
einlassen, sondern nachgeben. Da zu einem Krieg aber immer mindestens zwei 
Parteien geh�ren, wäre ein Krieg praktisch unm�glich. 
Allerdings kann auch der 
Schw�chere den St�rkeren u. U. dadurch abschrecken, dass er ihn bei 
seinem aussichtslosen Kampf so empfindliche Verluste zuf�gt, dass dieser lieber 
auf den gewonnenen Krieg verzichtet. Diese Verluste g�be es beim Nachgeben 
nicht. Entsprechendes gilt, wenn diese Verluste ihn für eine m�gliche 
Auseinandersetzung mit einer dritten Partei entscheidend schw�chen w�rden. 
Es kann also für den Schw�cheren rational sein, so zu tun, als sei er zum 
Krieg bereit. Allerdings wäre er bei Versagen der Abschreckung bereit, 
nachzugeben. Dies darf der St�rkere allerdings nicht vorher wissen, denn dann 
wäre die Abschreckung nicht glaubhaft.
*V - 88*
Man muss das 
Intersubjektivit�tsgebot "Suche nach g�ltigen Normen" unterscheiden vom 
"Moralgebot" (?)"Handle nach 
verbindlichen Normen". Das Erstere bezieht sich 
auf die Ebene der Argumentation, dass Letztere auf die Ebene des realen 
Handelns. 
Wie lässt sich das Moralgebot begr�nden? Oder sollte man das 
Moralgebot formulieren: "Handele nach g�ltigen (oder verbindlichen) Normen, 
sofern sie existieren (= sofern sie in Kraft sind)"?
*V - 89*
Wortbedeutungen. " 
�ffentlichkeit" = Offenheit der Diskussion, freier Zugang, deshalb Vorl�ufigkeit 
der Ergebnisse.
"Endg�ltig" = buchst�blich:" am Ende g�ltig".
*V - 90*
Zur 
Terminologie. Wenn man von der "Existenz" einer Norm in dem Sinne spricht, dass 
sie  "in Kraft befindlich" ist, so muss man davon einen 
anderen Sinn von 
"Existenz" einer Norm unterscheiden. Man sagt z. B.: "für diesen 
Handlungsbereich gibt es (bzw. existiert) eine g�ltige Norm."  Damit ist 
nicht gesagt, dass diese in Kraft ist, sondern dass die Suche nach g�ltigen 
Normen hier erfolgreich war. "Existenz" ist hier in einem rein geistigen Sinne 
gemeint, wie man etwa sagt, dass mindestens eine Zahl "existiert", die zugleich 
durch 7 als auch durch 5 teilbar ist.
Wie kann man diesen 
Unterschied terminologisch verdeutlichen? Die erstere Bedeutung von "Existenz" 
bedeutet: Anwendung, Verk�ndung, Durchsetzung, Versuch der Realisierung, 
Verwirklichung, effektiv werden etc. Vielleicht k�nnte man hier auch von 
der "Wirklichkeit" einer Norm sprechen, gewisserma�en der "empirischen 
Existenz". Die "Wirklichkeit" einer Norm 
w�rde bedeuten, dass diese Norm wirklich mit 
einem Gehorsamsanspruch (Befolgungsanspruch) verk�ndet und durchgesetzt wird. 
Andererseits kann kaum eine Norm hundertprozentig durchgesetzt werden, so dass 
überhaupt keine normwidrigen Handlungen vorkommen. Man k�nnte sagen, dass das 
Vorkommen normwidriger Handlungen für die Wirklichkeit einer Norm nicht 
entscheidend ist, sondern entscheidend ist, dass die normwidrigen Handlungen 
tats�chlich sanktioniert werden.
Allerdings ist auch dies so gut wie 
ausgeschlossen, denn nicht alle normwidrigen Handlungen werden entdeckt und 
selbst wenn sie entdeckt werden, bekommt man nicht immer heraus, wer sie 
begangen hat. Und wenn man wei�, wer sie begangen hat, bekommt man diesen nicht 
immer zu fassen, so dass die Sanktion nicht ausgef�hrt werden kann. (Das Problem 
der Dunkelziffern, der unaufgekl�rten F�lle, der Strafentziehung durch Flucht 
der T�ter.) Wo liegt hier die Grenze, von der ab man sagen kann, dass eine Norm 
nicht "wirklich" ist? Wie viel Prozent der Normverst��e muss verfolgt werden? 
Reicht 1%? 
Was ist mit Normen, die von einer machtlosen 
gesellschaftlichen Gruppe verk�ndet, vertreten und vielleicht auch auch 
ansatzweise durchgesetzt 
werden? Existieren diese Normen, haben sie Wirklichkeit?
(Oder soll man statt von der "Existenz" von Normen von der "Gesetzeskraft" von Normen 
sprechen?)
"V - 91*
Kann man sich über die Verbindlichkeit von Normen einigen, selbst wenn es 
keine Einigung über die G�ltigkeit dieser Normen gibt? Offenbar ja, wenn 
Einigkeit über die Legitimit�t des Normsetzungsverfahrens besteht.
*V - 92*
Goldene Regel und ähnliches: 
"Was du nicht willst, 
das man dir tu, das f�ge auch keinem andern zu." 
Positiv formuliert: "Handle so, 
wie du willst, dass die anderen handeln."  
"Verlange von anderen nichts, 
dass du nicht auch von dir selber verlangen w�rdest." 
"Miss nicht mit zweierlei 
Ma�" etc. 
Dazu einmal die logische �quivalenz der 
Formulierungen des Reziprozit�tsgebotes analysieren bzw. überpr�fen.
Eine genauere Formulierung des Reziprozit�tsgebots: "Handle gem�� Normen, von denen 
Du willst (wollen kannst), dass die andern danach handeln."
Das 
Moralgebot 
w�rde lauten:"Handle (sofern sie existieren) gem�� Normen, von denen jeder 
wollen kann, dass sie existieren."
1. Der Unterschied ist einmal der, dass 
beim Reziprozit�tsgebot wie auch beim kategorischen Imperativ der Wille des Einzelnen 
und nicht der m�gliche Wille aller das Kriterium ist.
2. Zum anderen wird 
der empirische Wille genommen statt des m�glichen "wirklichen" oder 
"aufgekl�rten" Willens.
3. 
Drittens bezieht sich der Wille nicht unmittelbar auf das Handeln der anderen, 
sondern auf die Einf�hrung der Normen.
4. Viertens erh�lt das Moralgebot 
einen Existenzvorbehalt, d.h. es sind nur Normen verbindlich, die auch 
eingef�hrt sind.
Punkt 1 spielt nur unter der Bedingung keine Rolle, 
dass mein Wille mit dem jedes anderen übereinstimmt. Dies mag dann der Fall 
sein, wenn sich alle Individuen ann�hernd in der gleichen Situation befinden und die 
gleiche Bed�rfnisstruktur besitzen.
Punkt 2 spielt dann keine Rolle, wenn 
der eigene Wille frei und aufgekl�rt ist. (In Verbindung mit Punkt 1 , wenn der 
Wille aller frei und aufgekl�rt ist.)
Punkt 3. spielt keine Rolle, wenn 
es keine Probleme der Einf�hrung und Durchsetzbarkeit der Normen gibt.
Punkt 4. spielt keine Rolle, wenn die Norm bereits eingef�hrt ist (Dann 
hebt sich 
auch die Differenz zu Punkt 3 auf.)
*V - 93*
Der Vorteil der Bezugnahme auf den 
tats�chlichen Willen des Einzelnen gegenüber einer Bezugnahme auf den m�glichen "wirklichen" 
Willen aller besteht darin, dass dies Kriterium leichter anzuwenden 
ist, denn der Einzelne braucht nur seinen eigenen Willen bewusst zu machen, 
w�hrend es sehr schwierig zu beurteilen ist, ob eine Norm dem m�glichen 
"wirklichen" Willen jedes Individuums entspricht. Insofern können das 
Reziprozit�tsgebot bzw. der Kategorische Imperativ eine Faustregel sein. Sie 
stellen eine notwendige aber keine hinreichende Bedingung der G�ltigkeit dar.
*V - 94*
Ist es m�glich, dass dieselbe Handlung der g�ltigen Norm N1 entspricht und 
zugleich die g�ltige Norm N2 verletzt (wobei N1 und N2 als g�ltige Normen nicht 
widersprüchlich sein können)? Dies w�rde zu zus�tzlichen Komplikationen f�hren. 
Aber dies ist wohl nicht m�glich, denn die widersprüchlichkeit von Normen 
ist dadurch definiert, dass dieselbe Handlung nicht zugleich geboten bzw. 
erlaubt und verboten sein darf.
*V - 95*
können sich verschiedene Beobachter darüber einigen,
ob 
eine Person eine bestimmte Norm verletzt hat? Die 
Frage ist hierbei, in welcher Art die Norm formuliert ist. Am einfachsten wird 
es sein, wenn die Norm unmittelbar verhaltensbezogen definiert ist, also 
empirisch operationalisiert war und Indikatoren angibt.
*V - 96*
Was ist mit Normen, 
die introspektiv formuliert sind, z. B.: "Es ist verboten, sich 
seinen Fantasien hinzugeben" oder "Handle so, dass der Gesamtnutzen 
maximiert wird" oder "Es ist verboten, wider besseres Wissen die Unwahrheit zu sagen." Bei solchen Normen stellt sich das Problem ihrer Durchsetzbarkeit 
versch�rft. 
Denn g�ltige Normen, deren Verletzung nicht oder kaum empirisch feststellbar 
ist, sind nicht durchsetzbar und ihre Einf�hrung ist deshalb nicht ohne weiteres zu 
rechtfertigen. Das Durchsetzbarkeitsproblem stellt sich auf der Ebene des 
Sozialgebots "Strebe nach der Einf�hrung g�ltiger Normen (sofern sie 
durchsetzbar sind)."
*V - 97*
Man k�nnte Argumente, die das 
Intersubjektivit�tsgebot verletzen, auch als "unvern�nftig" oder "irrational" 
bezeichnen.
Den konventionellen Charakter der sprachlichen Festlegungen 
betonen. Die Namen sind auswechselbar. Die Struktur des Begriffssystems ist jedoch 
von der Problemlage her festgelegt. So können die Namen und Worte v�llig 
unterschiedlich sein, die Struktur dagegen muss dieselbe sein (z. B. bei 
den logischen Symbolsprachen).
*V - 98*
Gegen den "realistischen" Einwand, dass 
durch eine Aufstellung noch so guter Normen die wirklichen Verhältnisse nicht 
ge�ndert werden können: Dies mag 
richtig sein, aber es trifft auf jede Theorie zu. (�brigens auch auf den 
"realistischen" Kritiker, insofern er nur redet oder schreibt.) Aber diese 
Feststellung ist nur für den fatal, der nur denken aber überhaupt nicht handeln 
will. Wer aus der Feststellung, dass durch Theorie allein nichts ge�ndert wird, folgert, dass man deshalb überhaupt keine Theorie mehr betreiben d�rfe, 
der muss entweder annehmen, dass alle sinnvollen Fragen bereits beantwortet 
sind, oder dass es auf die richtige Beantwortung der Fragen gar nicht ankommt.
Wenn man von der Theorie ausgeht, dass man erst alle Grundlagenprobleme 
gel�st und alle m�glichen Fragen beantwortet haben muss, bevor man zur Sache 
kommen kann, dann kommt man nie zur Sache. Es kommt nur darauf an, 
dass die Pf�hle den Bau tragen, der ausgef�hrt werden soll. Es ist nicht n�tig, 
dass sie jeden denkbaren Bau tragen. Entsprechend m�ssen alle Probleme nur 
soweit gel�st werden, wie dadurch kein fataler Einwand mehr fortbesteht.
*V - 99*
Wie in der 
Geometrie so wird es auch in der deduktiven normativen Methodologie 
verschiedene M�glichkeiten von Beweisen geben, die sich in ihrer "Eleganz" bzw. 
K�rze erheblich voneinander unterscheiden können. Umst�ndliche Beweisf�hrungen 
daraufhin analysieren, ob sich nicht ein einfacherer Beweis finden lässt bzw. ob 
alle vorgetragenen Argumente überhaupt zum Beweis notwendig sind.
*V 
- 100* 
Terminologie: 
Gegenbegriff zu "Verbindlichkeit" vielleicht "Nichtigkeit"?
*V - 101*
Gebot/Verbot: 
Ist die Norm: "Vermeide das Rauchen!" ein Gebot (etwas bestimmtes zu tun bzw. zu 
vermeiden) oder ist es ein Verbot (etwas Bestimmtes nicht zu tun bzw. zu 
unterlassen: zu rauchen)?
*V - 102*
Terminologie. 
Man k�nnte das Intersubjektivit�tsgebot auch als "Vernunftsgebot" bezeichnen. 
Nur dass die einzelnen methodologischen Regeln nicht aus dem "Begriff der 
Vernunft" folgen, sondern aus der Problemstellung.
*V - 103*
Mich mit dem ALBERTschen 
"M�nchhausen-Trilemma" auseinandersetzen und dem v�lligen Verzicht auf 
Rechtfertigung. ALBERT will sich auf die Argumente gegen eine 
Position beschr�nken. Aber woher sind diese Argumente denn gerechtfertigt? Es 
gibt auch sinnvolle Argumente für eine Position, sie sind letztlich 
unverzichtbar. Richtig ist, dass die Rechtfertigung einer Position aufgrund der 
prinzipiellen Offenheit der Diskussion niemals endg�ltig sein kann.
*V - 
104*
Oft gibt es beim Streit 
zwischen zwei normativen Regelungen eine übersehene Alternative: die normative 
Freigabe des Handelns. Statt sich z. B. über die Rechtschreibregeln in 
Bezug auf Kommasetzung, Gro�- und Kleinschreibung, Auseinander- und 
Zusammenschreibung endlos zu streiten, sollte man diese Bereiche in das Belieben 
jedes Einzelnen legen.
*V - 105*
Gibt es juristisch "Ermessensmissbrauch", wenn 
eine Instanz ihren Ermessensspielraum überschritten hat?
*V - 106* 
Soll jemand von 
einer Strafe befreit werden, sobald die Norm abgeschafft ist, gegen die er 
versto�en hat?
*V - 107*
Terminologie. Statt " normativer Methodologie" k�nnte man 
auch" normative Erkenntnistheorie" oder "normative Epistemologie" sagen.
*V - 108*
Terminologie.
Ich habe jetzt im Begriff der "G�ltigkeit" die Durchsetzbarkeitsproblematik 
impliziert, indem ich als "g�ltig" solche Normen bezeichnet, deren Existenz 
jeder wollen kann und nicht solche, deren Befolgung jeder wollen kann. bei der 
Letzteren Fassung wäre bei der Beurteilung immer schon vorausgesetzt, dass die 
Norm auch tats�chlich befolgt wird. Man k�nnte eine solche Formulierung als die "utopische G�ltigkeit" oder die "ideale G�ltigkeit" einer Norm bezeichnen.
*V - 109*
Das G�ltigkeitsproblem stellt sich nur für Normen, nicht für Handlungen. 
Von Handlungen sagt man, dass sie "zul�ssig" oder "unzul�ssig" sind.
*V - 110*
Muss 
bei beiderseitigem "guten Willen" zur Erf�llung des Intersubjektivit�tsgebotes 
immer die Suche nach g�ltigen Normen erfolgreich sein? Zeigt der Misserfolg 
immer den b�sen Willen einer Seite, d.h. dass das Intersubjektivit�tsgebot 
nicht wirklich ernst genommen wird?
*V - 111*
Kann man über die G�ltigkeit von Normen für 
hypothetische Situationen diskutieren? Oder ist das sinnlos? 
Das ist insofern 
nicht sinnlos, als man zuk�nftige Situationen antizipieren kann und im Voraus 
sinnvollerweise die darauf anzuwendenden Normen diskutiert (etwa bei einer geplanten 
Expedition). Relevant werden die Normen erst in der realen 
Situation, aber diese Situation und damit die Relevanz der Normen kann 
antizipiert werden.
*V - 112*
Der n�chste Schritt nach dem 
Intersubjektivit�tsgebot ("Suche nach Normen, deren Existenz jeder wollen kann!") 
wäre die Norm "Strebe danach, Normen, deren Existenz jeder wollen kann, zu realisieren!" 
Damit ist gemeint, dass man versucht, g�ltige Normen einzuf�hren, d.h. zu 
verk�nden und durchzusetzen. Erst in einem dritten Schritt k�me das 
Moralgebot.("Handle nach Normen, deren Existenz jeder wollen kann, sofern 
sie existent (= in Kraft) sind").
 
Inwiefern folgen diese Gebote auseinander? Oder 
sind sie voneinander unabh�ngig? Welche Rolle spielen die verbindlichen, aber 
nicht eigentlich g�ltigen Normen, deren Problematik hier ausgeklammert war?
*V - 113*
Kann es sinnvoll sein, gem�� g�ltigen Normen zu handeln, die nicht 
existieren (= nicht in Kraft sind)? Man kann eine solche "einseitige" 
moralische Vorleistug 
z. B. durch den Hinweis auf p�dagogische Wirkungen rechtfertigen. Allerdings ist 
eine solche Praxis nicht vorgeschrieben. Nach 
dem Solidarit�tsgebot ist nur geboten, nach der Einf�hrung g�ltiger Normen zu 
streben, wobei diese Einf�hrung nicht auf dem Wege ihrer vorwegnehmenden 
Befolgung zu erfolgen h�tte. (Damit l�st sich das Paradox, dass viele für 
egalit�re Normen sind, aber trotzdem nicht ihr  Einkommen mit den �rmsten 
teilen.) 
*V - 114*
Das Mehrheitsprinzip erfordert mehr als die 
Artikulation des Eigeninteresses, denn ich muss die Eigeninteressen anderer insofern ber�cksichtigen, als ich sie zur Erringung der Mehrheit ben�tige.
*V - 115*
Ein
Beispiel für die Verwendung empirisch-normativ doppeldeutiger Wesensbegriffe: das 
Attribut "deutsch". Zuerst wird der Begriff unproblematisch verwendet, als Bezeichnung dessen, was "deutsch sein" ist: 
"deutsche Musik", "deutsche Gr�ndlichkeit" etc. Diese 
Erkenntnis des "deutschen Wesens" gibt sich empirisch, als Ergebnis der 
tats�chlichen Geschichte der Deutschen. Dann wird von diesem empirischen 
Wesensbegriff unmerklich übergegangen zu seiner normativen Verwendung, indem 
das "Undeutsche" bei Deutschen kritisiert wird.
*V - 116*
Universalisierbarkeit. Wenn Individuum A eine Handlung 
von B verurteilt, kann B dann als Gegenargument sagen: "Du w�rdest doch 
in meiner Lage genauso handeln"? Kann jemand ohne 
Widerspruch einerseits einen anderen wegen der Handlung x verurteilen und 
andererseits zugeben, dass er in seiner Lage genauso gehandelt h�tte? Auf jeden 
Fall impliziert dies, dass er dann auch sich selber verurteilen m�sste. Wenn er 
dies ablehnt, so handelt es sich um eine Norm, die für den anderen gelten soll, 
jedoch nicht für ihn selbst. Es werden also Unterschiede gemacht: "Quod licet 
Jovis, non licet bovis."
*V - 117*
Was ist unzul�ssige Beeinflussung durch Zwang 
und was ist zul�ssige Beeinflussung durch Argumentation? Vielleicht muss man 
das Problem eines freien und aufgekl�rten des Willens so stellen: Wann kann 
jemand die Existenz einer Norm wollen? Intuitiv 
wird man sagen: "Ich kann nicht etwas wollen, zu dem ich gezwungen werden 
muss." Der entscheidende Punkt muss immer die Frage sein, 
ab welchem Punkt eine 
Diskussion sinnlos wird. Die Regeln der normativen Methodologie m�sse die 
Grenzen festlegen, innerhalb derer eine Diskussion sinnvoll ist. 
*V 118*    
Bisher hatte ich die Qualifikationen des Willens nicht direkt aus dem 
Intersubjektivit�tsgebot abgeleitet, sondern hatte gesagt, dass niemand wollen 
kann, dass er zu einer bestimmten Willens�u�erung gezwungen wird oder dass er  
nicht informiert bzw. 
fehlinformiert entscheidet oder dass er unbewussten Motiven, Drogen, Suggestion etc. unterliegt. 
Aber man sagt doch: "Die Welt will betrogen werden"? 
Das ist wohl nicht ganz so gemeint sondern eher eine paradoxe 
Formulierung für den Zustand, dass manche Leute es geradezu "herausfordern", 
dass man sie betr�gt bzw. bel�gt. (Das ist jedoch etwas anderes als 
dieses ausdr�cklich zu "fordern" und zu "wollen"). Dazu geh�ren die 
Lebensl�gen, an denen die 
Leute festhalten, und die angenehmen Illusionen über sich, an die sie nur zu gerne 
selber glauben etc. Die Wahrheit ist ihnen unertr�glich. 
Aber die L�ge ist auch nur 
solange ertr�glich, wie sie für 
Wahrheit gehalten wird. Niemand k�nnte ernsthaft zugeben, dass er 
anstelle der Wahrheit eine L�ge glauben will. Man macht sich zwar gerne etwas vor, 
aber in einem konkreten Fall k�nnte man das nicht zugeben, ohne dass die 
Illusion selber hinf�llig wird. Die Illusion hat das für-wahr-gehalten-werden zur 
Existenzbedingung. Also ist man nicht für die L�ge sondern für einen bestimmten 
Inhalt der L�ge, der allerdings nicht wahr ist.
*V - 119*
Wie ist der Zusammenhang zwischen 
dem Intersubjektivit�tsgebot und dem R�ckbezug auf das "wirkliche" subjektive 
Wollen? Im Intersubjektivit�tsgebot ist der Begriff der G�ltigkeit enthalten, im 
Begriff der G�ltigkeit ist der Begriff des "wollen könnens" bzw. des "wirklichen 
Wollens" enthalten. 
Das Intersubjektivit�tsgebot gibt die Aufgabenstellung an und 
die Grenze der Argumentationsm�glichkeit. Es erh�lt seinen vollen Sinn erst, 
wenn alle in ihm enthaltenen Begriffe ihren Sinn und ihre definitorische 
Pr�zision erhalten haben. Zu diesen Begriffen geh�rt auch der Begriff des 
"Wollens". Dies ist so zu bestimmen, dass die Begr�ndung des 
Intersubjektivit�tsgebot erhalten bleibt. Insofern können die 
Forderungen nach 
der Qualifikationen 
des Willens keine Deduktionen aus dem Intersubjektivit�tsgebot sein, sondern sie 
sind Bestandteile desselben, die immer schon implizit vorausgesetzt werden 
m�ssen. (In der Darstellung wäre es deshalb vielleicht sinnvoll, diejenigen 
Abschnitte, die eigentlich eine n�here Erl�uterung und Pr�zisierung des Intersubjektivit�tsgebotes und der darin enthaltenen begrifflichen Elemente bringen, 
gleich hinter oder sogar noch vor die Begr�ndung des 
Intersubjektivit�tsgebot einzuordnen.) 
*V - 120*
Das IG (= 
Intersubjektivit�tsgebot) verlangt die Suche nach Normen, deren Existenz jeder 
wollen kann. Fast jeder Begriff bedarf hier der n�heren Erl�uterung 
und Begr�ndung.
1. "Suche": es geht hier um Argumentation, um eine 
geistige Aktivit�t, jedoch nicht um praktisches Handeln, wie beim Moralgebot.
2. "Normen": es geht um S�tze, die Handlungen vor-schreiben, nicht be-schreiben.
3. "Existenz": es geht darum, welche Normen eingef�hrt bzw. abgeschafft werden 
sollen. Deshalb wird hier das Durchsetzungsproblem mit einbezogen. 
4. 
"Jeder": es geht um Normen, die eine allgemeine G�ltigkeit (für jeden) 
beanspruchen und die gegenüber jedem zu rechtfertigen sind.
5. " wollen können": 
es geht nicht um Normen, die jeder will, sondern um Normen, die jeder unter 
bestimmten - von ihm selber akzeptierten - Qualifikationsbedingungen wollen kann.
*V - 121*
Zu "wollen können": 
Es ist nicht der einfache (rohe, unqualifizierte, faktische, 
unreflektierte) Wille gemeint sondern der qualifizierte (eigentliche, bearbeitete, 
reflektierte, wirkliche) Wille der Individuen.
Wenn man den vorhandenen einfachen Willen als 
Bezugspunkt nehmen w�rde, so w�rde man das G�ltigkeitskriterium u. U. 
aus Elementen konstruieren, die von den Individuen selber nachtr�glich als 
falsch angesehen werden. Es muss versucht werden, die Willens�u�erung 
der Individuen von solchen Bedingungen zu befreien, die sie für das betreffende 
Individuum selber unakzeptabel machen w�rden. Eine Willens�u�erung gibt nur 
dann den wirklichen Willen eines Individuums wieder, wenn sie für das 
betreffende Individuum intertemporal akzeptabel bleibt. 
*V - 122*
Wann ist meine eigene Willens�u�erung 
für mich unakzeptabel und wie lässt sich dies begr�nden?
*V - 123*
Qualifikation der Wollens. Kann man 
bei der Bestimmung der Qualifikationsbedingungen des Willens von den 
Korrekturen ausgehen, die Individuen an ihren Willens�u�erungen tats�chlich 
vornehmen? Kann man die Begr�ndungen heranziehen, die sie selber für ihre 
Korrekturen geben? Man m�sse auf jeden Fall zwischen blo�en Ver�nderungen der 
Willens�u�erung und Korrekturen der Willens�u�erung unterscheiden. Ver�nderungen 
bedeute nur, dass die Willens�u�erung zum Zeitpunkt t0 eine andere war als zum 
Zeitpunkt t1. ("Korrektur" bedeutet, dass die Willens�u�erung zum Zeitpunkt t0 zum 
Zeitpunkt t1 nachtr�glich für falsch erkl�rt wird und durch eine Willens�u�erung 
ersetzt wird, die zum Zeitpunkt t0 richtig gewesen wäre.)
*V - 124*
Man k�nnte auch 
negativ fragen, wie der individuelle Wille nicht bestimmt werden darf, wenn eine 
Argumentation sinnvoll bleiben soll. Wenn der Wille eines Individuums A in Bezug 
auf eine Norm "objektiv" bestimmt w�rde, also v�llig unabh�ngig vom 
tats�chlich ge�u�erten Wollen von A, so wäre für Individuum A eine Argumentation 
über die Norm sinnlos geworden. A wäre entm�ndigt, denn es k�nnte 
sich nicht mehr selber vertreten. (Siehe hierzu die Kritik an 
Unm�ndigkeitstheorien). Letzte Instanz für die Bestimmung seines Willens muss das 
Individuum selber sein. Andernfalls ist eine Argumentation für das betreffende 
Individuum sinnlos geworden und das Verhältnis stellt ein reines 
GewaltVerhältnis dar.
Andererseits ist der Wille eines Individuums im 
Bezug auf eine Norm je nach den Bedingungen, unter denen er ge�u�ert wird, sehr 
verschieden. Wenn ich z. B. jemandem eine Pistole an die Schl�fe halte, 
kann ich ihn wahrscheinlich zu jeder beliebigen Willens�u�erung bewegen. Welche 
Willens�u�erung zu der Norm soll aber herangezogen werden? Wenn ich jemanden 
auffordere, spontan zu einer vorgelegten Norm "ja" oder "nein" zu sagen, so 
werde ich oft eine andere Willens�u�erung erhalten, als wenn dasselbe Individuum 
aufgefordert wird, nach reiflicher überlegung zu derselben Norm Stellung zu 
nehmen. 
*V - 125*
Fragen:
M�ssen die Bedingungen der 
Willens�u�erung nur von dem betreffenden Individuum akzeptiert werden oder 
m�ssen sie von jedem akzeptierbar sein? Im ersteren Fall k�nnten sich individuell 
verschiedene Bedingungen ergeben.
Kann man vielleicht sagen, dass der Wille 
der Individuen nicht von "sachfremden Erw�gungen" beeinflusst werden darf
(z. B. Angst vor Sanktionen, Einstellung zu der Person, die die Norm 
vorgeschlagen hat, Wunsch nach einer versprochenen Belohnung, falsche Auffassung 
über die Wirklichkeit, Wunsch einem anderen zu gefallen etc.) 
sondern nur von der Norm und den Wirkungen ihrer Existenz? 
*V - 126*
Das Kriterium der G�ltigkeit ist, dass 
jeder die Normen wollen kann. Aber was hei�t hier "die Norm wollen"? Es hei�t "die Einf�hrung bzw. die Weiterexistenz der Norm wollen". Was hei�t nun aber 
z. B.: "die Einf�hrung einer Norm wollen"? Wenn ich mich für oder gegen die 
Einf�hrung einer Norm  entscheiden soll, so muss ich dazu doch die 
alternativen normativen Regelungen kennen bzw. in Betracht ziehen � es sei denn, 
eine Norm verletzt als solche das Intersubjektivit�tsgebot und scheidet von 
vornherein aus, gleichg�ltig welche Meinung ich sonst zu der Norm habe. Es muss also 
die Frage gekl�rt werden, wie diese alternativen Normen zu bestimmen sind.
*V -127*
Nehmen wir einmal an, das Problem der alternativen Normen sei befriedigend 
gel�st. Wozu soll das Individuum nun genau Stellung nehmen? Soll es diejenige 
Norm bestimmen, die seinem eigenen Interesse am meisten entspricht, die es - in 
der Sprache der �konomie - "pr�feriert" und gegenüber den anderen Normen 
vorzieht? Dann m�sste man g�ltige Normen bestimmen als diejenigen Normen, "die dem eigenen Interesse 
jedes Individuums am meisten entsprechen". Nur in dem Extremfall, dass 
alle Individuen dieselbe Norm als am meisten ihrem eigenen Interesse 
entsprechend ansehen, k�me es zur Feststellung einer g�ltigen Norm. Die 
Argumentation gegen den G�ltigkeitsanspruch einer Norm k�nnte jeder einfach 
durch den Hinweis f�hren, dass diese Norm nicht die für ihn beste L�sung sei. 
Dies wäre eigentlich gar keine Argumentationsbasis, denn der andere k�nnte darauf 
hinweisen, dass für ihn aber eine andere Norm die beste L�sung darstellt. Beide können 
ohne weiteres gleichzeitig Recht haben darin, dass eine bestimmte Norm dem 
Eigeninteresse des einen entspricht aber nicht dem des anderen entspricht. Zu diskutieren g�be 
es dann zwischen den beiden nichts mehr, sondern nur noch zu handeln, um dem 
jeweiligen Eigeninteresse faktisch zur Durchsetzung zu verhelfen.
Allerdings 
k�nnte insofern doch ein gemeinsames Interesse bestehen, als sie beide einen 
Kriegszustand als mit ihrem eigenen Interesse unvereinbar ansehen 
und nun nach einem Kompromiss suchen, auf den sich beide einigen können. 
M�gliche Kompromisse sind alle Normen deren Existenz für jeden einzelnen mehr 
dem Eigenteresse entspricht als der Kriegszustand. Kompromisse werden damit in 
dem Ma�e unwahrscheinlicher, wie die eine Seite den Kriegszustand nicht zu 
fürchten hat, weil sie machtm��ig überlegen ist. Andererseits wird in diesem 
Fall die schw�chere Seite den Kriegszustand umso mehr fürchten m�ssen, so dass 
sie umso nachgiebiger ist und sich der Spielraum für Kompromisse wieder 
vergr��ert. (Hier gibt es nicht den Hintergrund eines normativ 
verbindlichen Status quo, wie beim normalen Kompromiss.)
Die eben 
beschriebenen Einigungsprozesse auf vom jeweiligen Eigeninteresse her 
bestimmte Kompromisse setzen die jeweilige Ausstattung der Individuen 
mit Machtmitteln und Sanktionsm�glichkeiten voraus. Sie gehen immer vom 
bestehenden Zustand aus: wenn auch nicht von der normativen Verbindlichkeit des 
Status quo, so doch von den Gegebenheiten der 
Interessenstruktur und der Machtverteilung. Argumentation besteht hier aus der 
Androhung von Sanktionen und einen entsprechenden Bezug auf das Eigeninteresse 
der Parteien. Man spricht hier trotz "Einigung" von 
"ungleicher Verhandlungsmacht", von "aufgezwungenen Kompromissen" bzw. "ungleichem 
Vertrag" und "Diktat". Hierin dr�ckt sich die normative Fragw�rdigkeit 
solcher Einigungsprozesse aus, die eher zu einem Machtgleichgewicht als zu 
einer g�ltigen Regelung f�hren. Der Schw�chere k�nnte z. B. 
argumentieren, dass es unzul�ssig sei, dass der St�rkere ihn unter Drohung mit 
dem Kriegszustand zur Aufgabe der eigenen Position um zum Nachgeben gegenüber 
seinen Forderungen zwingt. Eine solche faktische Einigung muss also nicht mit 
einer normative Anerkennung durch alle Parteien einhergehen. 
Jemand wird vielleicht sagen: "Die Verhältnisse haben mich zur Zustimmung 
gezwungen. Eine Ablehnung war mir nicht m�glich. Sie h�tte Selbstmord bedeutet."
In diesem Fall handelt es sich trotz faktischer Zustimmung nur um den Gehorsam 
gegenüber einer existierenden Norm, die vom M�chtigeren durchgesetzt wird. Was 
jemand will, wird immer durch die Alternativen bestimmt, die für ihn bestehen. 
Wenn diese Alternativen durch einen andern determiniert werden, so kann dieser 
auch indirekt den Willen bestimmen. In diesem Fall ist der Wille also nicht frei 
in dem Sinne, dass er vom Willen eines anderen unabh�ngig ist. 
*V - 128*
Das "Wollen können" einer Norm d�rfte also nicht der auf das Eigeninteresse bezogene 
Wille der Individuen bei einer gegebenen Machtverteilung sein. Was dann?
Eine M�glichkeit best�nde darin, die Entscheidung der Individuen dadurch von 
ihren Eigeninteressen und 
Handlungsm�glichkeiten zu l�sen, dass man sie in einen Zustand der Unwissenheit 
darüber versetzt, welche Rolle sie im zu w�hlenden Normensystem spielen werden. Dadurch werden ihre 
Entscheidungen gezwungenerma�en "personenneutral" (Harsayi, Rawls). 
Eine 
andere M�glichkeit wäre die des "unparteiischen bzw. unbefangenen 
Schiedsrichters", bzw. des "uninteressierten Beobachters", dem die Entscheidung 
überlassen wird. (Smith).
Eine weitere M�glichkeit wäre die, dass man 
bereits von den Individuen ein nicht vom Eigeninteresse her bestimmtes Wollen 
moralisch fordert, etwa: dass eine g�ltige Norm von jedem gewollt werden kann, 
der den Bed�rfnissen der andreren die gleiche Wichtigkeit zumisst wie den 
eigenen Bed�rfnissen. Zur Grundlage werden hier also bereits moralisch 
qualifizierte Willens�u�erungen bzw. Pr�ferenzen genommen wie: wie z.B. bei der 
Bergpredigt: "Liebe Deinen N�chsten wie dich selbst!" (nach weiteren 
M�glichkeiten suchen).
Ist es eine sinnvolle Regel, zu fordern, dass die 
Wahl der Individuen zwischen verschiedenen Normalternativen allein durch die 
Eigenschaft der Normen bestimmt sein darf, jedoch nicht durch die Erwartung 
eventueller Sanktionen durch andere Individuen, falls eine bestimmte Wahl 
getroffen wird. Damit d�rfte auch die Alternative des Kriegszustandes bei 
Uneinigkeit für die überlegungen des Individuums keine Rolle spielen, denn der 
Kriegszustand ist keine Norm.
Eine vierte M�glichkeit, den normativen 
Konsens zu erzielen, best�nde darin, die Individuen unter Einigungszwang zu 
setzen bei Ausschaltung von Sanktionsm�glichkeiten. Dieser Einigungszwang wird 
in bestimmten Wahlverfahren dadurch erreicht, dass alle wahlberechtigten 
Individuen so lange in einem Raum ein gesperrt werden, bis sie sich auf eine 
Person geeinigt haben (z. B. bei Papstwahl; B�rgermeisterwahl im 
Mittelalter; z. B. in L�neburg; amerikanisches Geschworenengericht) Hier 
wäre allerdings genau zu untersuchen worin der Druck zur Einigung eigentlich 
besteht: Zeitmangel, Hunger und Durst. Vielleicht siegen hier nur die 
hartn�ckigsten Minderheiten.
*V - 129*
Kann ich das Problem des Willens und einer 
m�glichen Einigung erst mal ausklammern und vorweg Qualifikationen des Willens 
begr�nden? Diese Qualifikationen m�ssten dann unabh�ngig von der n�heren 
Bestimmung der Konsensform G�ltigkeit besitzen.
Wie k�nnte man z. B. 
das methodologische Sanktionsverbot begr�nden? "Der Wille der 
Individuen in Bezug auf eine Norm darf nicht durch Sanktionen beeinflusst 
werden". Da Sanktionen � worunter auch Sanktionsdrohungen zu verstehen sind � 
Mittel sind, um Gehorsam zu erzwingen, aber keine Argumente, die zur überzeugung 
von der G�ltigkeit einer Norm geeignet sind, wird eine Argumentation sinnlos. 
Argumentieren kann man nur gegen andere Argumente nicht gegen Stockschl�ge. 
Dagegen kann man sich nur wehren (siehe hierzu Kambartel S. 66f.)
*V - 
130*
Es 
stellt sich hier natürlich die Frage, was Argumente sind und was Sanktionsdrohungen 
sind. Kann man sagen: "Argumente sind sprachlich vermittelte Gr�nde, die nur unter 
der Bedingung für den Adressaten zu Beweggr�nden (Motiven) werden, dass sie von ihnen 
als g�ltig anerkannt werden"? Danach wären auch Appelle an das Eigeninteresse 
und immanente Kritik Argumente. Die Androhung von Pr�geln ist kein Argument, weil 
diese Drohung zwar sprachlich formuliert ist und auch zu einem Beweggrund werden 
kann, dass dies aber allein von der Anerkennung der angedrohten Pr�gel als 
wirklich zu erwartende abh�ngt. Ob die Drohung zul�ssig ist oder nicht, spielt 
bei der Frage keine Rolle, ob Sie zu einem Beweggrund werden kann oder nicht. 
Das Kriterium für die methodologische Zul�ssigkeit von Handlungen 
wäre immer, ob 
dadurch nicht die Ebene der Argumentation verlassen oder bestrittenwird.
*V - 131*
Wie kann man damit das Verbot der überredung begr�nden? "Man darf den 
Willen der 
Individuen in Bezug auf Normen nicht durch Argumente beeinflussen, die man 
selber für ung�ltig h�lt." (Kambartel nennt dies "persuasiven" oder "rhetorischen Dialog. 
S. Kambartel S. 67) Wenn dies zul�ssig wäre, so wäre 
die argumentative Begr�ndung der Norm u.U. widersprüchlich. Das hie�e aber, dass 
mindestens eins der Argumente falsch sein muss. Damit hat der Konsens keine 
dauerhafte Grundlage.
*V - 132*
Nicht 
immer ist die Befolgung der Norm durch einen anderen für ein Individuum von 
Vorteil. Dies trifft vor allem für institutionalisierte Rollen zu, z. B. 
Richter, Polizisten, Beamte etc. Hier kann eine Verletzung der Norm für 
ein anderes Individuum vorteilhaft sein und zugleich vorteilhaft für den 
Normverletzer 
(Vetternwirtschaft, Bestechung, Sympathie etc.).
*V - 132*
Der normative 
Status quo hat den Vorteil, dass es für ihn keine Umstellungskosten gibt.
*V - 133*
Jemand der darauf beharrt, dass allein sein 
eigenes Interesse Ma�stab der 
G�ltigkeit einer Norm ist, der erkl�rt damit den andern implizit den Krieg.
*V - 134*
Normen können die verschiedensten Funktionen erf�llen, z. B. dienen 
manche Normen der Etikette: Wie man sich, bei verschiedenen sozialen 
Anl�ssen etc. zu verhalten habe und der Identifizierung bestimmter sozialer 
Schichten und daran gekn�pfte Exklusivit�tsma�nahmen. Wer sich nicht "zu benehmen wei�", 
der hat seine Nichtzugeh�rigkeit zu einer 
bestimmten Gruppe unter Beweis gestellt. In Bezug auf den Inhalt m�gen solche Benimmregeln 
v�llig funktionslos geworden sein, Traditionen, deren 
Inhalt niemand mehr rechtfertigen k�nnte.
*V - 135*
Utopisch g�ltige Normen: H�ufig 
wird gegen bestimmte Sanktionen, Kontrollen, Leistungspr�fungen und dergleichen 
argumentiert, dass es besser wäre, wenn die Individuen von sich aus diese 
Forderungen erf�llen, gewisserma�en aus "intrinsischer Motivation". 
Die Frage ist nur, inwiefern sie das tats�chlich tun. über 
Kontrollma�nahmen kann man nur dann sinnvoll entscheiden, wenn man ber�cksichtigt, 
wie 
oft die Forderungen tats�chlich übertreten werden. Sonst bleibt der Verdacht, 
dass es sich um ein utopisches Normensystem handelt, das die Frage der eigenen 
Durchsetzbarkeit ausgeklammert hat.
*V - 136*
Immanente Kritik: Jemanden an den 
Normen messen, die er selber aufstellt. Verst��t jemand gegen die Normen, die er 
selber aufstellt (oder muss es hei�en durchsetzt?), so muss er entweder zugeben, 
dass sein Handeln falsch war, oder dass die Norm falsch war. Sonst w�rde er ein 
widersprüchliches Normensystem vertreten, das dieselbe Handlung zugleich 
verbietet und erlaubt. Immanente Kritik setzt die methodologische Regel der 
Widerspruchsfreiheit eines Normensystems voraus. Sie braucht diese Regel meist 
nicht mehr selber zu begr�nden, sofern sie vom Kritisierten selber nicht 
bestritten wird und auch nicht vom angesprochenen Publikum. Immanente Kritik 
richtet sich meist nicht so sehr an den Kritisierten sondern an Dritte, in deren 
Augen die Glaubw�rdigkeit des Kritisierten angegriffen werden soll.
*V - 137*
Falsches, sinnentstellendes Zitieren ("aus dem Zusammenhang gerissen" 
etc.) verletzt das Intersubjektivit�tsgebot, sofern vorgegeben wird, dabei 
handele es sich um die Auffassungen des Zitierten. Dem falsch Zitierten wird es 
dadurch erschwert, seine wirklichen Argumente verst�ndlich zu machen.
*V - 138*
Neben dem Appell an das Eigeninteresse kann auch noch 
immanente Kritik ge�bt 
werden, auch wenn das Intersubjektivit�tsgebot bereits verletzt ist. Aber immanente 
Kritik sagt eher den anderen: "Der immanent Kritisierte akzeptiert das 
Intersubjektivit�tsgebot gar nicht (er ist unglaubw�rdig)".
Mit "immanenter 
Kritik" sollen nur Widerspr�che zwischen dem Handeln und den von ihm vertretenen Normen gemeint 
sein. Jedoch nicht die rein theoretische widersprüchlichkeit zwischen 
vertretenen Normen. Dies ist allerdings auch immanent.
Immanente Kritik 
�hnelt dem Appell an das Eigeninteresse, insofern sie an die subjektiv 
vorhandenen Pr�ferenzen und Werthaltungen anschlie�t. Jedoch bezieht sich der 
Appell an das Eigeninteresse auf die tats�chlichen und real motivierenden 
Pr�ferenzen, w�hrend die immanente Kritik, die eher an Dritte gerichtet ist, 
sich auf die ge�u�erten Werthaltungen bezieht und gerade durch die Konfrontation 
mit dem tats�chlichen Handeln dessen Glaubw�rdigkeit bestreiten will und deren real 
motivierende Kraft. Immanente Kritik soll edle Normen als Sonntagsreden 
entlarven, die mit einem ganz anderen Alltagsverhalten einhergehen. 
*V - 140*
Ist Wahrheit eine Eigenschaft von Sätzen? Auf jeden Fall ist es keine 
empirische Eigenschaft. Wie ist das in der empirischen Methodologie?
*V - 
141*
Man 
k�nnte die Individuen, die das Intersubjektivit�tsgebot akzeptieren, als 
"gutwillige" Individuen, als Menschen "guten Willens" bezeichnen. 
*V - 142*
Ist es sinnvoll, den Begriff "Norm" auch auf 
Verhaltensvorschriften für Tiere anzuwenden? Befehle spielen z. B. in der 
Tierdressur eine gro�e Rolle, ebenso Verhaltensregeln, die durch Sanktionen 
einge�bt und durchgesetzt werden. Aber hier ist ein flie�ender übergang bis in 
die Gestaltung der anorganischen Natur. Wenn ich z. B. Goldfische 
dressiere, bei einem bestimmten Signal eine bestimmte Reaktion zu zeigen, kann 
man kaum noch von "Normsetzung" sprechen.
 Nun stellt sich im Bezug auf Tiere 
das Problem einer argumentativen Einigung über Normen gar nicht, weil Tiere 
vielleicht ungehorsam oder unwillig sein können aber nicht widersprechen können.
*V - 143*
Anstatt des Begriffs "original position" von Rawls wäre vielleicht besser "verfassunggebende Situation" oder 
"Ausgangsposition".
*V - 144*
Die normative 
Methodologie hat gewisserma�en theoretisch zu bestimmen, wann der 
casus belli 
gegeben ist.
*V - 145*
Gibt es das Kriterium der Sachlichkeit, mit dem man 
methodologisch bestimmte normative Argumente als unzul�ssig weil unsachlich 
ausscheiden kann? Wie k�nnte man z. B. gegen ein Argument vorgehen, das sich auf 
die Herkunft eines Normvorschlags bezieht? Wenn jemand sagt: 
"Ich lehne die Norm N ab, weil sie von Individuum A vorgeschlagen bzw. vertreten 
wird", verst��t er damit gegen das Intersubjektivit�tsgebot? Er verst��t 
vielleicht nicht gegen das Intersubjektivit�tsgebot, aber sein Argument wird 
nicht intersubjektiv g�ltig sein, denn für jemand anders mag dieser Umstand 
belanglos sein, für jemand Drittes vielleicht sogar für die betreffende 
Norm sprechen.
Insofern individuelle Einstellungen gegenüber anderen 
Individuen verschieden sein können, fehlt darauf aufgebauten Argumente die 
intersubjektive G�ltigkeit und Beweiskraft. Insofern dieselbe Norm von 
verschiedenen Individuen vertreten werden kann, kann ihre Vertretung durch ein 
bestimmtes Individuum kein Schluss auf ihre G�ltigkeit zulassen. Sonst k�nnte 
dieselbe Norm einmal g�ltig sein, weil sie von Individuum A vertreten wird, und 
zugleich ung�ltig sein, weil sie von Individuum Z vertreten wird.
*V - 146*
G�ltigkeit: G�ltig sind solche Normen, auf deren Einf�hrung man sich 
argumentativ einigen kann. Oder: G�ltig sind solche Normen, deren Existenz 
jeder allein aufgrund von Argumenten wollen kann.
*V - 141*
M�ssen g�ltige Normen 
für alle Individuen mit den gleichen Argumenten begr�ndet werden? Oder darf man 
eine g�ltige Norm unterschiedlich begr�nden, vielleicht sogar mit 
Argumenten, die miteinander unvereinbar sind wie z. B. beim Bezug auf die 
verschiedenen Eigeninteressen. Klar ist, dass eine Norm von den verschiedenen 
Individuen aus den verschiedensten Motiven (!) befürwortet werden kann. Motive 
sind aber keine Argumente, sie sind Beweggr�nde aber keine Gr�nde. Wenn ich 
jemanden frage: "Warum stimmst du dieser Position zu?" Und er antwortet: "Weil 
ich Angst habe vor Sanktionen", so nennt er nur einen Beweggrund. Wenn er 
antwortet: "Weil ich die Begr�ndung XYZ für richtig halte", so bezieht er sich 
auf einen Beweisgrund, der für ihn zu einem Beweggrund geworden ist.
*V - 
142*
Kann 
man für eine Norm G�ltigkeit beanspruchen, weil sie von allen Individuen gewollt 
wird, obwohl die Begr�ndungen der Individuen für diese Norm unterschiedlich 
sind? Offenbar ja, ebenso wie die Wahrheit einer empirischen Theorie für 
verschiedene Individuen sich aus verschiedenen Beobachtungen ergeben kann.
*V - 143*
Kambartel stellt das Gebot der "Unvoreingenommenheit" auf: "Sei bereit, deine 
Argumente infrage stellen zu lassen." Dies ist im Prinzip dasselbe wie mein 
Begr�ndungsgebot.
*V - 144*
Wenn jemand sagt: "Ich halte die Norm für 
g�ltig", so ist damit etwas anderes gesagt als wenn er sagt: "Die Norm entspricht 
meinen eigenen Interessen". Eine Norm für g�ltig halten bedeutet, dass man nicht 
nur selber die Existenz der Norm will sondern auch, dass man der Meinung ist, dass 
auch alle anderen die Existenz der Norm wollen können. Der Streit um die 
G�ltigkeit einer Norm ist der Streit um diese Behauptung.
*V - 145*
Das 
Argumentationsgebot: "Die Willens�u�erung eines Individuums zu einer Norm darf 
nur durch Argumente beeinflusst werden." D.h. nach der Definition von "Argument" 
oben: "Es ist verboten, die Willens�u�erung eines Individuums durch Mittel 
zu beeinflussen, die für das Individuum zu Beweggr�nden werden, ohne dass sie 
von ihm als g�ltige Beweisgr�nde anerkannt wurden". Man k�nnte dies Gebot 
auch als "Manipulationsverbot" bezeichnen. Aus diesem Verbot lassen sich 
ableiten: das Sanktionsverbot, das überredungsverbot (?), das Verbot von 
Mitteln, die die Kritikf�higkeit des Individuums ausschalten oder 
beeintr�chtigen: seine F�higkeit, Argumente auf ihre G�ltigkeit kritisch 
zu überpr�fen und für ung�ltig gefundene Argumente zu verwerfen zu verwerfen. Solche Mittel wären z. 
B.: Rauschmittel, hypnotische Suggestion, heimlicher Appell an unbewusste oder 
verdr�ngte Motive, Erzeugung hochgradiger emotionaler Erregung, (?) 
Zeitdruck für die Entscheidung etc.
(Hierher geh�ren 
alle in der Jurisprudenz ausgearbeiteten Nichtigkeitsgr�nde für Vertr�ge.)
"V - 146*
Wie lässt sich das 
Manipulationsverbot begr�nden? 
Wenn jemand Mittel zu meiner Beeinflussung verwendet, die sich meiner 
kritischen überpr�fung entziehen, die also auf meinen Willen unmittelbar als Beweggr�nde 
wirken, unabh�ngig davon, ob ich sie als g�ltige Beweisgr�nde anerkannt habe 
oder nicht, so hat er sich insofern meiner Argumentation entzogen, als er selber 
nicht argumentiert.  Gegen nicht-argumentative Beeinflussung kann man sich 
nur wehren, aber es ist sinnlos, gegen sie argumentieren zu wollen. Man kann sie 
h�chstens als solche blo�stellen.
*V  147*
Leitet sich das 
überredungsverbot aus dem Manipulationsverbot ab, oder aus dem Begr�ndungsgebot? 
Leitet sich vielleicht das Begr�ndungsgebot aus dem Manipulationsverbot ab? Die 
logischen Beziehungen zwischen den einzelnen methodologischen Regeln so klar wie 
m�glich herausarbeiten. Um m�glichst kurze, überschaubarer Beweisf�hrung ("Denk-�konomie") und 
damit um bessere Verst�ndlichkeit bem�ht bleiben.
*V - 148*
Aus dem 
Intersubjektivit�tsgebot ergibt sich das Gebot, den blo�en Streit um W�rter 
zu vermeiden und sich auf das sachlich Gemeinte zu beziehen.
*V - 149*
L.
Nelsons: "Von der Kunst zu philosophieren" (S. 46-89) enth�lt verschiedene 
methodologische Regeln, die auch für die normative Methodologie von Bedeutung 
sind.
*V - 150*
Es kommt nicht so sehr auf neuartige Ergebnisse an, als auf die 
m�glichst schl�ssige Begr�ndung der für richtig erachteten � oft lange bekannten 
� Ergebnisse.
*V - 151*
Das Gebot der Relevanz: "Suche nach richtigen 
Antworten auf relevante Fragen!" ergibt sich nicht aus dem Intersubjektivit�tsgebot: 
Es ist nur das für den Wissenschaftler ausgedr�ckte 
allgemeine Gebot: "Mache dich n�tzlich!"
*V . 152*
Nelson: "Die Methodologie der 
Erkenntnis: Dialektik". Sie hat was mit der Begr�ndung von Wahrheit bzw. Theorien 
zu tun. Dialektik wäre die Kunst des Dialogs bzw. die Methode des 
Streitgespr�chs".
*V - 153*
Nelson fordert das Selbst-Denken, das Freisein von 
jeder Autorit�t (Tradition), Unterwerfung des Denkens unter den Zweck der 
Wahrheit, vorurteilsfreie Pr�fung und Entscheidung über die Wahrheit einer 
Theorie. (Seite 56 ff.)
Bestimmtheit des Denkens, scharf umgrenzte Begriffe, 
trockenes Denken, ... S. 58 ff.
Zweckm��igkeit des Denkens, Denken, das 
unsere Erkenntnis der Wirklichkeit fürdert; wertvolle Probleme behandeln; S. 59 ff.
Forderung an die Darstellung: klar umgrenzte und deutlich bestimmte Begriffe zur 
Mitteilung der Gedanken; Einigkeit der Zuordnung des Wortes zum Gedanken; 
Vermeidung der Bildersprache; Beobachtung des allgemeinen Sprachgebrauchs; 
Bestimmung begrifflicher Neubildungen durch bereits Bekanntes Seite 60-63
Form systematische Einheit, Axiomatisch in dieser Aufbau: nicht ableitbare 
Grunds�tze � Axiome � um und ableitbare Lehrs�tze � Theoreme �. Logische 
Geschlossenheit � Widerspruchsfreiheit Seite 64 ff.
*V - 154*
G�ltigkeit einer 
Norm bedeutet, dass jeder die Existenz dieser Norm wollen kann. M�sste es nicht 
hei�en: ... dass jeder die Existenz dieser Norm wollen soll? Wenn die Feststellung: 
"N ist eine g�ltige Norm" eine bejahende Antwort auf die Frage gibt: 
"Soll die Norm N1 eingef�hrt bzw. beibehalten werden?", dann 
w�rde der Satz: "N ist g�ltig" gleichbedeutend sein mit: 
"N soll eingef�hrt werden". Dann m�sste die Formulierung mit "sollen" 
statt" können" vorgezogen werden. Oder ergibt sich die Entscheidung über die G�ltigkeit 
einer Norm als Antwort auf die Frage: "Wollen wir die Norm N einf�hren?"
*V - 155*
Wie ist das mit der Wahrheit empirischer S�tze?: Die Entscheidung über die 
Wahrheit eines empirischen Satzes soll eine Antwort auf die Frage geben: Sollen 
wir diese Information (Annahme) glauben oder nicht? Oder sollen wir 
gegebenenfalls aufgrund dieser Information (Annahme) handeln?
*V - 156*
G�ltige Normen sind Normen, deren Existenz mit Argumenten gerechtfertigt 
werden kann, die für jeden nachvollziehbar sind. Analog:
Wahre Aussagen sind 
Aussagen, deren Annahme mit Argumenten gerechtfertigt werden kann, die für jeden 
nachvollziehbar sind.
Ung�ltige Normen sind Normen, deren Nicht-Existenz mit 
Argumenten gerechtfertigt werden kann, die für jedermann nachvollziehbar 
sind.
*V - 157*
Vollzieht nicht jeder an der Argumentation Beteiligte die 
Argumente nach, mit dem die Existenz (oder Nichtexistenz) eine Norm 
gerechtfertigt wird, so bleibt die G�ltigkeit (bzw. Unm�glichkeit) dieser Norm 
strittig.
Insofern nicht jedermann, also auch jeder an der 
Argumentation Unbeteiligte, die Argumente nachvollzieht, mit denen die Existenz 
bzw. Nichtexistenz einer Norm gerechtfertigt wird, bleibt die G�ltigkeit bzw. 
Ung�ltigkeit einer Norm vorl�ufig.
*V - 158*
Wenn jemand den 
Nachvollzug eines Argumentes ablehnt (also ein Argument nicht akzeptiert), so 
muss er begr�nden, warum das Argument für ihn nicht nachvollziehbar ist. 
Andernfalls hat er die Argumentation willk�rlich abgebrochen und damit das Intersubjektivit�tsgebot 
verletzt.
*V - 159*
Ist "g�ltig" ein normativer Begriff? Wenn jemand sagt: "Diese 
Norm ist g�ltig", sagt er damit: "Ich will die Existenz dieser Norm und Du sollst sie 
auch wollen!" (?)
*V - 160*
G�ltigkeit einer Norm: Frage: 
Impliziert die Behauptung "Die 
Norm N ist g�ltig" die Behauptung "Die Existenz 
der Norm N ist zu billigen"? Oder genauer: "Die wirkliche oder m�gliche 
Existenz der Norm N ist zu billigen!"?
*V - 162*
Wenn eine g�ltige Norm 
impliziert, dass man für ihre Existenz eintritt, so muss darin das 
Problem der 
Durchsetzbarkeit und der Durchsetzungskosten mit enthalten sein. Da die 
Durchsetzungskosten jedoch vom Status quo abh�ngen, kann dieselbe Norm einmal 
g�ltig und ein anderes Mal ung�ltig sein. Dieses Problem k�nnte man vermeiden, 
wenn man die G�ltigkeit einer Norm bestimmen w�rde als die überlegenheit des 
Zustandes, in dem die Norm existiert, gegenüber einem Zustand, wo sie 
ceteris 
paribus nicht 
gilt. Dann m�sste man die Umstellungskosten vom Status quo auf den Zustand der 
Existenz dieser Norm zus�tzlich ber�cksichtigen, die G�ltigkeit der Norm wäre 
davon unber�hrt.
*V - 164*
Den Unterschied zwischen 
der rein logischen 
Deduktion von Normen und der "kompetenten Erzeugung" von Normen klären. 
Durch 
logische Deduktion wird die G�ltigkeit der Pr�misse auf die G�ltigkeit der 
Konklusion übertragen.
Dies gilt bei "kompetenter Erzeugung" von Normen 
nicht. Wenn ein Parlament kompetent ist, d.h. das g�ltige Recht besitzt, das 
Gesetz N zu erlassen, so ist damit noch nicht die G�ltigkeit von N gegeben. 
Gegeben ist allerdings die Verbindlichkeit von N für das Handeln der Individuen.
*V - 165*
Die Frage: "Soll die Norm N existieren?" ist nur dann eine sinnvolle Frage, 
wenn es darauf eine eindeutige Antwort gibt. Wenn sowohl die Antwort "ja" wie 
die Antwort "nein" richtig sein kann, dann kann man sich eine solch sinnlose 
Frage ersparen. Insofern einem Individuum die Norm N nicht "gleichg�ltig" ist, 
wird es die obige Frage für sinnvoll halten und nach einer eindeutigen Antwort 
suchen. Insofern ein Individuum diese Frage aber allein unter dem Gesichtspunkt 
seines eigenen Interesses stellt, geht es um den individuellen Nutzen der Norm 
N. Die Existenz von N ist für das Individuum n�tzlich, es wird gegenüber der 
Nichtexistenz von N vorgezogen. Das Problem der G�ltigkeit einer Norm bezieht 
sich jedoch auf jedes Individuum, es stellt insofern ein kollektives 
Entscheidungsproblem dar.
*V - 166*
Man k�nnte statt vom
"Intersubjektivit�tsgebot" auch vom 
"Universalit�tsgebot" sprechen, denn entscheidend ist die Anerkennbarkeit durch 
jedermann.
*V - 167*
Die Aufgabe der normativen 
Methodologie ist vor allem eine kritische: blo�e GewaltVerhältnisse zu 
identifizieren als das, was sie sind. Blo�e GewaltVerhältnisse zu kritisieren, 
er�brigt sich, denn sie sind nicht zu rechtfertigen. Ihre Bek�mpfung ist keine 
theoretische Aufgabe mehr.
*V - 168*
Unzul�ssige Argumente 
sind solche, die für den andern die Fortsetzung der Argumentation sinnlos 
machen. 
*V - 169*
Man sagt manchmal: "Zust�nde 
rechtfertigen oder kritisieren". Aber das ist eine verk�rzte Ausdrucksweise: 
Ausf�hrlicher m�sste es hei�en: "die Argumente rechtfertigen oder kritisieren, 
die den 
Zustand rechtfertigen".
*V - 170*
Inwiefern kann man überhaupt über die G�ltigkeit 
einzelner Normen diskutieren? H�ngt nicht u. U. die G�ltigkeit der 
einen Norm von der Existenz anderer Normen ab? M�sste man dann nicht über die 
G�ltigkeit des gesamten normativen Systems oder Subsystems diskutieren?
*V - 171*
Ist es bei der Diskussion über die G�ltigkeit von Normen erlaubt, 
an das 
Eigeninteresse der andern zu appellieren, um deren Zustimmung zu erreichen? Wenn 
die Zustimmung der Individuen zur Norm auf ihrem eigenen Interesse beruht, so 
ergeben sich für jedes Individuum andere Begr�ndungen der Norm. Ist dies 
zul�ssig oder muss die G�ltigkeit einer Norm für alle gleich begr�ndet werden?
*V - 172*
Angenommen A sagt: "Die (Existenz der) Norm N w�rde mir 1000 DM zus�tzlich 
einbringen. Da 1000 DM für mich einen gro�en Nutzen haben und ansonsten 
kein Nachteil für mich mit dieser Norm verbunden ist, kann ich diese Norm 
wollen." 
Ist der erste Satz von A für das Individuum B nachvollziehbar? Er 
m�sste lauten: "1000 DM haben für A einen gro�en Nutzen." Als solcher ist 
der 
Satz für B ohne weiteres nachvollziehbar. Allerdings ist der Satz subjektiv 
formuliert und beruht allein auf der Aussage von A. Hier stellt sich ein 
ähnliches Problem wie bei introspektiven Sätzen. 
Allerdings k�nnte B u. U. "nachempfinden", wenn auch 
B von sich sagen k�nnte: "1000 DM haben für mich einen gro�en Nutzen". 
M�sste man den Satz 
universal 
formulieren: "1000 DM stellen für jedermann einen gro�en Nutzen dar"? Aber dies 
wäre unm�glich bei G�tern, die individuell unterschiedlich gesch�tzt werden, z. 
B. ein Konzert moderner Musik.
Nun zieht A aus dem Satz "1000 DM 
stellen für mich einen gro�en Nutzen dar" sowie aus weiteren Pr�missen den 
Schluss: "Ich will die Norm N." Auch dieser Satz wäre für B nachvollziehbar: "A 
will die Norm N". Allerdings zieht B deshalb nicht den Schluss, dass auch er N will.
Alle Argumente, mit denen A begr�ndet, dass er die Existenz 
von N wollen kann, können für B nachvollziehbar und g�ltig sein. Aber sie 
treffen deshalb noch nicht für B zu.
*V - 173*
Gibt es so etwas 
wie ein reines Eigeninteresse überhaupt? Hat nicht 
jedes Individuum bereits Normen, Pflichten, Schuldgef�hle etc. verinnerlicht und diese moralischen Impulse zu seinen eigenen 
Interessen gemacht?
*V - 174*
Ist es mit dem Intersubjektivit�tsgebot vereinbar, 
einem andern gegenüber ...
 - wichtige Informationen vorzuenthalten;
 - 
fehlerhafte Argumente nicht aufzudecken;
 - Argumente zu verwenden, die 
man selber nicht für g�ltig h�lt (zu "l�gen");
 - an dessen 
vermeintliches Eigeninteresse zu appellieren, anstelle des wohlverstandenen 
Interesses;
 - die Begr�ndung für die eigene Zustimmung zur Norm falsch 
darzustellen;
 - persuasive Definitionen zu benutzen?
*V - 175*
Zwei Arten 
von "bedingten Normen":
1. situationsbedingte Normen  ("Wenn es 
regnet, ...")
2. zweckbedingte Normen ("Wenn du Kuchen backen willst, ...")
*V - 176*
Kants Argument gegen das Eigeninteresse: Es f�hrt h�chstens zuf�llig aber 
nicht notwendig zum pflichtgem��en Handeln.
*V - 177*
Das faktische 
Eigeninteresse 
wird immer durch die jeweilige Situation des Individuums bestimmt und ist in 
verschiedenen Situationen verschieden. Man kann nicht von einem Interesse "an 
sich" sprechen. In das Eigeninteresse geht irgendwie immer der Status 
quo ein. Aber der Status quo bedarf ja selber noch der Legitimierung.
*V - 178*
Wann ist die Existenz einer Norm im Eigeninteresse einer Person? Dies setzt 
nicht voraus, dass es im Eigeninteresse einer Person ist, immer gem�� der Norm 
zu handeln. Denn die Existenz bedeutet ja, dass diese Norm gegenüber allen 
Individuen durchgesetzt wird. (Um das Durchsetzungsproblem einmal auszuklammern, 
soll im folgenden angenommen werden, dass alle die existierende Norm befolgen.)
*V - 179*
Man kann die Frage nach dem Eigeninteresse eines Individuums auf 
verschiedenen Ebenen stellen: 
Ist es im Eigeninteresse eines Individuums,...
 - 
in einem bestimmten Fall gem�� der Norm zu handeln;
 - immer gem�� 
der Norm zu handeln;
 - dass ein anderer in einem bestimmten Falle gem�� 
der Norm handelt;
 - dass ein anderer immer gem�� der Norm handelt;
 - 
dass alle anderen immer gem�� der Norm handeln; 
 - dass alle 
einschlie�lich des Individuums selbst immer gem�� der Norm handeln?
Der 
letzte Fall bezieht sich auf die Frage, ob die Existenz der Norm im 
Eigeninteresse eines Individuums ist. 
*V - 180*
Als erstes soll das 
Eigeninteresse 
dahingehend pr�zisiert werden, dass das "wohlverstandene", rationale 
Eigeninteresse gemeint ist (aufgekl�rt, frei, reflektiert, langfristig etc.). 
Dass die Realisierung einer Norm N im Interesse eines 
Individuums A ist, w�rde bedeuten, dass A die Realisierung der Norm N ihrer 
Nichtexistenz vorzieht, d.h. ein Zustand, in dem alle die Norm N befolgen, 
ist für A besser als ein Zustand, in dem keiner die Norm N befolgt, 
sondern jeder sein Eigeninteresse verfolgt 
Das wäre der Naturzustand von 
Hobbes. Ob der Naturzustand gegenüber der Existenz der Norm N von A vorzuziehen ist, h�ngt u. U. davon ab, wie stark sich 
A f�hlt, seine Interessen den 
anderen aufzuzwingen. Im allgemeinen ist die n�chstliegende Alternative jedoch 
nicht der Naturzustand, sondern eine alternative Norm. Der Streit geht also 
nicht darum, ob überhaupt eine normative Regelung sein soll, sondern 
welche sein 
soll. Die Alternative des Naturzustandes existiert praktisch nicht. Eine 
Gesellschaft wird immer der Ausgangspunkt sein, weil ohne die Vorteile der 
Kooperation die einzelnen Menschen nicht überlebensf�hig sind.
Man k�nnte formulieren, 
dass die Realisierung einer Norm N im 
Eigeninteresse eines Individuums A ist, wenn A die Realisierung der Norm 
N der 
Realisierung einer alternativen Norm N' und dem Naturzustand vorzieht.
Wie 
sieht diese Entscheidung im einzelnen aus? (Da hier nur realisierte Normen 
verglichen werden, brauchen die Durchsetzungskosten wie Kosten der Erziehung, 
Sanktionierungskosten, Kosten der Nichtbefolgung etc. nicht ber�cksichtigt 
zu werden.) Individuum A muss die Kosten absch�tzen, die ihm selbst dadurch entstehen, dass es in jedem 
einzelnen Fall die Norm N befolgt, anstatt seinen eigenen W�nschen zu folgen. 
Sofern die Handlungen, die die Norm N vorschreibt, sowieso den eigenen W�nschen 
entsprechen, ergeben sich keine Kosten, ihre Befolgung "f�llt nicht schwer". 
Erst wo die Norm N (einschlie�lich der mit ihr verbundenen Sanktionen) ein Handeln 
vorschreibt, das den eigenen W�nschen nicht entspricht, entstehen für A Kosten.
Andererseits 
m�ssen die Nutzen und Kosten kalkuliert 
werden, die für A durch die Befolgung der Norm N durch andere 
Individuen 
entstehen, gegenüber einem Zustand, in dem die andern nur nach ihren eigenen W�nschen 
handeln. Auch hier vergr��ert sich die Bedeutsamkeit der Norm N für A, je mehr 
diese Handlungen wertm��ig voneinander abweichen.
Analog w�rde der Vergleich mit einem 
alternativen Normensystem N' ausfallen, wobei immer die Befolgung der 
alternativen Norm N' (durch A und die andern Individuen) verglichen werden muss mit der Befolgung 
der 
Norm N. Beide Vergleiche m�ssen für die Norm N positiv ausfallen.
*V 
- 181*
Der 
übersichtlichkeit halber sollte man vielleicht einmal ein Beispiel betrachten, z. B. in einem Mehrpersonenhaushalt die Norm, dass jeder, der eine Sache 
benutzt, z. B. eine Schere,diese wieder an ihren Platz zur�cklegen soll. Die Frage ist 
dann: 
Bis zu welchem Prozentsatz der Normbefolgung ist die Existenz dieser 
Norm im Interesse einer Person bzw. aller 
Personen? 
Zuerst für eine Person:
Welche Faktoren wären zu 
ber�cksichtigen? Eine notwendige Annahme wäre die, dass es für das Individuum A 
mit weniger Aufwand verbunden ist, die Schere von ihrem Platz zu holen und 
anschlie�end wieder an ihren Platz zur�ckzulegen, als sie erst zu suchen und von dem Platz 
zu holen, wo sie der vorherige Benutzer liegen gelassen hat, und nach Gebrauch selber 
die Schere irgendwo liegen zu lassen. 
(Vor allem das Suchen kann zu hohen und 
unberechenbaren Zeitkosten f�hren. Dies w�rde bei einer Realisierung der Norm 
entfallen) Also w�rde sich bei jeder Benutzung der Schere ein Vorteil ergeben. 
(Allerdings wäre dieser Vorteil nicht gegeben, wenn die anderen sowieso � auch 
ohne Norm und aus blo�em Eigeninteresse � die Schere immer an ihren Platz zur�cklegen 
w�rden.)
Eine weitere Annahme wäre, dass es für A vorteilhafter ist, die 
Schere von ihrem Platz zu holen, als sie suchen zu m�ssen und von ihrem Fundort holen zu m�ssen. Andererseits muss es für 
A 
vorteilhafter sein, die Schere nach Gebrauch einfach irgendwo liegen zu lassen, anstatt 
sie an ihren Platz zur�ckzubringen.
Der erstere Vorteil muss dabei den 
letzteren Vorteil überwiegen, so dass es (s. o.) für A 
insgesamt vorteilhafter ist, die Schere von ihrem Platz zu holen und nach 
Gebrauch zur�ckzulegen, als sie zu suchen und vom Fundort zu 
holen und nach Gebrauch einfach irgendwo liegen zu lassen. Wenn jede Benutzung der Schere 
notwendigerweise jeweils eine Kombination beider Handlungen enth�lt, ist für A die Realisierung der Norm vorteilhaft. Insofern diese Annahmen für 
alle Individuen gelten, ist die Realisierung der Norm für alle Individuen 
vorteilhaft. Dies gilt, obwohl die einzelne eigene übertretung der Norm (die Schere von 
ihrem Platz holen aber nach Gebrauch einfach irgendwo liegen lassen) für ein Individuum 
- und sogar für jedes einzelne Individuum - weiterhin vorteilhaft sein kann. Allerdings 
gilt dies nur, 
solange sich die anderen an die Norm halten: "Es ist in meinem Interesse, dass die 
Norm realisiert wird (d. h. dass alle - einschlie�lich meiner selbst - die Norm 
befolgen)."
*V - 182*
Man k�nnte dies stark vereinfachte Beispiel nun erweitern und 
realistischer gestalten. Eine Komplikation wäre, dass man 
nicht von einer vollst�ndigen Realisierung der Norm ausgeht, sondern von einer 
nur 
partiellen Realisierung (z. B. in 10 % der F�lle wird die Schere nicht 
wieder an ihren Platz gelegt). Nehmen wir der Einfachheit halber an, es handele sich um 
10 Leute, die die Schere gleich oft gebrauchen, 9 Individuen befolgen die Norm, 
1 Individuumn 
nicht.
Diese Situation ist für den Normbrecher weiterhin vorteilhaft gegenüber 
einer Nicht-Regulierung. Er findet die Schere in 9/10 der F�lle an ihrem Platz 
(bei Zufallsstreuung der Benutzer) und ben�tigt keinen Aufwand, die Schere an ihren 
Platz zur�ckzulegen. für die anderen 9 Individuen sieht die Lage bereits anders aus. 
Sie finden ebenfalls die Schere in 9/10 der F�lle an ihrem Platz, sie 
m�ssen allerdings jedesmal die Schere an ihren Platz zur�cklegen. Damit die 
Norm für sie weiterhin vorteilhaft bleibt trotz einer nur 90prozentigen Realisierung 
muss der Nutzen von '9-mal-Schere-an-ihrem-Platz' gr��er sein als '10-mal-Schere-nicht-an-ihren-Platz-zur�cklegen'.
Dies kann man nun durchrechnen für unterschiedliche H�ufigkeiten der 
Nichtbefolgung.
*V - 183*
Hierbei wurde die M�glichkeit der 
Sanktionierung von Normverletzungen nicht ber�cksichtigt. Wenn jede 
Normverletzung entdeckt und sanktioniert w�rde, m�sste der Nachteil der Sanktion 
für jeden Normverletzer minestens so gro� sein wie der Vorteil, den der 
Normverletzer aus der Normverletzung gezogen hat. 
Mit der Anwendung von Sanktionen 
sind allerdings u. U. erhebliche Kosten verbunden. Je nachdem, wie 
diese Kosten auf die Beteiligten verteilt werden, sprechen jetzt für jeden noch 
zus�tzliche Kosten gegen die Norm, denn wenn es diese Norm nicht g�be, 
g�be es auch keine Durchsetzungskosten für die Norm. Sofern die Norm 
nicht bereits existiert, w�rden zus�tzlich Umstellungskosten entstehen, die mit 
der Einf�hrung der Norm verbunden sind ("Kinderkrankheiten", 
übergangsschwierigkeiten, Information, Schulung etc.)
*V - 184*
Bei dem 
Scherenbeispiel oben wurde 
davon ausgegangen, dass das Eigeninteresse der Individuen sich nur auf die 
Handlungen bezieht, die sie selber ausf�hren. Die Sache kompliziert sich 
erheblich, wenn die Individuen auch Interessen haben in Bezug auf das, was die anderen tun. Wenn jemand, 
der die Norm st�ndig befolgt, nun sieht, dass ein anderer zwar den Nutzen der Norm 
genie�t, sich aber an den Kosten der Pflicht nicht beteiligt, so kann er diesen 
Zustand als "ungerecht" empfinden. Dadurch kann sein Eigeninteresse an der Norm, die 
einen solchen "unertr�glichen" Zustand mit sich bringt, wiederum vermindert wird. 
Dies ist das Problem der Nutzeninterdependenz, hier unter dem Gesichtspunkt 
ungleicher Verteilung der Kosten und Nutzen.
Das Besondere am Scherenbeispiel ist, dass 
hier alle die gleiche Stellung als Scherenbenutzer haben und dass 
dadurch - bei Annahme v�lliger Realisierung � alle in gleicher Weise an den 
Nutzen und Kosten der Norm teilhaben (von subjektiven Unterschiede in Bezug auf die 
Bewertung der von der Norm gebotenen Handlungen und der von ihr geschaffenen Zust�nde einmal 
abgesehen, wo z. B.dem Einen die Suche nach der Schere mehr ausmacht als dem Anderen.)
*V - 185*
Wie ist es, wenn durch eine Arbeits- und Funktionsteilung 
ein differenziertes Normensystem mit 
verschiedenen Rollen entsteht, wenn also nicht mehr auf Individuen 
bezogene Normen formuliert werden, sondern auf die Tr�ger bestimmter Rollen 
bezogene Normen?
Ein Beispiel wäre etwa ein arbeitsteiliges normatives System, z. 
B. ein 
Zweipersonenhaushalt, wq der eine unter anderem die Funktion hat, im Haushalt 
aufzur�umen, und der Andere u. a. die Funktion hat, Reparaturen im 
Haushalt auszuf�llen. lässt sich ein solches Normensystem für beide 
durch 
Appell an ihr Eigeninteresse rechtfertigen? 
Es kommt natürlich auch hier auf das 
alternative Normensystem an. Angenommen, das alternative Normensystem wäre die 
tageweise abwechselnde Aufgabenverteilung zwischen beiden Personen. Jede Person 
m�sste erstens ihre Arbeitsbelastung in beiden Systemen kalkulieren. Zweitens 
m�sste sie den konsumptiven Nutzen kalkulieren, den sie in jedem Normensystem 
erh�lt. Das System, in dem sich für sie ein gr��erer (positiver) Nettonutzen ergibt, 
würdehrem Eigeninteresse am meisten entsprechen. Im Prinzip wirft auch dies keine 
neuen Probleme auf.
Das Scherenbeispiel w�rde sich "durch besondere Umst�nde" 
verkomplizieren. Z. B. k�nnte sich die Erf�llung des Gebots, die Schere wieder 
an ihren Platz zur�ckzulegen, mit einer anderen Norm als unvereinbar 
erweisen z. B. wenn jemand anders pl�tzlich in Lebensgefahr ger�t und man ohne 
Verz�gerung Hilfe leisten muss, oder wenn man ein ganz dringendes Eigeninteresse 
geltend machen kann: Wenn man z. B. pl�tzlich einen Freund vorbeigehen sieht, 
den man seit Jahren wieder treffen wollte und den man schnell einholen muss, 
bevor er wieder verschwunden ist. Solche Regelungen m�ssen nicht ausdr�cklich 
formuliert sein. Sie können generell als "mildernde Umst�nde" ber�cksichtigt 
werden etc. Vor allem, wenn sie nicht - oder nicht mit vertretbarem Aufwand - 
ausformuliert werden können (BRODY: Particular circumstances).
*V - 186*
Ob eine 
Norm im Eigeninteresse einer Person ist, zeigt sich daran, dass die Norm 
gegenüber allen alternativen Normen vorgezogen wird. Nun lie�e sich zum Scherenbeispiel leicht eine Norm denken, die bestimmten Individuen eine gr��ere 
Befriedigung ihres Eigeninteresses bringen w�rde, als die Norm N: "Jeder soll 
die Schere nach Gebrauch zur�cklegen!" für das Individuum A w�rde eine solche 
Norm - nennen wir sie N2 - lauten:"Wenn A eine Schere ben�tigt, soll B sie für ihn holen. B soll die 
Schere an ihrem Platz zur�cklegen, wenn A sie nicht mehr ben�tigt!"
Eine 
solche Norm wäre sicherlich noch mehr im Eigeninteresse von A (bei bestimmten 
plausiblen Annahmen, die bereits oben verwendet wurden) gegenüber der Norm N. 
Andererseits ist die Norm N2 gegenüber der Norm N nicht im Eigeninteresse 
von B. Man k�nnte durch Austausch von A und B jetzt eine Norm N3 bilden, die 
mehr im Eigeninteresse von B ist als N. Sie w�rde lauten: "Wenn B eine 
Schere ben�tigt, soll A sie ihm holen. Wenn B sie nicht mehr ben�tigt, soll A 
sie an ihren Platz zur�cklegen."
N2 ist gegenüber N3 im eigenen Interesse 
von A, N3 ist gegenüber N2 im Eigeninteresse von B. Wenn sich jetzt keine 
weitere Norm mehr denken lässt, die sowohl für A als auch für B im 
Eigeninteresse ist gegenüber N2 und N3, so handelt es sich um einen 
durch den 
Appell an das Eigeninteresse unaufl�sbaren Interessenkonflikt. Wenn N2 
existiert, wird B h�chstens durch Gewalt zur Befolgung der Norm gezwungen, wenn 
N3 existiert, wird A ebenfalls nur durch Gewalt gezwungen.
*V - 187*
Man k�nnte mit Hobbes 
einen Zustand, in dem N2 oder N3 gelten, als einen latenten Kriegszustand 
ansehen, den wegen seiner Gefahren für jeden niemand w�nschen kann (GAUTHIER 
Seite 135-136). In einem solchen Zustand g�be es keine g�ltige Norm und 
insofern auch keine schlechte Handlung (Es g�be nur normwidrige Handlungen 
gegenüber existierenden Normen).
Aber die Annahme, dass niemand einen 
solchen Zustand w�nschen kann, beruht wohl auf unrealistischen Annahmen. 
(Vielleicht wären N2 und N3, sofern sie nur existierten, für Hobbes gar kein 
Naturzustand?) Bei gen�gender übermacht kann A die Norm N2 gegenüber B 
durchsetzen, ohne deshalb gro�e Risiken auf sich zu nehmen. In diesem Fall g�be 
es für A kein Eigeninteresse, nach einer anderen Norm zu suchen, die zwar für ihn 
als solche weniger vorteilhaft wäre, der aber B auch zustimmen k�nnte und die 
deshalb nicht mit der latenten Kriegsdrohung von B verbunden wäre. Der Bezug zum 
Eigeninteresse endet also in wechselseitig unvereinbaren Normen. 
Durchsetzen wird sich A, der 
M�chtigere und zwar umso 
kompromissloser, je gr��er seine überlegenheit ist. Damit ist die existierende 
Norm N2 für B eine blo�e Gewaltordnung. Die Argumentation ist sinnlos. A kann 
die Norm N2 nicht gegenüber B rechtfertigen, denn die Begr�ndung für deren Wahl 
bezieht sich ja nur auf A'sEigeninteresse. A kann dies ohne weiteres machen � 
und sicherlich sind solche Faustrechtordnungen gar nicht so selten � aber an 
A's Verhalten gibt es auch nichts zu rechtfertigen oder zu kritisieren, es gibt 
nur die Alternative: Gehorsam oder Auflehnung.
*V - 188*
Welche Konsequenz soll man  
aus diesem Dilemma ziehen? ist damit die Suche nach g�ltigen Normen, die jeder 
wollen kann, endg�ltig gescheitert? Wenn jeder nur "wollen kann", was seinem 
Eigeninteresse maximal entspricht (was für ihn am besten ist), so gibt es in dieser 
Situation keine g�ltigen Normen. Man kann aufh�ren zu argumentieren und beginnen, 
sich mit anderen Waffen zu versehen.
Man kann das Ergebnis jedoch auch gegen 
den Bezug auf das Eigeninteresse kehren und versuchen, die Bedingung des "wollen 
könnens" anders zu qualifizieren. Argumente, die sich allein auf das jeweils 
eigene Interesse beziehen gen�gen dem Intersubjektivit�tsgebot nicht. Eine Norm, die für jeden am besten 
ist von allen alternativen Normen, 
kann sich h�chstens zuf�llig dadurch ergeben, dass die Optima der Individuen 
übereinstimmen.
*V- -189*
Das Ma�, in dem eine Norm tats�chlich befolgt wird, kann man 
als den" Realisierungsgrad" einer Norm bezeichnen. (Ausdr�ckbar im Prozentsatz 
der Befolgung der Norm zur Gesamtzahl der F�lle, also Befolgung plus 
Verletzungen. Aber was ist ein Fall, eine Befolgung?
Eine Norm wird von einem 
Individuum befolgt ... 
1.wenn die Befolgung als solche im vermeintlichen Eigeninteresse 
des Individuums ist, 
2.wenn eine Nichtbefolgung mit Sanktionen verbunden 
w�rde, deren Nachteiligkeit den Vorteil einer Nichtbefolgung überwiegt,
3. wenn 
das Individuum die Befolgung aus verinnerlichtem Pflichtgef�hl will (Dies kann 
als Spezialfall von 1. aufgefasst werden, wenn Eigeninteresse entsprechend 
umfassend definiert wird.)
*V - 190*
Was geh�rt zu den kollektiven 
Durchsetzungskosten einer Norm?
 � der erzieherische Aufwand zur 
Verinnerlichung von Pflichtgef�hl
 � die Kosten zur Erfassung von 
Normverletzungen, zur Ermittlung des T�ters, zur Ergreifung des T�ters, zur 
Bestimmung der normgem��en Sanktion, zur Durchf�hrung der Sanktion
 � die 
Kosten, die für den Normverletzer mit der Sanktion verbunden sind (diese können 
allerdings durch den Nutzen für andere teilweise aufgewogen werden, z. B. bei 
Geldstrafen, Arbeitsstrafen etc..
 � die Kosten, die 
mit der vorbeugenden Vermeidung von Normverletzungen verbunden sind: Propaganda, 
Abschreckung, Erzeugung eines hohen Risikos der Sanktionierung etc.
*V - 
191*
Die Durchsetzungskosten einer Norm m�ssen gegen den Vorteil aufgewogen werden, 
den ihre Realisierung bringen w�rde. Au�erdem muss allerdings noch der Nachteil 
einer trotz Durchsetzungskosten unvollkommenen Realisierung ber�cksichtigt 
werden, d.h. der Schaden durch trotzdem vorkommende Normverletzungen.
*V - 
192*
Wenn 
der Schwache einer Norm nur aus Furcht vor der Alternative des Naturzustands 
zustimmt, so beugt er sich der Macht und nicht dem Argument.
*V - 193*
Wenn ich eine Norm 
für g�ltig halte, so will ich die Existenz dieser Norm. Kann ich 
die Existenz einer 
Norm wollen, und zugleich mich selber nicht daran halten wollen, wenn sie 
existiert? So k�nnte es sein, dass jemand die Hoffnung hat, dass zwar 
die andern weitgehend die Norm befolgen werden, dass er selber aber die 
M�glichkeit hat, die Norm ungestraft zu verletzen. Jemand stimmt etwa der Norm zu, 
dass keine ungekl�rten Abw�sser in die Fl�sse geleitet werden d�rfen. Er tut 
dies aber nur, weil er glaubt, 
dass seine eigenen ungekl�rten Abw�sser nicht entdeckt werden. 
Hier handelt es 
sich um das Problem einer antizipierten rationalen Normverletzung, das ist also 
nichts Neues. Aber einem Individuum, das eine von ihm selber vertretene Norm 
verletzt, wirft man ja nicht vor, dass es gegen seine eigenen Interessen 
handelt. Sondern man wirft ihm vor, 
unmoralisch zu handeln.
*V - 194*
Wenn jemand für eine Norm eintritt, so 
umfasst das 
auch die Befolgung der Norm durch ihn selber. Wenn er die Norm 
trotzdem nicht befolgt, so muss er konsequenterweise selbst seine Handlung als 
Normverletzung ansehen und - sofern eine Sanktion vorgesehen ist -, die 
Anwendung dieser Sanktion auf sich selber fordern (so wie der Prinz von Homburg)
*V - 195*
Insofern Handeln gem�� einer g�ltigen und existierenden Norm "richtiges" 
bzw. "gutes" 
Handeln bedeutet und normwidriges Handeln "falsches" bzw. "schlechtes" Handeln 
bedeutet, muss der Normverletzer sich den Vorwurf machen, dass er falsch bzw. 
schlecht gehandelt hat. Insofern Personen, die normwidrig schlecht handeln, 
zurecht deswegen gescholten werden, haben sie sich 
schuldig gemacht. (Die W�rter 
erscheinen vor allem deshalb so zweifelhaft, weil sie traditionell einen 
religi�s-metaphysischen Beigeschmack haben. Von diesem befreit, können sie ohne 
weiteres sinnvoll sein)
*V - 196*
Jemand kann vielleicht erklären, warum 
er eine 
existierende Norm verletzt, die er selber für g�ltig h�lt, aber er kann dies 
nicht rechtfertigen, ohne sich selbst zu widersprechen. Er kann seine Handlungen 
nur rechtfertigen, wenn er die Norm als ung�ltig bezeichnet, die diese Handlung 
verbietet. 
*V - 197*
Von der Verletzung 
einer Norm kann nur in Bezug auf eine existierende Norm gesprochen werden. 
Verletzung setzt Existenz voraus. Denn wenn jemand gegenüber einem anderen eine 
Norm anwendet, ist sie damit bereits existent.
*V - 198*
Handelt jemand unmoralisch, der 
gegen eine Norm verst��t, die er nicht für g�ltig h�lt? Der Fall liegt hier sehr 
viel anders als bei der normalen Normverletzung, denn der überzeugungst�ter hat sich 
ja nichts vorzuwerfen, er empfindet keine subjektive Schuld. Man bezeichnet 
seine Normverletzung als "irrig" oder "gef�hrlich" oder einfach nur als normwidrig 
oder kriminell oder verbrecherisch etc.. Wie ist es bei jemandem, der 
nicht zurechnungsf�hig ist? Kann 
er unmoralisch handeln? 
Hiermit k�nnte man eine bestimmte inneres Verhältnis der 
Person bezeichnen, das durch die Gleichzeitigkeit einer als "g�ltig" eingesehenen Norm 
und einer eigenn�tzigen Normverletzung gekennzeichnet ist. Insofern k�nnte ein 
Unzurechnungsf�higer zwar normwidrig, aber nicht unmoralisch handeln (z. B. 
Tiere, Kinder, Geistesgest�rte etc.)
*V - 199*
Hobbes 
formuliert als das "Erste Gesetz der Natur" (First Law of Nature): Jedermann 
soll den Frieden anstreben soweit er Hoffnung hat, dass er ihn bekommt." Dies 
�hnelt meinem Intersubjektivit�tsgebot. (GAUTHIER S.138) Allerdings begr�ndet Hobbes das 
mit dem Naturzustand bzw. Kriegszustand, der für jedermann unerw�nscht sei. Man 
k�nnte das Intersubjektivit�tsgebot auch analog formulieren: "Jedermann 
sollte nach einer Einigung über die existierenden w�nschbaren Normen streben, 
solange er hoffen kann, die Einigung zu erreichen." Friede wäre gleichbedeutend mit 
Einigung über die existierenden Normen, denn Friede h�rt nach Hobbes schon dort 
auf, wo jemand nach Abschaffung der existierenden Normen trachtet, sie nicht 
will bzw. anerkennt.
*V - 200*
Wenn die Individuen eine Norm nicht von 
ihrem 
Eigeninteresse her gemeinsam wollen können, welche Art von Qualifizierung des 
Willens w�rde eine gemeinsame Zustimmung m�glich machen? Es gibt hier 
verschiedene Regeln, die den Zweck haben, die blo�e Eigenn�tzigkeit des Willens 
durch Verfahren zu eliminieren, die zugleich für denjenigen akzeptabel sind, der 
nach Einigung sucht. Diese Vorschl�ge muss ich analysieren, vergleichen, 
kritisch untersuchen und vielleicht daraus eine ihnen allen zu Grunde liegende 
Struktur herausarbeiten. Vor allem der Zusammenhang zum Intersubjektivit�tsgebot 
wäre wichtig.
*V - 201*
Hobbes f�hrt als "Zweites Gesetz der Natur" an, das aus dem ersten 
abzuleiten sei: "Jeder soll mit so viel Freiheit gegenüber anderen zufrieden 
sein, wie er anderen Menschen an Freiheit gegenüber sich selber zugestehen w�rde" Er h�lt dies 
Gesetz für identisch mit der Goldenen Regel: "Was du nicht willst, dass man dir tu, 
das f�g' auch keinem andern zu." (Die Goldene Regel ist auf der Ebene des 
Handelns formuliert, man h�tte das Problem immer auf die Ebene der Normfestlegung zu 
übertragen.) 
*V - 202*
Es scheint so, als sei das gemeinsame all dieser Regelungen (Goldene 
Regel, Kategorischer Imperativ, Maximierung des gemeinsamen Nutzens, Entscheidung 
durch Unparteiischen Dritten, den N�chsten lieben wie sie sich selbst, die 
Bed�rfnisse des Anderen genauso wichtig nehmen wie die eigenen,  Entscheidung aus einer 
Situation der Unwissenheit (Original Position) etc., die Austauschbarkeit der 
Person bzw. die "Unpers�nlichkeit" der Entscheidung (Justitia hat verbundene Augen. 
Sie befindet ohne Ansehen der Person, sie wei� nicht, welche Waagschale zu wem 
geh�rt.) Allerdings geht es hier nicht um die Anwendung von Normen sondern um 
die Setzung von Normen.
*V - 203*
Was 
bedeutet es, dass die Auswahl der geltenden Normen "ohne Ansehen der Person" zu setzen 
sind? 
Eine 
minimale Bedingung wäre, dass die Normen selber keine Eigennamen enthalten. 
Insofern wären die Scherenbeispiele N2 und N3 bereits unzul�ssig. Aber wie 
bekannt ist, können gen�gend differenzierte Pr�dikate den gleichen Zweck 
erf�llen und bestimmte Personen oder Personengruppen aussondern, um sie 
besonderen Bedingungen zu unterwerfen. Wenn Individuum A ein Mann ist und 
Individuum B eine Frau, so k�nnte A die Norm N2 in seinem Sinne 
personenneutral umformulieren in die Norm N02 "Wenn der Mann die Schere 
ben�tigt soll die Frau sie holen. Wenn der Mann die Schere nicht mehr 
ben�tigt, soll die Frau sie an ihren Platz zur�cklegen." Da A ein Mann ist und 
B eine Frau ist, ergeben sich für A und B die gleichen Rechte und 
Pflichten bei der Norm N02 wie bei N2. Mit dieser Regel ist 
also noch nicht viel gewonnen.
*V - 204*
Nun wird man die Regel vielleicht 
folgenderma�en 
umformen: "Es d�rfen nur die Pr�dikate in die Formulierung der Norm 
aufgenommen werden, die von der zu regelnden Sache her relevant sind". Das 
Geschlecht sei z. B. in Bezug auf das Holen und Weglegen von Scheren 
irrelevant. 
*V - 205*
In der Rechtsprechung gibt es wohl den Grundsatz, dass 
Gleiches gleich behandelt werden muss. Ungleiches aber ungleich" Aber was sind jeweils die 
relevanten Eigenschaften, in Bezug auf welche die Individuen gleich sein m�ssen. 
Damit auf sie inhaltlich die gleichen Norm anzuwenden sind? Mit dem Spruch: "Was 
Jupiter erlaubt ist, ist dem Ochsen noch lange nicht erlaubt" lässt sich und 
lie� sich ja praktisch jede Diskriminierung rechtfertigen.
*V - 206*
Manchmal lassen 
sich von der Funktion der Norm her bestimmte Relevanzkriterien gewinnen, z. B. wenn man sagt, dass für den Gewinn einer 
Lotterie nur die Losnummer 
relevant sein d�rfe, oder dass für die Besetzung eines Postens nur die Eignung des 
Bewerbers ausschlaggebend sein d�rfe. Allerdings ist die Feststellung der 
Funktion einer Norm selber normativer Natur, denn damit wird gesagt,  wozu die Norm 
dienen soll. Die relevanten Kriterien lassen sich also nur vor dem Hintergrund 
dieses bestehenden normativen Konsens bestimmen (siehe die Kritik des normativen 
Essentialismus), aber die Bezugnahme auf solche übergeordneten Normen kann 
u. U. hilfreich sein.
Wenn es z. B. das anerkannte Ziel einer 
Organisation ist, bestimmte Leistung zu erbringen, ergeben sich für den 
internen Aufbau dieser Organisationen, ihr Rollensystem, ihrer 
Willensbildungsprozesse und Entscheidungsmechanismen, die Regelung der 
Beziehung der Organisationsitglieder untereinander etc. bestimmte, für die Erreichung 
der h�chsten Leistung in der geforderten Hinsicht notwendige Formen.
Wenn 
z. B. im milit�rischen Kampf die unverz�gliche Entscheidung und das 
entsprechende Verhalten der Kampfeinheiten für die Kampfst�rke entscheidend 
ist, so ergibt sich daraus notwendigerweise die Forderung nach hierarchischen 
Befehlsstrukturen - zumindest für solche Situationen. Allerdings sind dies immer 
sekund�re Entscheidungen. Vorweg gehen Entscheidung über die Ziele der gesamten 
Gesellschaft bzw. ihre normative Grundstruktur.
*V - 207*
Formen der 
Verallgemeinerung:
"Tu (nicht) das den andern, was du verlangst, das sie es dir (nicht) tun" oder 
besser:
"Behandle die anderen so, wie du von ihnen behandelt werden willst." 
oder:
"Handle 
nach den Normen, die du selber an das Handeln der anderen anlegst."
Dies l�uft auf 
das Gebot hinaus, eigene und fremde Handlungen "nicht mit zweierlei Ma� zu messen", 
sowie auf die Bestimmung dieses Ma�es durch den jeweiligen Willen des 
Angesprochenen. Durch diesen subjektiven Bezug bleibt das Problem ungel�st, wie 
die verschiedenen Individuen auf diesem Wege zu gemeinsamen Normen kommen können. Denn es kann 
nicht ausgeschlossen werden, dass verschiedene Individuen zu verschiedenen 
Resultaten gelangen (Dasselbe gilt �brigens für den Kategorischen 
Imperativ.)
Ein weiteres Problem bei allen diesen Formeln ist, dass sie das 
Problem der Normbefolgung und das Problem der Normsetzung vermengen. Die Pflicht 
zum Handeln gem�� g�ltigen Normen setzt deren Existenz voraus.
Entscheidend 
ist jedoch, dass auf das Reziprozit�tsgebot das Problem der sozialen 
Rollendifferenzierungen au�er acht lässt. Manchmal enthalten die Normen bereits 
verschiedene soziale Rollen (z. B. Herr und Sklave). Das Gebot 
des Herrn gegenüber dem Sklaven "Ein Sklave soll den Befehlen seines Herrn gehorchen!" wird dann 
nicht insofern reziprok verstanden, als der Herr dem Sklaven ebenfalls das Recht 
zugesteht, Befehle zu erteilen, sondern dass der Herr zu sich sagen kann: "Wenn 
ich Sklave wäre und du der Herr, dann h�tte ich deinen Befehlen zu gehorchen." 
In dieser Weise kann jedes konsistente Normensystem, das konsequent angewandt 
wird, dem Kriterium der Reziprozit�t gen�gen. Dies Gebot stellt dann gar kein Kriterium der 
Normenwahl dar, sondern nur ein Konsistenzgebot der Normbefolgung: "Handle gem�� 
denjenigen (existierenden) Normen, die du selber für g�ltig h�ltst."
Es handelt sich also nur um das Gebot der Unpers�nlichkeit in Bezug auf die 
Befolgung einer Norm. Wenn das Reziprozit�tsgebot jedoch 
radikal gemeint ist, so w�rde es bedeuten, dass niemand einen Sklaven 
halten sollte, der selber kein Sklave 
sein m�chte. Niemand soll einen anderen als seinen Sklaven halten, 
der dem andern nicht das Recht zugesteht, auch ihn selber als seinen Sklaven zu 
behandeln.
Der sinnvolle Anwendungsbereich für das Reziprozit�tsgebot (und 
den Kategorischen Imperativ) ist wahrscheinlich die Normierung des 
Handelns unter seinesgleichen: als Mensch unter Menschen, als Herr unter Herren, 
als Mann unter M�nnern, als Erwachsener unter Erwachsenen usw. D.h. 
für Normen, die das Handeln verschiedener Rollentr�ger zueinander regeln, ist 
das Reziprozit�tsgebot ungeeignet. Diese Regeln sind gerade zur 
L�sung des Problems eines einheitlichen Willens ungeeignet.
*V - 208*
Die traditionelle ethische Theorie hat das Problem der Durchsetzungskosten 
der Normen meist vernachl�ssigt getreu der idealstischen Devise: "Du kannst, wenn du 
nur willst!"
(Ende von Notizbuch V)
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20.07.2011 / Eberhard Wesche